Frage an Bärbel Höhn bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Bärbel Höhn
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Lothar K. •

Frage an Bärbel Höhn von Lothar K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Höhn,

m. W. ist in einigen Tagen geplant, im Bundestag über ein Gesetz bzgl. der Kommunikationsüberwachung aller(!) Bürger abzustimmen. Als Begründung für diese Überwachung und der damit verbunden Datenspeicherung der Kommunikationskontakte wird die Gefahrenabwehr angeführt. De facto ist es dann so, dass damit alle Bürger unter Generalverdacht stehen.

Ich für meinen Teil empfinde diese "Vorverurteilung" eines jeden Bürgers als nicht hinnehmbar.

Geplant ist, die gesammelten Daten nach einem halben Jahr zu löschen. Aus Erfahrung weiß ich, dass gerade bei der Datenspeicherung mittels der modernen Informationstechnik "nie was verloren geht". Es ist nicht auszuschließen (m. W. sogar auch schon geplant), dass andere Staaten Zugriff auf die Daten erhalten werden. Wie soll hier sichergestellt werden, dass nicht Persönlichkeitsprofile von Bürgern "gehortet" werden?

Meine Fragen:

Wie ist Ihre Meinung zu dem o. g. Sachverhalt?

Tragen Sie eine derartige Einschränkung von Bürgerrechten mit? (Konkret: Wie werden Sie sich bei der Abstimmung im Bundestag verhalten?)

In der Hoffnung und mit der Bitte, dass Sie gegen den geplanten Gesetzentwurf stimmen, verbleibe ich

mit freundlichen Grüßen
Lothar Krüger-Korth

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Krüger-Korth,

den Gesetzentwurf "Vorratsdatenspeicherung" lehnen wir Grüne ab und ich habe selbstverständlich im November dagegen gestimmt. Auf Betreiben der Grünen war die Abstimmung namentlich, so dass alle Abgeordneten in der Angelegenheit Farbe bekennen mussten.
Die Koalition plant ab 2008, die Telefonanbieter, E-Mail- und Internetprovider zur Speicherung aller Daten ihrer Kundinnen und Kunden zu verpflichten, sechs Monate lang ohne konkreten Anlass oder Tatverdacht. Die schwarz-rote Bundesregierung versteckt sich dahinter, mit dem Gesetz nur eine EU-Richtlinie umzusetzen. Dabei hat die Regierung die Richtlinie in Brüssel aktiv mitverhandelt und forciert. Darüber hinaus ist die Rechtmäßigkeit der EU-Richtlinie mehr als zweifelhaft und wird derzeit vom Europäischen Gerichtshof überprüft. Unter Federführung unseres rechtspolitischen Sprechers, Jerzy Montag, ist ein Gruppenantrag initiiert worden. Gemeinsam mit anderen Abgeordneten der Grünen, FDP und Linkspartei wurde darin die Bundesregierung aufgefordert, gegen dieses unlautere Verfahren Klage vor dem Europäischen Gerichtshof zu erheben. Doch Schwarz-Rot weigerte sich, ein klares Zeichen für ein Europa der Rechtsstaatlichkeit zu setzen und legt stattdessen ein Umsetzungsgesetz vor.
Auch an der Verfassungsmäßigkeit der Vorratsdatenspeicherung bestehen erhebliche Bedenken. Zum Glück wird das Bundesverfassungsgericht nicht müde zu betonen, dass die Sammlung von personenbezogenen Daten auf Vorrat zu unbestimmten oder noch nicht bestimmbaren Zwecken mit dem Grundgesetz nicht vereinbar ist. Doch die Koalition stellt sich hier taub. Die Entscheidung des EuGH zu einer Klage Irlands gegen die Richtlinie wird im Frühjahr 2008 erwartet. Wir Grüne halten es für wahrscheinlich, dass die Richtlinie wegen der falschen Kompetenzgrundlage vom EuGH gekippt wird. Dies gilt umso mehr, da der Gerichtshof schon die Fluggastdatenübermittlung "wegen falscher Rechtsgrundlage" gestoppt und damit unsere Rechtsansicht gestärkt hat.
In der Anlage finden Sie zu Ihrer weiteren Information den Fraktionsbeschluss der grünen Bundestagsfraktion vom 10.01.2007 zum Thema Datenschutz.

Mit freundlichen Grüßen
Bärbel Höhn