Frage an Antje Wefing bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Antje Wefing
DIE LINKE
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Frage von Manfred R. •

Frage an Antje Wefing von Manfred R. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrte Kandidatin, sehr geehrter Kandidat,

Eine Einordnung in Ihre Vorgabe-Kategorien ist leider nicht möglich, weil die Rubrik "Allgemeine Politik" fehlt. Ich habe deshalb willkürlich die erste Kategorie gewählt, um die eMail an Sie abschicken zu können.

Folgende 7 Fragen stelle ich an Sie als (potentielle/r) Abgeordnete/r in Sorge um das weitere allmähliche Abgleiten Deutschlands in die sozialen, wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse eines Schwellenlandes mit allen häßlichen und den Verfallsprozeß weiter verstärkenden negativen Folgen für die Moral der Menschen.

Was werden Sie ab sofort konkret unternehmen,

1. ... um endlich die schon Jahre anhaltende Erosion der verfügbaren Einkommen im unteren und mittleren Einkommensbereich und damit den weiteren Rückgang des Konsums mit negativen Folgen für das Wirtschaftswachstum, die Beschäftigung und die sozialen Sicherheitssysteme zu stoppen?
2. ... um auch dem schnell anwachsenden Teil der Armen in unserem Land, die ohne eigene Schuld von der Teilhabe am Wohlstand ausgeschlossen sind, nachhaltig ein menschenwürdiges Leben – nicht nur ein Vegetieren auf Sozialhilfeniveau – zu ermöglichen?
3. ... um die Lasten der jahrzehntelang von allen politischen Gruppen verschleppten strukturellen Anpassung unseres Landes an die seit langem voraussehbaren demographischen, wirtschaftlichen und politischen Veränderungen endlich auch auf die Schultern derer zu verlagern, die ihren materiellen Wohlstand trotz oder sogar als Folge der sogenannten Reformen kontinuierlich steigern konnten?
4. ... um endlich nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch eine Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit zu gewährleisten, indem z.B. verhindert wird, daß hohe Einkommen mit legalen Tricks heruntergerechnet oder durch Verlagerung des Wohnsitzes des Steuerpflichtigen in ein Nachbarland vermieden werden?
5. ... um endlich den unheilvollen Einfluß der Lobbys auf die Parlamentarier zu unterbinden, der durch die Doppelrolle vieler Abgeordneter als Volksvertreter und zugleich durch ihre Nebentätigkeiten als Vertreter privater Interessen institutionalisiert ist?
6. ... um endlich die mit dem unter 5. genannten Übel zusammenhängenden und vom Standpunkt des Allgemeinwohls schädliche Subventionen für starke Lobbygruppen zu beseitigen?
7. ... um endlich wirkungsvoll gegen Machtmißbrauch und Korruption in Wirtschaft und Verwaltung vorgehen und die sich ausbreitende Selbstbedienungsmentalität bannen zu können?

Mir ist klar, daß Politik keine Veranstaltung von Weisen oder einer moralischen Elite ist, die selbstlos über die besten Lösungen für ihr Land beraten. Politiker sind Menschen wie alle anderen auch. Politik nenne ich deshalb das ständige Machtgerangel derer, die – wie und aus welchen Gründen auch immer – in politische Positionen und Funktionen gekommen sind. In diesem Machtgerangel fällt die Vernunft leider nur allzu häufig parteigeisti-gem Egoismus, ideologischer Borniertheit, individuellen Interessen und persönlichen Eitelkeiten zum Opfer. Nach inzwischen 40jähriger Beobachtung des politischen Geschehens, geschichtlicher Studien und gründlichen Nachdenkens über die in menschlichen Gesellschaften waltenden sozialpsychologischen Mechanismen und Prozesse, sind meine Erwartungen an das, was unter diesen Umständen zum Wohle der Allgemeinheit, d.h. für die große Mehrheit der nichtprivilegierten Bürger erreicht werden kann, eher gering. Ich habe deshalb auch wenig Hoffnung, daß die derzeit dominierenden politischen Gruppierungen wirkliche Reformen zustande bringen, die Deutschland vor dem eingangs erwähnten weiteren Abstieg retten könnten. Vielmehr fürchte ich, daß künftig verstärkt gesellschaftliche Selbst-„Heilungs“-Prozesse zu beobachten sein werden, deren ungewisser und möglicherweise fragwürdiger Ausgang die Gedanken der Bürger an ihre Zukunft noch weiter verdüstern werden. Das gilt um so mehr, je stärker nach den Unterschichten auch der (untere) Mittelstand vom Wohlstands-verfall betroffen ist und deshalb auf Distanz zu denen („da oben“) geht, die er dafür verantwortlich macht. Die Geschichte wiederholt sich, aber nicht wie ein Film, sondern wie ein Theaterstück, das immer wieder mit den Mitteln und aus der Perspektive der jeweiligen Zeit neu inszeniert wird.

