Frage an Anna Gallina bezüglich Umwelt

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Anna Gallina
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Christopher B. •

Frage an Anna Gallina von Christopher B. bezüglich Umwelt

Hallo Frau Gallina,

ich würde gerne wissen, wie Sie - wenn Sie dies mit gestallten könnten - Ihrer Ansicht nach die Energiewende und die Klimaschutzpolitik weiter gestaltet werden sollten.
Ist der Emissionshandel - auf Internationaler und Europäischer Ebene - nach wie vor das geeignete Instrument, um effektive Klimaschutzpolitik zu betreiben? Wie sollte es Ihrer Ansicht nach weitergehen mit der Förderung der Erneuerbaren Energien?
Ich freue mich auf Ihre Antwort.

Mit freundlichen Grüßen,
Christopher Brandt

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Lieber Herr Brandt,

vielen Dank für ihre wichtigen Fragen. Als Grüne könnten wir mit unseren Analysen, Lösungsvorschlägen und Forderungen bei den Themen Engergiewende und Klimawandel unendlich viele Seiten füllen, ich bemühe mich mit Blick darauf, was wir in der nächsten Legislaturperiode tun wollen, kurz und dennoch umfassend genug zu antworten.

Die Folgen des Klimawandels betreffen schon heute große Teile der Weltbevölkerung. Die Auswirkungen sind zum Teil dramatisch: durch die Veränderung der klimatischen Bedingungen und die Zunahme an Naturkatastrophen entsteht nicht nur erheblicher materieller Schaden - Menschen müssen fliehen, Entwicklungschancen werden zerstört und Menschenrechte verletzt. Wir wollen eine deutliche Verknappung der Verschmutzungsrechte, um das Überangebot an Zertifikaten dauerhaft aus dem Markt zu nehmen. Und wir wollen eine grundlegende Reform des Emissionshandels, die auch die Einschränkung der Zufuhr billiger und ökologisch fraglicher Zertifikate aus China und Indien einschließt.

Wir wollen voran gehen und unsere Treibhausgasemissionen bis 2050 um mindestens 80 bis 95 % gegenüber 1990 reduzieren. Um die Schwellen- und Entwicklungsländer bei ihren Anstrengungen zur Anpassung an den Klimawandel und zum Schutz des Klimas zu unterstützen, wollen wir Technologietransfer und das notwendige Know-how zur Verfügung stellen. Für uns ist die Klimafrage auch eine Frage der Gerechtigkeit, deshalb müssen auch die Kosten der Anpassung an den Klimawandel gerecht verteilt werden. Dem Grünen Klimafonds (GKF) soll hierbei und bei der Unterstützung zur CO2-Minderung eine entscheidende Rolle zukommen. Wir wollen die Mittel für Entwicklungszusammenarbeit, zivile Krisenprävention und humanitäre Hilfe bis 2017 auf 0,7 % des Bruttonationaleinkommens anheben und schon 2014 1,2 Mrd. Euro zusätzlich für die Entwicklungszusammenarbeit und 500 Mio. Euro für den internationalen Klimaschutz bereitstellen.

