Frage an Alexander Funk bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Alexander Funk
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Frage von Peter W. •

Frage an Alexander Funk von Peter W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Wie stehen Sie grundsätzlich zum Thema Volksentscheide auf Bundesebene?
Und inwieweit ist Ihre persönliche Einstellung deckungsgleich mit Ihrer "Parteilinie"?

Mir ist durchaus klar, dass Volksentscheide kein Allheilmittel für die Demokratie sind und ja im konkreten Fall auch zu Problemen führen können. (Z.B. Minarette in der Schweiz)

Aber würde es in einer gefestigten Demokratie wie der unseren, aber mit sinkender Wahlbeteiligung und einer gewissen Politikverdrossenheit nicht dazu beitragen, dass sich die Bürger wieder etwas mehr für Demokratie und Politik interessieren und begeistern können?

Wenn Sie grundsätzlich dagegen sind, hätte ich sehr gerne ein ausführliche Begründung von Ihnen für Ihre Haltung.

Wenn Sie grundsätzlich dafür sind, wann starten Sie eine entsprechende Gesetzesinitiative?

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Wachs,

zunächst vielen Dank für Ihre Frage.

Als ich noch Landtagsabgeordneter im Saarland war, habe ich mich bereits gegen Volksentscheide auf Landesebene, die finanzielle Konsequenzen für den Landeshaushalt nach sich ziehen, eingesetzt. Finanzwirksame Gesetze, die Abgaben, Besoldung, den Haushalt regeln, müssen meines Erachtens von Volksentscheiden ausgeschlossen sein. (absoluter Finanzvorbehalt). Damals wurde auch der Vorschlag, Volksentscheide zuzulassen, wenn deren finanzielle Folgen unter 0,5 % des laufenden Landeshaushalts liegen, von meiner Fraktion und mir abgelehnt: Eine solche Regelung hätte unter Umständen Folgekosten, die den Haushalt über Jahre belasten können. Bitte verstehen Sie mich nicht falsch: Grundsätzlich befürworte ich Volksentscheide auf Landes- und Kommunalebene, die keine finanziellen Konsequenzen nach sich ziehen.

Allerdings muss man sich auch fragen, wie es um die Tragweite eines Volksentscheids bestellt ist. Geht es (wie im Land Berlin möglich) um eine Frage öffentlichen Interesses, bei der die Legislative nur eine Empfehlung aussprechen kann (Bsp. Flughafen Tempelhof) und die Exekutive entscheidet, so hat ein Volksentscheid keine bindende Wirkung: Der Bürger kann sich zwar äußern, aber de facto nicht mitbestimmen. Generell können Gesetze oder Gesetzesänderungen, die per Volksentscheid beschlossen wurden (und damit rechtlich bindend sind), zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufgehoben werden. Einen „Bestandsschutz“ gibt es nicht, dieser wäre verfassungsrechtlich auch nicht zulässig. Nur in Hamburg sind per Volksentscheid beschlossene Gesetze für einige wenige Jahre vor Abänderung durch das Parlament geschützt. Fraglich ist demzufolge auch, ob Volkentscheide zu mehr Begeisterung für und Interesse an Politik beitragen – generell lassen sich diese beiden Größen nur sehr schwer messen. Ich bezweifle, dass Volksentscheide ein Heilmittel für Politikverdrossenheit sind. Hier fühle ich mich in erster Linie als Politiker angesprochen, der sich als Fürsprecher der Bürger seines Wahlkreises versteht und sich deren Anliegen verpflichtet sieht. Die parlamentarische Interessenvertretung funktioniert meiner Meinung nach sehr gut in Deutschland.

Von Volksentscheiden auf Bundesebene halte ich daher nicht besonders viel und unterstütze dabei die Meinung, die im CDU-Grundsatzprogramm von 2007 festgeschrieben ist. Auf Bundesebene werden Volksentscheide oder ähnliche Verfahren den oft komplexen Fragen unserer Gesellschaft kaum gerecht. Naturgemäß können die meisten Volksentscheide nur einfache „Ja“ oder „Nein“ Antworten anbieten. Die Gesetzgebung ist oftmals aber sehr vielschichtig und muss eine kaum überschaubare Vernetzung mit anderen Regelungsbereichen berücksichtigen. Um hier zu zufriedenstellenden Antworten zu gelangen, wird im Deutschen Bundestag auf dem Wege der Gesetzgebung ein Verfahren angewandt, das ein hohes Maß an thematischer Tiefe und Flexibilität erlaubt.

Volksentscheide erlauben eine solche detailreiche Abstimmung nicht. Die unangemessene Verkürzung vieler Sachthemen könnte leicht zu populistisch beeinflussten Ergebnissen führen, bei denen die notwendigen Kompromisse der parlamentarischen Diskussion auf der Strecke blieben. Dies ginge insbesondere zu Lasten von Minderheiten und gesellschaftlich benachteiligten Gruppen.

Unser System der repräsentativen Demokratie ist bewährt und hat sich in den letzen 60 Jahren als Garant für Stabilität und soziale Gerechtigkeit erwiesen. Ich werde mich dafür engagieren, dass parlamentarische Entscheide auch als Volksentscheide wahrgenommen werden können.

Ich hoffe, damit konnte ich Ihrer Frage gerecht werden.

Mit freundlichen Grüßen
Ihr Alexander Funk