Organspenden-Reform: Zustimmungslösung

Der Bundestag stimmt über zwei überfraktionell eingebrachte Gesetzesentwürfe ab, welche die Bundesregierung auffordern, dass Organspendemodell in Deutschland zu reformieren. Die Abgeordneten entscheiden über die Einführung einer Widerspruchslösung oder einer Zustimmungslösung.

Über die Widerspruchs- und die Zustimmungslösung sowie über einen AfD-Antrag wurde jeweils namentlich abgestimmt. Hier finden Sie die Ergebnisse zur Zustimmungslösung.

Mit 432 Ja-Stimmen und 200 Nein-Stimmen wurde der Antrag zur Zustimmungslösung bei 37 Enthaltungen in der dritten Beratung angenommen.

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Dafür gestimmt
432
Dagegen gestimmt
200
Enthalten
37
Nicht beteiligt
40
Abstimmungsverhalten von insgesamt 709 Abgeordneten.

In der kontroversen Debatte zur Reform des Transplantationsgesetzes wurden zwei fraktionsübergreifende Gesetzesentwürfe eingereicht - die Widerspruchslösung und die  Zustimmungslösung. Man verfolge grundlegend das Ziel, die Anzahl der Organspenden zu erhöhen und die eigentlich vorhandene Bereitschaft der Bevölkerung abzurufen. Die AfD fordert in einem Antrag eine sogenannte Vertrauenslösung. Die Abstimmungsergebnisse zur Widerspruchslösung finden Sie hier.

Anlass für die Reform sei es, dass in Deutschland etwa 9.500 Menschen auf ein Spenderorgan warteten, es im Jahr 2018 jedoch bundesweit lediglich 955 Organspender:innen gab. Damit liegt Deutschland im europäischen Vergleich auf Platz 7 (Zahlen und Fakten des BZgA). Zudem zeigt die Spendenbilanz 2019 auf, dass die Zahl der gespendeten Organe laut der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) von 3.113 auf 2.995 sank. Aus einer repräsentativen Umfrage der BZgA 2018 geht hervor, dass 72% der Befragten bereit wären, nach dem Tod Spender:in zu werden.

Um diesem Problem entgegenzutreten, wurden drei unterschiedliche Lösungsansätze erarbeitet:

  • Der Gesetzesentwurf von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU/CSU) und dem SPD-Gesundheitsexperten Karl Lauterbach fordert die Einführung einer doppelten Widerspruchslösung. Damit gelte jede:r Bundesbürger:in als Spender:in, sofern die Person nicht zu Lebzeiten widerspricht. Ein etwaiger Widerspruch solle in einem Zentralregister eingetragen werden. Für den Fall, dass es keinen dokumentierten Widerspruch im Register gibt, müssen die Angehörigen befragt werden, darum doppelter Widerspruch. Kritiker:innen wie der ehemalige Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) sehen in dieser Lösung einen Verlust des Selbstbestimmungsrechts. Mit dieser Lösung werde man "gleichsam nach dem Tode zum Gemeineigentum, dessen Organe zur Verfügung gestellt werden können." Eine Organspende müsse eine Spende bleiben, so  Gröhe im Tagesschau Interview. Spahn selbst befürwortet die Widerspruchslösung als "ein ermutigendes Signal für alle Patienten, die auf ein Spenderorgan warten" (Quelle: Tagesspiegel).
  • Eine Gruppe um die Grünen-Vorsitzende Annalena Baerbock und Linken-Vorsitzende Katja Kipping schlägt vor, das Modell der Zustimmungslösung einzuführen. Diese Lösung sieht vor, dass Organe nur entnommen werden dürfen, sofern die verstorbene Person zu Lebzeiten ausdrücklich zugestimmt hat. Allerdings soll hierbei die Spendebereitschaft regelmäßig erfragt werden, z.B. bei der Neubeantragung eines Personalausweises (Quelle: DLF). Auch bei dieser Lösung soll den Bürger:innen ermöglicht werden, ihre Entscheidung in einem Zentralregister zu dokumentieren, zu ändern und zu widerrufen. Zudem sollen Hausärzt:innen ihre Patient:innen regelmäßig zur Eintragung in das Register ermutigen. Die Entscheidungslösung hält SPD-Gesundheitsexperte  Karl Lauterbach für "zu kompliziert". Er ist Befürworter der Widerspruchslösung und erklärt auf Nachfrage, das "ist das einfachste". Zudem sei die Widerspruchslösung seiner Meinung nach unbürokratischer.
  • Die AfD-Fraktion sieht laut Antrag das Problem in dem durch verschiedene Skandale begünstigte und aus ihrer Sicht verbreitete Misstrauen der Bevölkerung gegenüber den Vermittlungs- und Koordinierungsstellen und spricht sich daher für eine Vertrauenslösung aus. Diese fordert vor allem, dass die Koordinierung des Organspendeprozesses von einer unabhängigen, öffentlich-rechtlichen Institution übernommen werde. Die AfD kritisiert, dass die Organisation "Eurotransplant", die aktuell die Vergabe von Spendeorganen organisiert, von einer Untersuchungskommission überwacht werde, in dem zu viele befangene Institutionen säßen - so dürfen seit 2010 auch der Vorstand der "Deutschen Stiftung Organtransplantation" sowie Direktor:innen von "Eurotransplant" selbst als Gäste an den Gremiumssitzungen teilnehmen. Eine unabhängige Kontrolle der Tätigkeiten sei laut der Fraktion demnach zurzeit nicht gegeben. Außerdem fordert die AfD ein Plus an Informationen für die Bevölkerung zum Thema Organspenden.

Bei der Abstimmungen sollen die Abgeordneten eine Gewissensentscheidung treffen - der sonst übliche "Fraktionszwang" soll somit entfallen.

Mit 432 Ja-Stimmen und 200 Nein-Stimmen wurde der Antrag zur Zustimmungslösung bei 37 Enthaltungen in der dritten Beratung angenommen.