Der Ausbau Erneuerbarer Energien von 5 auf 25 % der Stromproduktion in kurzer Zeit war ein bedeutender Beitrag zu nachhaltiger Energieversorgung, zum Klimaschutz und zur Ressourcenschonung. Bis zum Jahr 2020 wollen wir den Anteil der Erneuerbaren Energien mindestens verdoppeln und bis 2030 die Stromversorgung Deutschlands auf 100 % Erneuerbare Energien umstellen. Damit setzen wir das erfolgreichste wirtschaftliche Demokratisierungsprojekt in Deutschland fort. Die Bürgerinnen und Bürger, die Genossenschaften und kleinen Unternehmen vor Ort zusammen mit den Kommunen und Stadtwerken sind das Rückgrat der Energiewende - das ist das Ergebnis grüner Energiepolitik. Damit diese „Energiewende von unten“ weitergeht, verteidigen wir den Einspeisevorrang für Erneuerbare, schaffen Planungssicherheit für Investoren, Beteiligungsmöglichkeiten für Bürgerinnen und Bürger. Wir wollen die Regelungen des EEG zum Ausbau der Erneuerbaren Energien so überarbeiten, dass es weiterhin zu einem dynamischen Ausbau der Erneuerbaren kommt und die Kosten gerecht verteilt werden. Denn die Energiewende braucht Investitionen. Die Lasten müssen gerecht verteilt werden und der Strompreis muss auch während des Umstiegs für alle bezahlbar bleiben. Dafür werden wir zuerst die Industrieprivilegien zurückführen sowie Mittelstand und Privathaushalte um 4 Mrd. Euro Energiekosten entlasten.

Ein wichtiges Schlüsselprojekt im Rahmen der Energiewende, ist der Kohleausstieg bis 2030. Braun- und Steinkohle zählen zu den größten Klimakillern. Das heißt für uns: keine neuen Kohlekraftwerke und keine Ausweitung von Tagebauen. Der Raubbau an der Natur ist besonders sichtbar in Brandenburg, Sachsen und in Nordrhein-Westfalen, wo riesige Tagebaue Landschaften und Dörfer verschlingen und Menschen vertreiben. Für diese Regionen wollen wir nachhaltige Alternativen finden. In Vorzeigeregionen für Erneuerbare kann die Transformation ohne Verlust von Wertschöpfung vor Ort geschehen. Damit die deutsche Wirtschaft mit dem Kohleausstieg planen kann, werden wir ihn mit einem Klimaschutzgesetz flankieren. Darin formulieren wir verbindliche Ziele für Klimaschutz wie die Treibhausgasminderung um 40 % bis 2020 und 95 % bis 2050 unter das Niveau von 1990 mit konkreten Zielen und Maßnahmen für die Bereiche Strom und Wärme, Industrie, Verkehr, Land- und Forstwirtschaft. Steigende Anforderungen an Emissionen, Effizienz und Flexibilität von Kraftwerken müssen den Ausbau der Erneuerbaren flankieren, um die Energiewende zum Erfolg zu führen.

Die Energiewende gelingt nur mit dem Atomausstieg - der Atomausstieg gelingt nur mit der Energiewende. Bei den noch laufenden Atomkraftwerken muss die Sicherheit höchste Priorität haben. Mit uns gibt es keine Sicherheitsrabatte. Wir werden die Sicherheitsanforderungen - anders als Schwarz-Gelb - erhöhen und wieder auf den Stand von Wissenschaft und Technik bringen. Falls diese Standards nicht eingehalten werden können, müssen die betreffenden AKW vom Netz genommen werden, das beschleunigt den Atomausstieg. Aus unserer Sicht ist der Atomausstieg erst vollendet, wenn alle Anlagen des Kernbrennstoffkreislaufs wie die Urananreicherungsanlage Gronau und die Brennelementeproduktion Lingen geschlossen sind; das ist unser Ziel. Eine künftige Bundesregierung muss sich für den Atomausstieg auch in Europa stark machen.

Der noch eine Million Jahre strahlende Atommüll ist unser aller Müll - ob wir seine Produktion wollten oder nicht. Dafür muss diese Generation die Verantwortung übernehmen und endlich unter breiter BürgerInnenbeteiligung bundesweit, ergebnisoffen, nach wissenschaftlichen Kriterien und transparent den bestgeeigneten Endlagerstandort suchen. Atomindustrie und politische Kräfte, die weiterhin versuchen, den ungeeigneten Standort Gorleben durchzusetzen, werden auf unseren entschiedenen Widerstand treffen. Die Endlagersuche muss komplett von den Verursachern des Atommülls finanziert werden. Atommüllexport wollen wir verbieten.

Schöne Grüße
Anna Gallina