Frage an Anna Conrads bezüglich Innere Sicherheit

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Anna Conrads
DIE LINKE
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Frage von Johann H. •

Frage an Anna Conrads von Johann H. bezüglich Innere Sicherheit

Hallo Frau Conrads,

wie steht die Linke bzw. wie stehen Sie im Besonderen zu den recht offensichtlich ungenügenden Sicherheitsvorkehrungen in den JVAs hier in NRW? Sicher rennen keine Heerscharen von Ausbrechern durchs Land, aber doch in letzter Zeit recht viele. Und jeder ist ein verurteilter Verbrecher, eine Gefahr für die Bevölkerung also. Wie wollen Sie da für den Schutz der Bevölkerung sorgen?

Ich danke im Voraus für Ihre Antwort.

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Heckel,

vielen Dank für Ihre Frage.

Wir nehmen die Besorgnis, die Sie formulieren und die vermutlich von Teilen der Bevölkerung geteilt wird.
Sie beziehen sich in Ihrer Mail ja auch auf die jüngsten Vorkommnisse in Bochum. In Bochum sind vor allem gravierende bauliche Mängel festgestellt worden, die offenbar über viele Jahr zu den Sicherheitsdefiziten geführt haben. Aber der bauliche Zustand und Baubedarf bei den JVAen im Land, die vielerorts aus sehr alten Gebäuden bestehen, ist aber lediglich eine Komponente.
Auf der anderen Seite ist ein resozialisierender Strafvollzug, der dem Häftling ermöglicht, künftig wieder ein Leben ohne Straftaten zu führen das Allerwichtigste und auch durch das Strafvollzugsgesetz geboten: dort steht in § 3:
(1) Das Leben im Vollzug soll den allgemeinen Lebensverhältnissen soweit
als möglich angeglichen werden.
(2) Schädlichen Folgen des Freiheitsentzuges ist entgegenzuwirken.
(3) Der Vollzug ist darauf auszurichten, daß er dem Gefangenen hilft, sich
in das Leben in Freiheit einzugliedern.

Das heisst für uns aber auch, dass die größtmögliche Sicherheit für die Bevölkerung darüber sicherzustellen ist, dass an dem Ziel, vor allem 3) ab dem ersten Hafttag gearbeitet werden muss. Das bedeutet, mit einem ausreichenden Personalschlüssel sowohl im Allgemeinen Vollzugsdienst, als auch bei den Fachdiensten Sozialarbeit und Psychologie, mit dem /der Gefangenen zu arbeiten.Dazu gehört neben Arbeits- und AUsbildungsmöglichkeiten, sinnvoller Freizeitgestaltung im Gefängnis und Therapien aber auch, dass der Kontakt zur Familie nicht abbricht, nicht alle Brücken nach draußen abgebrochen werden. Dazu gehört also auch, regelmäßig zu prüfen ob Freigänge gewährt werden können, ob die Verlegung in den Offenen Vollzug möglich ist und es muss ein gutes "Übergangsmanagement" geben. Dazu gehört, möglichst ein soziales Umfeld für den Gefangenen zu schaffen, wenn er entlassen wird, damit die Rückfallwahrscheinlichkeit weiter eingeschränkt wird. Gerade Menschen, die lange Haftstrafen abgesessen haben, haben weder Job, noch Wohnung, noch Familie - das erhöht die Wahrscheinlichkeit, wieder Straftaten zu begehen.
Menschenrechte enden nicht am Gefängnistor. Ein Verwahrvollzug, ein "Wegsperren" ohne Lockerungen ist mittel- und langfristig nicht mit den Vollzugszielen zu vereinbaren und kommt die Gesellschaft deutlich teurer zu stehen, finanziell durch die hohen Rückfälle aber vor allem gesellschaftlich, weil unvorbereitete Entlassene eine Gefahr für die Bevölkerung darstellen. Für einen Resozialisierungsvollzug muss Geld ausgegeben werden, auch wenn das an vielen Stellen bei der Bevölkerung auf Unverständnis stößt. Wenn man es nicht tut, sind die Kosten und das Leid, das entsteht deutlich höher. Sparen kann man aber durchaus: zB durch Vermeidung von Haftstrafen, zB bei den Ersatzfreiheitsstrafen, weil gedlstrafen nicht beglichen werden können. Da sollte man andere Wege finden, denn jeder Hafttag kostet den Steuerzahler rund 100 Euro - und das dann für eine Haftstrafe, weil jmd zB 500 Euro Strafe nicht zahlen konnte. Da wäre doch zB Arbeit in einer gemeinnützigen Einrichtung deutlich sinnvoller.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen ein wenig weiterhelfen

Freundliche Grüße

Anna Conrads