Frage an Azize Tank bezüglich Gesundheit

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Frage von Doris M. •

Frage an Azize Tank von Doris M. bezüglich Gesundheit

Die Gesprächspsychotherapie ist ein seit Jahrzehnten in der BRD und in der ehemaligen DDR (und auch international) bewährtes Psychotherapieverfahren, das vom Wissenschaftlichen Beirat Psychotherapie 2002 die wissenschaftliche Anerkennung erhielt, die die Grundlage für staatlich anerkannte Ausbildungsstätten bildete.

De facto kann aber in Gesprächspsychotherapie nicht ausgebildet werden, da der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) 2008 (nach 6jähriger Prüfung) die sozialrechtliche Anerkennung verweigerte.

Diese Situation veranlasste am 18./19. November 2010 die Arbeitsgemeinschaft der Obersten Landesgesundheitsbehörden (AOLG) unter TOP 9.1. einen einstimmigen Beschluss zu fassen:

„Die AOLG bittet das BMG auf den Gemeinsamen Bundesausschuss einzuwirken, dass er die Methoden der Gesprächspsychotherapie und der Systemischen Therapie - nach deren berufsrechtlicher Anerkennung - für die vertragsärztliche Leistungserbringung zulässt.
Die AOLG erwartet vom BMG, dass bei der notwendigen Reform des Psychotherapeutengesetzes zukünftig solche Diskrepanzen zwischen Vertrags- und Berufsrecht vermieden werden.“

Werden Sie sich dafür einsetzen - und wenn ja wie -, dass die staatlich anerkannten Ausbildungsverfahren Gesprächspsychotherapie und Systemische Therapie sozialrechtlich zugelassen werden (Umsetzung des AOLG-Beschlusses), damit in ihnen auch ausgebildet
werden und durch eine größere Verfahrensvielfalt das Angebot für Patienten verbessert werden kann?

Werden Sie sich dafür einsetzen, dass der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) in Zukunft nicht mehr über die Berufszulassung von Psychotherapeuten/innen entscheidet, sondern
sich - wie bei Ärzten auch - auf die Regelung der Berufsausübung beschränkt?

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Antwort von
DIE LINKE

Liebe Frau Doris Müller

Die derzeit von den Kassen übernommenen Therapieverfahren sind durch Verabschiedung des Psychotherapeutengesetzes recht willkürlich in ihren Status gekommen, während für andere Therapieformen (z.B. Gesprächstherapie, systemische Therapien etc.) hohe Hürden aufgebaut wurden. DIE LINKE tritt dafür ein, dass nur Verfahren, für die ein Nutzen nachgewiesen ist, in den Leistungskatalog der Krankenkassen aufgenommen werden. Daher begrüßt sie auch entsprechenden Prüfungen durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA), ob der Nutzen, bzw. die Wirksamkeit von Verfahren ausreichend belegt ist. Nun besteht offensichtlich ein Dissens zwischen wissenschaftlichem Beirat und dem GBA bezüglich der Bewertung verschiedener Verfahren. Während der wissenschaftliche Beirat entsprechende Wirksamkeiten von Therapieverfahren als belegt ansieht, kommt der GBA zu einem anderen Urteil. Die sozialrechtliche Anerkennung der Verfahren benötigt aber die positive Einschätzung des GBA. Entscheidungen über Nutzen- oder Wirksamkeitsbewertungen dürfen nicht politisch getroffen werden, sondern sind allein nach wissenschaftlicher Evidenz zu treffen. Die Politik sollte sich also aus der Bewertung heraushalten, solange das Verfahren korrekt abläuft.
Die Gründe für die unterschiedliche Bewertung der Verfahren können vor allem in unterschiedlichen Endpunkten und in abweichenden den Vorgaben zur Prüfung begründet liegen. Der GBA prüft offensichtlich umfassender und in Hinsicht auf die Versorgung bei den gesetzlichen Krankenkassen. Nachfragen unsererseits bei der Patientenvertretung im GBA haben keinen Grund zur Annahme gegeben, dass im GBA neue Verfahren einseitig bewertet werden. Dennoch sollte darüber nachgedacht werden, neuen Verfahren einen besseren Zugang zur kassenfinanzierten Versorgung zu schaffen. Die historisch bedingte einmalige Chance, dass die derzeitigen Richtlinientherapien ohne Nutzenbewertung zur allgemeinen Kassenleistung wurden, wird sich bei anderen Therapieverfahren nicht wiederholen lassen. Aber es könnten beispielsweise Modellversuche in Regionen initiiert werden, in denen neue Verfahren, denen durch den wissenschaftlichen Beirat ein Nutzen zugesprochen wird, kassenfinanziert und dann auch in der Versorgung evaluiert und bewertet werden, wenn ihnen die Nutzenevidenz wegen mangelnder Studien durch den GBA abgesprochen wurde. Dadurch könnten sich neue Verfahren in der Praxis bewähren und gleichzeitig könnten mit Versorgungsstudien Vergleiche der unterschiedlichen Verfahren bezüglich ihres Nutzens in verschiedenen Anwendungsbereichen angestellt werden.

Mit Freundlichen Grüßen

Azize Tank