Frage an Alexander-Martin Sardina bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie

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Alexander-Martin Sardina
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Frage von Dr. Friedrich B. •

Frage an Alexander-Martin Sardina von Dr. Friedrich B. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie

Sehr geehrter Herr Sardina,

da nun auch in Hamburg Studiengebühren beschlossen sind und die CDU nicht müde wurde zu betonen, dass das so zur Verfügung stehende Geld für universitäre Zwecke verwendet würde, hätte ich gern Ihre Meinung als vielgereistem Menschen und Europäer erfahren, ob es nicht klug und sinnvoll wäre, jetzt die nationenunabhängige Weltsprache Esperanto institutionell zu fördern. Vorstellen könnte ich mir die Einrichtung einer Professur an der Universität Hamburg, um mehr Menschen diese Weltsprache näher zu bringen. Die Finanzierung könnte durch die Mittel aus Studiengebühren gesichert werden. Esperanto verdrängt das Englische und das Französische immer mehr, sollte Hamburg ("Tor zur Welt") dann da nicht eine Vorreiterrolle bei der Förderung von Esperanto übernehmen?
Ich bedanke mich für eine Antwort!
Mit freundlichen Grüßen,
F. Berg-Trecher
27. Oktober 2006

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Antwort von
CDU

Guten Tag Herr Dr. Berg-Trecher,

vielen Dank für Ihre Frage bzw. Anregung zum Thema "Studiengebühren in Hamburg" und deren weitere Verwendung zur Förderung von Esperanto. Leider kann ich Ihnen jetzt erst antworten, da ich beruflich in Berlin war; die Verzögerung sehen Sie mir bitte nach. Zum Inhaltlichen:

Ihre Ausführungen, dass die Einnahmen aus Studiengebühren in Hamburg zur Verbesserung der universitären Lehr- und Lernsituation genutzt werden, ist korrekt. Ich bin nun kein ausgewiesener Wissenschaftspolitik-Experte; soweit ich es aber mitbekommen habe, wurde inzwischen sogar ein gemeinsames Gremium an der Uni Hamburg gebildet, in dem Studierende und Lehrende gemeinsam beraten, wo diese Mittel am dringendsten benötigt werden und hinfließen sollen. Dies finde ich recht positiv, zumal ich selbst von 1994 bis 2002 an der Uni Hamburg studiert habe und die offenkundigen Mängel auch aus der Zeit noch lebhaft erinnere. Vielleicht mögen Sie sich mit Ihrem Vorschlag für eine Esperanto-Professur ja auch einmal an dieses Gremium wenden; die Kolleginnen und Kollegen dort sind sicherlich immer offen für konstruktive und innovative Anregungen:

FSR Sprachlehrforschung
c/o Geschäftszimmer
Raum 204
Von-Melle-Park 6, 2.Stock
20146 Hamburg

E-Mail-Adresse: fsrsprachlehrforschung@web.de

Nicht ganz konform gehen wir beide in der Einschätzung, dass Esperanto das Englische und das Französische immer mehr verdrängt. Sie führen zwar freundlicherweise aus, dass ich ein "vielgereister Mensch und Europäer" bin, übersehen aber vielleicht, dass ich unter anderem Amerikanistik studiert habe. Allen fachlichen Einschätzungen nach ist und bleibt Englisch die Lingua Franca auf der Welt. Dies ist wahrlich keine neue Erkenntnis, wenn Sie bitte bedenken, dass sogar auf den letzten Tagungen der Sozialistischen Internationalen (SI) Ende der 1980er Jahre die Vertreter der DDR und Bulgariens sich gemeinsam dafür ausgesprochen haben, Russisch durch Englisch als Konferenzsprache zu ersetzen. Ich wähle dieses Beispiel, weil mir klar ist, dass Esperanto gerade in den damals sozialistischen Staaten Ost-Europas eine massive institutionalisierte Förderung erfahren hat mit staatlichen Lehrangeboten in Schulen und Hochschulen (Ausnahme: Esperanto-Verbot in der DDR bis 1965, aber auch danach nicht staatlich gefördert).

Der finnische Slavist / Linguist und Esperantist Prof. Dr. Jouko Lindstedt (Universität Helsinki), den Sie sicherlich kennen werden, gibt eine Einschätzung von Esperanto-Sprechern mit ca. 1.000 Muttersprachlern, ca. 10.000 fließend-Sprechern und ca. 100.000 Esperanto-Anwendern an. Diese Zahlen können zugegebenermaßen nur grobe Schätzungen sein, da Esperanto ja auf der ganzen Welt gesprochen wird und man dieses nicht exakt empirisch-valide erheben kann, geben aber einen Hinweis darauf, dass Esperanto als Kunstsprache in absehbarer Zeit zwar nicht ausstirbt, keinesfalls aber an den Stellenwert des Englischen in all seinen Variationen und Varietäten heranreicht. Dies alles lässt mich persönlich zu der Einschätzung gelangen, dass die Einrichtung einer Esperanto-Professur ein Luxus wäre, den wir uns in der angespannten Haushaltslage in Hamburg und den großen bestehenden inhaltlichen Herausforderungen, die wir zu lösen haben, nicht werden leisten können, da die Einführung von Studiengebühren ja auch nicht ohne guten Grund erfolgt ist.

Insofern bitte ich um Verständnis, dass ich mich nicht für Ihren Wunsch einsetzen werde.

Mit bestem Gruß,
AMS