Manfred Rüdenauer
www.dervolksmund.de

P.S. Für den wenig wahrscheinlichen Fall, daß das BVG die Auflösung des Bundestages für nichtig erklären sollte und Sie sich deshalb nicht unmittelbar zur Wahl stellen müssen, betrachten Sie meine Fragen bitte als langfristig gültige Erfolgskriterien Ihrer Arbeit und bis zur Erfüllung gültige Wahlprüfsteine.

Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Manfred Rüdenauer,

vielen Dank für Ihre ausführlichen Fragen. Hier meine Antwort:

Die Linkspartei.PDS setzt sich dafür ein, dass die Sozialen Sicherungssysteme auch in Zukunft ihrer Funktion, Armut zu verhindern und für soziale Sicherheit zu sorgen, gerecht werden. Dazu bedarf es einer breit angelegten Reform, die sich nicht darauf beschränkt, Beitragserhöhungen und/oder Einschnitte in den Leistungskatalogen vorzunehmen. Die Linkspartei.PDS will dabei vor allem dafür Sorge tragen, dass die Solidargemeinschaft, in der die Starken Lasten der Schwächeren übernehmen, erhalten bleibt und dass das Sicherungssystem (generationen)gerecht gestaltet wird. In diesem Zusammenhang plädiert die Linkspartei.PDS dafür, alle Einkommensarten (also beispielsweise auch Mieten, Zinsen, Pachten) und alle Berufsgruppen (also beispielsweise Freiberufler, Selbstständige, Beamte) in die Sicherungssysteme einzubeziehen. Freiwillige Vorsorge ist zwar wichtig.

Jedoch besteht die Linkspartei.PDS darauf, dass die Sozialen Sicherungssysteme so ausgestaltet werden, dass sie auch in Krisensituationen, in konkreten Bedarfsfällen und vor allem im Alter ausreichend sind, um ein Leben in Würde zu garantieren. Freiwillige Vorsorge kann dabei nur einen Zusatzcharakter haben. Ein zentrales Vorhaben der Linkspartei.PDS ist die Einführung einer bedarfsorientierten sozialen Grundsicherung, die jenen zu Gute kommen soll, die wegen zu geringem Einkommen, Arbeitslosigkeit, Ausbildung, aus anderen sozialen, gesundheitlichen oder altersbedingten Gründen arm oder von Armut betroffen sind. Die Grundsicherung soll über Steuern finanziert werden.

Die Bedarfsorientierung richtet sich nach den durchschnittlichen Haushaltseinkommen und soll zurzeit 750 Euro für Alleinstehende und 1.900 Euro für eine Familie mit zwei kleinen Kindern betragen. Für die Rente fordern wir die Einführung eines Grundbetrages von 800 Euro, um der Altersarmut wirkungsvoll zu begegnen.

Die Erziehung von Kindern und die Pflege von Angehörigen soll stärker berücksichtigt werden, um Benachteiligungen abzubauen, von denen vor allem Frauen betroffen sind. Die Linkspartei.PDS möchte die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) zu einer solidarischen Bürgerversicherung weiterentwickeln. Ihre finanzielle Basis soll durch die Einbeziehung aller Berufsgruppen und Einkommensarten stabilisiert werden. Die Beitragsbemessungsgrenze soll in einem ersten Schritt auf 5.100 Euro angehoben und mittelfristig abgeschafft werden. An dem paritätischen System der Finanzierung halten wir fest.

