Frage an Bärbel Höhn bezüglich Recht

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Bärbel Höhn
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Frage von Gerhard R. •

Frage an Bärbel Höhn von Gerhard R. bezüglich Recht

Die Entschädigung an die Angehörigen der Opfer der nsu.
Es ist grundsätzlich richtig, wenn Opfer finanziell unterstützt werden. Nur möchte ich anmerken, dass auch Opfer, die durch Gewalttaten von Immigranten zu Tode kamen den gleichen Anspruch haben. Warum wird dieses Thema vernachlässigt?

Bin ganz sicher kein rechter Chaot

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Ritter,

in Deutschland können Opfer von Gewalttaten Ansprüche nach dem Opferentschädigungsgesetz (Voller Titel: Gesetz über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten) geltend machen. Der Leitgedanke ist die Verantwortung des Staates, seine Bürger vor Gewalttaten jedweden Ursprungs zu schützen, da er der Träger des Gewaltmonopols und der Verbrechensverhütung und -bekämpfung ist. Versagt dieser Schutz, so haftet der Staat dem Opfer nach den Voraussetzungen des Opferentschädigunsgesetzes. Auch wenn es hier immer wieder Fälle gab und gibt, die sich einer einfachen Regelung entziehen – beispielsweise waren bis 2009 Straftaten im Ausland nicht erfasst – wird das Thema sicherlich nicht vernachlässigt.
Im Fall der abscheulichen NSU-Mordtaten wiegt das Versagen des Staates beim Schutz vor Gewalttaten besonders schwer. Die bisherigen Erkenntnisse aus dem Untersuchungsausschuss haben ergeben, dass eine Reihe eklatanter Missstände bei den Behörden vorlagen – sonst hätte die Zwickauer Terrorzelle eventuell vor Jahren gefasst und weitere Morde verhindert werden können. Es konnte noch nicht einmal zweifelsfrei der Verdacht ausgeräumt werden, dass die Terrorzelle Unterstützung von staatlich organisierten V-Leuten erhielt. Insofern ist der besondere Entschädigungsanspruch hier absolut begründet, auch wenn er das Leid der Familien sicherlich nicht im Nachhinein mildern kann. In der konkreten Situation nach den Morden litten die Angehörigen nicht nur unter dem Verlust eines Familienmitgliedes – sie waren auch seitens der ermittelnden Behörden zum Teil falschen Verdächtigungen ausgesetzt.
Ich selbst war bei der zentralen Gedenkfeier für die Opfer der NSU-Terrorzelle eingeladen – die Trauer, vor allem aber die Fassungslosigkeit der zum Teil seit Langem in Deutschland lebenden Familien, dass eine solche fremdenfeindliche Mordserie so lange unentdeckt fortgesetzt werden kann, haben mich tief bewegt. Ich hoffe darauf, dass über den Untersuchungsausschuss die noch bestehenden Fragen geklärt werden und vor allem die nötigen Konsequenzen für die Neuorganisation des Verfassungsschutzes gezogen werden. Gesellschaftspolitisch muss der Bekämpfung rechtsextremistischer Gruppen und fremdenfeindlichen Gedankenguts unsere ganze Aufmerksamkeit gelten, um solchen Gewalttaten künftig den Nährboden zu entziehen.

Mit freundlichen Grüßen,
Bärbel Höhn