Frage an Axel Schäfer bezüglich Recht

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Axel Schäfer
SPD
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Frage von Florian G. •

Frage an Axel Schäfer von Florian G. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Schäfer,

Was halten Sie von Experten-Meinungen, nach dem die Vorratsdatenspeicherung nur eine 0,006 prozentig höhere Aufklärungsrate bringen wird? (Quelle: http://www.heise.de/newsticker/meldung/92746 )

Außerdem ist die Vorratsdatenspeicherung für Kriminelle und Terroristen leicht zu umgehen. Sei es durch Nutzung ausländischer Proxyserver/Anonymisierungsnetzwerke , Internet-Cafes oder durch Eindringen in private (geschützte) W-Lan Netzwerke.

Letzteres ist ja übrigens auch im aktuellen Terrorismus-Fall geschehen.

Ist es nicht purer Aktionismus etwas zu tun, nur um etwas zu tun, auch wenn diese Maßnahme nicht viel nutzen wird?

Mit freundlichen Grüßen,

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Sehr geehrter Herr Grannemann,

vielen Dank für Ihre Anfrage, in der Sie Ihre Bedenken gegenüber der gesetzgeberischen Umsetzung der europäischen Richtlinie zur „Vorratsdatenspeicherung“ formulieren.

Ich habe bereits Herrn Bunse in diesem Forum meinen Standpunkt zu diesem Thema sehr ausführlich geschildert. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass ich dies an dieser Stelle nicht noch einmal wiederhole. Ich bin kein Experte auf dem Gebiet der IT-Sicherheit und möchte mich auch nicht dazu äußern, welche Aufklärungsquote mit einem Gesetz, welches sich noch mitten im parlamentarischen Verfahren befindet, möglicherweise erzielt werden kann.

Die Formulierung der EU-Richtlinie wie auch ihre Umsetzung in deutsches Recht wurde bzw. wird von Fachexperten erarbeitet und intensiv diskutiert. Ob sie in einem individuellen vom Bundeskriminalamt vereitelten Terroranschlag möglicherweise hilfreich gewesen wäre oder nicht, obliegt, denke ich, nicht unserer Beurteilung. Dies können nur die an der Aktion direkt beteiligten Stellen einschätzen. Wenn das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung jedoch künftig zu auch nur zu einer Anschlagsvereitelung beitragen und dadurch möglicherweise viele Menschenleben retten, denken viele bestimmt anders. Der Bundesregierung und dem Parlament bei der Umsetzung einer EU-Vorgabe Aktionismus vorzuwerfen, halte ich für nicht gerechtfertigt. Wir sind bei der Umsetzung in nationales Recht bereits an der Untergrenze der EU-Vorgabe geblieben und achten sehr auf einen sachgerechten Interessenausgleich zwischen den Freiheitsrechten der Bürgerinnen und Bürger und dem Interesse an einer effektiven Strafverfolgung und einer Speicherung mit Augenmaß bei diesem überaus sensiblen Thema. Oft wird vergessen: Tritt das Gesetz in Kraft, werden auch die Kommunikationsdaten von uns Politikerinnen und Politikern und unseren Familien etc. gespeichert. Niemand im Rechtsstaat Deutschland wird hier ausgenommen. Und hätte die Mehrheit der Parlamentarier Missbrauch an Ihren eigenen Daten zu fürchten, dann würden dieses Gesetz sicherlich nicht verabschiedet werden.

Wie ich bereits erwähnt habe, können Kommunikationsunternehmen bereits heute Verbindungsdaten zu Abrechnungszwecken bis zu drei Monate speichern. Künftig sollen diese Verbindungsdaten von Telefon und Email lediglich drei Monate länger gespeichert werden. Es werden in keinem Fall Inhalte der Gespräche bzw. Schreiben gespeichert. Die Verbindungsdaten sollen unzugänglich auf einer Festplatte des Kommunikationunternehmens bzw. des Internet-Providers gespeichert werden. Sie dürfen dann lediglich bei Straftaten von erheblicher Bedeutung und bei begründetem Verdacht auf terroristische Pläne angesehen und an die Strafverfolgungsbehörden weitergegeben werden. Dies soll auch nur durch einen richterlichen Beschluss angefordert werden können. Die Polizei wird auf die Daten nicht eigenmächtig zugreifen können. Viele Bürgerinnen und Bürger sind der Auffassung – durch die Informationen, die sie über die Medien erhalten – dass der Staat sie in Ihrer freiheitlichen Entfaltung einschränken und kontrollieren möchte. Der Rechtsstaat beschneidet jedoch mit diesem Gesetz nicht – wie von Ihnen behauptet – die freie Entfaltung der Persönlichkeit und die Würde des Menschen. Im Gegenteil: der Rechtsstaat will die Bürger genau vor den Personen schützen, die durch terroristische Akte planen, die Menschenwürde aller anderen Bürger zu verletzen.

Mit freundlichen Grüßen

Axel Schäfer

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