Internetsperren

Mit 389 Ja- zu 128 Nein-Stimmen hat der Bundestag die umstrittene Einführung sog. Internetsperren beschlossen. Dadurch soll der Zugriff auf Seiten mit kinderpornographischen Inhalten erschwert werden. Gegner halten die Sperren für weitgehend wirkungslos und befürchten eine Zensur des Internets.

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Dafür gestimmt
388
Dagegen gestimmt
128
Enthalten
18
Nicht beteiligt
77
Abstimmungsverhalten von insgesamt 611 Abgeordneten.
NameFraktionWahlkreis Absteigend sortieren Stimmverhalten
Portrait von Axel BergAxel BergSPD219 - München-Nord Dafür gestimmt
Portrait von Herbert FrankenhauserHerbert FrankenhauserCDU/CSU220 - München-Ost Dafür gestimmt
Portrait von Rainer StinnerRainer StinnerFDP220 - München-Ost Dagegen gestimmt
Portrait von Jerzy MontagJerzy MontagDIE GRÜNEN221 - München-Süd Dagegen gestimmt
Portrait von Peter GauweilerPeter GauweilerCDU/CSU221 - München-Süd Nicht beteiligt
Portrait von Hans-Peter UhlHans-Peter UhlCDU/CSU222 - München West/Mitte Dafür gestimmt
Portrait von Otto SchilyOtto SchilySPD223 - München-Land Dafür gestimmt
Portrait von Anton HofreiterAnton HofreiterDIE GRÜNEN223 - München-Land Dagegen gestimmt
Portrait von Daniela LudwigDaniela LudwigCDU/CSU224 - Rosenheim Dafür gestimmt
Portrait von Angelika GrafAngelika GrafSPD224 - Rosenheim Dafür gestimmt
Portrait von Ilse AignerIlse AignerCDU/CSU225 - Starnberg Dafür gestimmt
Portrait von Klaus BarthelKlaus BarthelSPD225 - Starnberg Dafür gestimmt
Portrait von Sabine Leutheusser-SchnarrenbergerSabine Leutheusser-SchnarrenbergerFDP225 - Starnberg Dagegen gestimmt
Portrait von Peter RamsauerPeter RamsauerCDU/CSU226 - Traunstein Dafür gestimmt
Portrait von Bärbel KoflerBärbel KoflerSPD226 - Traunstein Dafür gestimmt
Portrait von Alexander DobrindtAlexander DobrindtCDU/CSU227 - Weilheim Dafür gestimmt
Portrait von Bartholomäus KalbBartholomäus KalbCDU/CSU228 - Deggendorf Dafür gestimmt
Portrait von Brunhilde IrberBrunhilde IrberSPD228 - Deggendorf Nicht beteiligt
Portrait von Wolfgang GötzerWolfgang GötzerCDU/CSU229 - Landshut Dafür gestimmt
Portrait von Jella TeuchnerJella TeuchnerSPD230 - Passau Dafür gestimmt
Portrait von Andreas ScheuerAndreas ScheuerCDU/CSU230 - Passau Dafür gestimmt
Portrait von Max StadlerMax StadlerFDP230 - Passau Dagegen gestimmt
Portrait von Max StraubingerMax StraubingerCDU/CSU231 - Rottal-Inn Dafür gestimmt
Portrait von Florian PronoldFlorian PronoldSPD231 - Rottal-Inn Dafür gestimmt
Portrait von Matthäus StreblMatthäus StreblCDU/CSU231 - Rottal-Inn Dafür gestimmt

Mit einem Stopp-Schild (s.o.) will die Bundesregierung gegen Kinderpornographie im Internet vorgehen. Internetanbieter (sog. Provider) werden in dem Gesetz verpflichtet, "technische Maßnahmen zu ergreifen, um den Zugang zu kinderpornographischen Internetangeboten zu erschweren." Dazu wird ihnen vom Bundeskriminalamt eine täglich aktualisierte Liste mit den Adressen von Kinderpornoseiten übermittelt. Wer künftig eine indizierte Seite aufruft, bekommt lediglich ein Stopp-Schild angezeigt.

