Frage an Bernd Neumann von Andreas G. bezüglich Kultur
Sehr geehrter Herr Neumann,
mit Befremden habe ich Ihren Vorstoß zur Begrenzung der Internetauftritte der öffentlich-rechtlichen Sender zur Kenntnis genommen.
Als mündiger Bürger möchte ich die Möglichkeit haben, mich Unabhängig vom gewählten Medium, informieren zu können. Die Beiträge (mal gut, mal schlecht) der ÖR helfen mir dabei, mich politisch zu bilden. Auf das Fernsehen verzichte ich und viele meiner Generation dabei schon seit langem. Das Internet ist das Medium, in dem in Zukunft (und auch jetzt) politische Willensbildung betrieben wird. Die Möglichkeit seine Meinung zu bestimmten Themen kund zu tun und nicht nur Inhalte zu konsumieren eröffnen der Bevölkerung Deutschlands völlig neue Möglichkeiten der Kommunikation und Entfaltung.
Wenn ich dann für gut recherchierte Beiträge meinen Obolus an die GEZ richten muss, dafür aber entsprechende Qualität bekomme, bin ich in jedem Fall für eine Erweiterung der Kompetenzen der ÖR auf das Internet.
Wenn privatwirtschaftlich geführte Institutionen (überwiegend regionale Zeitungen) es bisher noch nicht geschafft habe, sich der neuen Situation anzupassen, sehe ich kein Problem darin diese Zeitungen und Verlage untergehen zu lassen.
Ich werfe ihnen vor, dass Ihnen wirtschaftliche Interessen wichtiger sind als die politische Bildung der Bevölkerung. Fehlende technisches bzw. mediale Kompetenz spreche ich Ihnen nicht ab. Sie handeln, meiner Meinung nach, in vollem Kenntnis der Sachlage. Weiterhin entsteht bei mir der Eindruck, dass sie die privatwirtschaftlichen Verlage und Zeitungen deshalb so unterstützen, weil Ihre politischen Ziele dort (in den vielen regionalen Medien mit schlechter Qualität) unkritischer beleuchtet werden als in unabhängigen Institutionen.
Eine Gefahr für die Demokratie erkenne ich nicht. Die Menschen sind bereit für gute Qualität zu zahlen. Ob das nun für ARD/ZDF so ist, oder für eine Ausgabe der FAZ.
Wieso möchten Sie die Möglichkeiten der Bevölkerung zur Informationsbeschaffung beschneiden?
Sehr geehrter Herr Girlich,
vielen Dank für Ihr Schreiben, in dem Sie die Internetauftritte der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ansprechen und für eine Betätigungsfreiheit der Anstalten unabhängig vom jeweiligen Medium der Übertragung eintreten. Gern nehme ich zu den von Ihnen aufgeworfenen Fragen Stellung.
Öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten werden durch Gebühren der Bürgerinnen und Bürger finanziert. Aufgrund dieser - von allgemeinen Marktmechanismen losgelösten - Form der Finanzierung obliegt es dem Gesetzgeber (in diesem Fall den Ländern) im Rahmen der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts den Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks näher zu definieren und somit auch ein Stück einzugrenzen. Hiervon sind die Internetauftritte der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten nicht ausgenommen. Eine Konkretisierung des Rundfunkauftrags erfolgt durch den Rundfunkstaatsvertrag der Länder. Dieser wird laufend den aktuellen Entwicklungen auf dem Kommunikations- und Informationssektor angepasst, wobei zuletzt auch die Vorgaben der EU-Kommission zur Online-Betätigung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten einzubeziehen waren. Dieser sogenannte „Beihilfekompromiss“ ist Voraussetzung dafür, dass der gebührenfinanzierte Rundfunk mit der Vielzahl seiner hochwertigen Informationsangebote in seiner jetzigen Form Bestand haben konnte. Hieraus folgen allerdings als Vorgaben für den Online-Bereich des öffentlich-rechtlichen Rundfunks das Erfordernis eines programmbegleitenden Charakters der Inhalte und eine Begrenzung der Präsenz im Netz auf in der Regel 7 Tage. Durch ein Prüfverfahren - den sogenannten Drei-Stufen-Test - wird die Legitimität der Online-Angebote überprüft.
Diese von Ihnen kritisierte Beschränkung öffentlich-rechtlicher Internetangebote trage ich mit, denn der Medienpolitik von Bund und Ländern ist sehr daran gelegen, echte Medienvielfalt zu gewährleisten. Hierzu gehört auch, ein Nebeneinander von gebührenfinanzierten und privatwirtschaftlichen Informationsangeboten sicherzustellen. Im Zeitalter der Medienkonvergenz schließt dies einen Handlungs- und Entwicklungsspielraum der Verlage auch für das Internet mit ein. Lösungen zu finden, wie die hohe Qualität der Informationsangebote auch des Printsektors für das Internet gewonnen werden kann, ist mir wichtig und deckt sich im Ergebnis mit Ihrem Anliegen, unabhängig vom gewählten Medium gut informiert zu werden.
** Mit freundlichen Grüßen
Bernd Neumann, MdB
Staatsminister
für Kultur u. Medien