Innovation, die auf die Stärkung der Binnennachfrage und politische Gestaltungskraft gegenüber den Wildwüchsen des Marktes setzt, ist die erste Voraussetzung dafür, den negativen Entwicklungstrend in Ostdeutschland und den anderen strukturschwachen Regionen umzukehren. Schwerpunkte der Wirtschaftspolitik der Linkspartei.PDS sind:

- Erhalt und Stärkung öffentlicher Güter,
- Verteidigung und der Ausbau öffentlicher Arbeitsförderung,
- Veränderung der wirtschaftspolitischen Regulierung,

wobei die Linkspartei.PDS insbesondere um die Verbesserung der Rahmenbedingungen für eine eigenständige Kommunalentwicklung, für sozial und ökologisch nachhaltige Regionalentwicklung und die Zukunftsfähigkeit Ostdeutschlands ringt. Der seit langem anhaltende Trend zur Senkung des Anteils öffentlicher Investitionen am Bruttoinlandsprodukt und den Staatsausgaben muss umgekehrt werden. Die Linkspartei.PDS fordert die Wiederauflage einer zeitlich befristeten Investitionspauschale für die Kommunen.

Der Linkspartei.PDS gilt die beschäftigungs und umweltorientierte Förderung kleiner und mittlerer Unternehmen als eine wichtige Aufgabe zukunftsfähiger Wirtschaftspolitik. Für die schwach entwickelten Regionen Deutschlands schlagen wir eine besondere Leitbildplanung vor. Wir wollen den Solidarpakt II stärker auf die Förderung industrienaher Infrastruktur und der Kooperation zwischen innovativen Unternehmen und Forschungseinrichtungen ausrichten. Notwendig ist der Wissenschaftsausbau als Standortpolitik mit verstärkter Bundesförderung. Das Steuerkonzept der Linkspartei.PDS orientiert neben der Minderung der Steuerbelastung für unterdurchschnittliche Einkommen auf insgesamt deutlich höhere Einnahmen für die öffentliche Hand durch konsequente Umsetzung des Prinzips der Besteuerung nach der individuellen Leistungsfähigkeit der Steuerpflichtigen. Diese Mehreinnahmen sollen vor allem durch die Wiedererhebung der Vermögensteuer, eine progressiv angelegte Körperschaftssteuer, ein neues Herangehen an Steuersubventionen, die Intensivierung des Kampfes gegen Steuerhinterziehung und Steuerflucht und die Besteuerung von Börsengeschäften und Finanzspekulationen realisiert werden. Wir wollen diese Mehreinnahmen für die Durchsetzung sozialer Gerechtigkeit, für Bildung und Innovation, für mehr Beschäftigung und für die Wiederherstellung der kommunalen Selbstverwaltung einsetzen. Insgesamt erfolgt eine Umverteilung der Steuerlast von den unterdurchschnittlichen auf die überdurchschnittlichen Einkommen.

Längerfristig muss die Beschäftigungspolitik umgebaut und den neuen Erfordernissen angepasst werden. Nur Arbeitszeitverkürzung bekämpft die Arbeitslosigkeit. Öffentliche Investitionsprogramme helfen, Arbeitsplätze zu schaffen. Das Fehlen von sieben Millionen Arbeitsplätzen kann so allein jedoch nicht aufgefangen werden. Die Linkspartei.PDS erneuert deshalb ihre Forderung nach einem öffentlich geförderten Beschäftigungssektor (ÖBS) mit regulären, tariflich entlohnten Arbeitsverhältnissen. Der ÖBS schafft Arbeitsplätze und trägt sich nach einer gewissen Zeit selbst. Die Kosten hierfür liegen niedriger als die dauerhafte Finanzierung der Massenarbeitslosigkeit. Und er kann dazu beitragen, Defizite in der öffentlichen Daseinsvorsorge – so im Gesundheitswesen oder im Bildungs und Kulturbereich – abzubauen. Die Linkspartei.PDS ist für die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns, um Beschäftigte vor Lohndumping zu schützen. Wir fordern in unserem Wahlprogrammentwurf einen einheitlichen gesetzlichen Mindestlohn von monatlich mindestens 1.400 € brutto, der jährlich an die Tarifentwicklung angepasst wird.

Mit besten Grüßen

Antje Wefing