Gegner der sog. Netz-Sperren, darunter die Oppositionsparteien und der "Arbeitskreis gegen Internetsperren und Zensur", halten diese Maßnahme im Kampf gegen Kinderpornographie nicht nur für weitgehend wirkungslos, da eine Sperre leicht zu überwinden sei, sondern sogar für kontraproduktiv. Statt durch eine Löschung von Internetseiten entschlossen gegen Kinderpornographie vorzugehen, würde diese lediglich hinter einem Stopp-Schild versteckt. Kinderpornographie würde so auch weiterhin Verbreitung finden.

Von Union und SPD wird darauf verwiesen, dass nach dem Prinzip "Löschen statt Sperren" verfahren werden soll: Erst wo die Löschung einer Internetseite mit Kinderpornos nicht gelingt, weil sich diese z.B. auf einem Server im Ausland befinden, soll eine Sperrung erfolgen. Allerdings kann laut Gesetzentwurf eine Internetseite auch dann auf der Sperrliste des Bundeskriminalamtes landen, wenn eine Löschung "nicht in angemessener Zeit erfolgversprechend" ist. Dies kann z.B. der Fall sein, weil deutsche Polizeibehörden keinen direkten Zugriff auf ausländische Provider haben und erst einen Umweg über internationale Behörden nehmen müssen, wie es die CDU-Abgeordnete Martina Krogmann in einer Antwort auf abgeordnetenwatch.de beschreibt.

Kritiker des Sperr-Gesetzes befürchten, dass eine Zensur-Infrastruktur für das Internet geschaffen wird, der auch andere Inhalte zum Opfer fallen könnten. In Blogs, Foren und bei Twitter formierte sich ein Proteststurm, der in einer ePetition an den Bundestag zusammenlief: Mit mehr als 130.000 Unterstützerinnen und Unterstützer ist die Petition "Keine Indizierung und Sperrung von Internetseiten" die größte Online-Eingabe aller Zeiten.

Auch innerhalb der SPD-Fraktion gab es kritische Stimmen gegen das umstrittene Gesetz. Der Abgeordnete Gregor Amann schrieb auf abgeordnetenwatch.de, er rechne wegen Bedenken in seiner Fraktion damit, dass die Internetsperre "entweder gar nicht oder nur in sehr veränderter Form beschlossen wird". Auf Drängen der SPD kam es in letzter Minute schließlich noch zu Änderungen an dem Gesetzentwurf.

Die Koalitionsfraktionen einigten sich auf folgende Eckpunkte:

1. Für die Sperrung von Internetseiten mit kinderpornographischen Inhalten wird ein Spezialgesetz geschaffen, das einzig den Bereich Kinderpornographie umfasst und zuächst auf drei Jahre befristet wird. Dies hatte die SPD gefordert. Ursprünglich war vorgesehen, die Netz-Sperren innerhalb des Telemediengesetzes zu verankern. Dadurch, so Kritiker, ließe sich die Sperrung auch problemlos auf andere Inhalte wie "Killerspiele" (wie z.B. vom CDU-Abgeordneten Thomas Strobl auf abgeordnetenwatch.de angedacht) oder bei Urheberrechtsverletzungen ausweiten.

2. Internetnutzer, die auf den Stopp-Seiten landen, sollen keine Strafverfolgung mehr fürchten. In der ursprünglichen Fassung des Gesetzes war eine Verpflichtung für Internetanbieter geplant, Nutzerdaten zu speichern und diese auf Verlangen an das Bundeskriminalamt weiterzuleiten. Dadurch hätten auch Internetsurfer, die bspw. durch das versehentliche Anklicken eines Links auf eine solche Stopp-Seite gelangt wären, ins Fadenkreuz der Ermittlungsbehörden geraten können.

Der endgültige Gesetzentwurf sieht außerdem eine unabhängige Kontrolle der Filterliste des Bundeskriminalamts vor, wovon zuvor keine Rede gewesen war.