Frage an Barbara Steffens von Arne V. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrte Frau Steffens,
so wie ich es verstehe, haben Sie sich bisher noch nicht auf den zweiten Absatz der Frage von Frau Lehmann bezogen, nämlich auf das Urteil von 2007, welches die Möglichkeit zur Einstufung als Arzneimittel an weitere Bedingungen knüpft.
Es wäre nett, wenn Sie darauf explizit Stellung beziehen würden.
MfG
Arne Vondran
Sehr geehrter Herr Vondran,
gerne antworte ich auf Ihre Frage:
I. Bundesgesetzliche Grundlage
Die Antwort ergibt sich im Wesentlichen aus unserem Rd.-Erl. vom 16.12.2011 an die nachgeordneten Behörden.
Nach den Vorschriften des AMG sind Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die im menschlichen Körper angewendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung zu beeinflussen, Arzneimittel im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 2 a) AMG (sog. Funktionsarzneimittel). Die Einordnung als Funktionsarzneimittel erfordert nach höchstrichterlicher Rechtsprechung, den wissenschaftlichen Nachweis, dass die physiologischen Funktionen im menschlichen Körper in nennenswerter Weise durch eine pharmakologische, metabolische oder immunologische Wirkung der Inhaltsstoffe beeinflusst werden (BVerwG, Urteil vom 26.05.2009 3 C 5/09).
Nikotin ist eine pharmakologisch wirksame Substanz. Bei nikotinhaltigen Arzneimitteln, die zur inhalativen Anwendung zugelassen wurden, ist davon auszugehen, dass erhebliche Nikotinmengen resorbiert werden. Nikotinhaltige Liquids, die durch Verdampfen zur Inhalation bestimmt sind, unterliegen daher als Funktionsarzneimittel den arzneimittelrechtlichen Regelungen. Werden sie im Voraus hergestellt und in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Packung in den Verkehr gebracht oder werden sie mit industriellen Verfahren oder gewerblich hergestellt (§ 4 Abs. 1 AMG, Fertigarzneimittel), dürfen sie im Geltungsbereich des AMG nur in den Verkehr gebracht werden, wenn sie durch die zuständige Bundesoberbehörde zugelassen sind (§ 21 Abs. 1 AMG).
II. Rechtsprechung
Entgegen des in der Anfrage erweckten Anscheins - der auch hin und wieder in anderen Eingaben zum Ausdruck kommt - gibt es keine höchstrichterlichen oder obergerichtlichen Entscheidungen, die sich ausdrücklich auf E-Zigaretten bzw. Liquids beziehen. Bekannt sind hier lediglich zwei Beschlüsse von Verwaltungsgerichten, die sich in Eilverfahren mit der Thematik beschäftigt haben. Das VG Potsdam hat in seinem Beschluss vom 9.06.2008 - 3 L 115/08 -, juris, eine elektrische Zigarette ausdrücklich als Arzneimittel eingestuft. Das Gericht hat dabei festgestellt, dass die wirkstoffhaltige Nikotinlösung wegen ihrer Wirkungsweise nach allen einschlägigen Begriffsbestimmungen die Definitionsmerkmale eines Funktionsarzneimittels erfüllt. Die Hauptwirkung bei der Anwendung der E-Zigarette liege wegen der bestimmungsgemäßen Aufnahme des Nikotins bei der pharmakologischen Wirkung, die für Nikotin in einschlägigen Lehrbüchern ausführlich beschrieben wird.
III. Zigaretten in die Apotheke?
Tabak unterliegt nicht den arzneimittelrechtlichen Regelungen, da Tabakerzeugnisse vom Arzneimittelbegriff gesetzlich ausgeschlossen sind.
Da niktoinhaltige Liquids keine Tabakerzeugnisse sind, entfällt der Ausschluss. Daher können nikotinhaltige Liquids als Arzneimittel eingestuft werden.
Mit freundlichen Grüßen
Barbara Steffens