Frage an Bernd Siebert bezüglich Finanzen

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Bernd Siebert
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Frage von Ilona B. •

Frage an Bernd Siebert von Ilona B. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Siebert,

meine Fragen betreffen das SEPA-Begleitgesetz:

1. Warum ist dieses Gesetz notwendig (bei hohen Bewertungsreserven und Rücklagen der Versicherungen)?

2. Wo ist da Rechtssicherheit für die Bürger, die den Apellen der gewählten Vollksvertreter gefolgt sind und mit den klassischen Produkten privat für die Altersvorsorge vorgesorgt haben und denen nun gesetzlich legitimiert weiteres Geld entzogen wird?

3. Warum belässt man nicht alles so, wie es ist? (Die Bürger wären sicher zufrieden, aber die Versicherungslobby?)

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Sehr geehrte Damen und Herren,

nachfolgen die Antworten von Herrn Bernd Siebert MdB:

1. Warum ist dieses Gesetz notwendig (bei hohen Bewertungsreserven und Rücklagen der Versicherungen)?

Das Modell Lebensversicherung ist auf einem „normalen“ Zinsniveau aufgebaut. Dieses Zinsniveau wird jetzt seit Jahren unterschritten, ein Ende der Niedrigzinsphase ist vorerst nicht in Sicht. Die Schuldenkrise hat in Deutschland dazu geführt, dass sichere Wertpapiere, wie z.B. deutsche Staatsanleihen, kaum mehr Ertrag abwerfen. Die Lebensversicherer müssen jedoch diese sicheren Anlagen wählen und dürfen nicht spekulativ vorgehen. Umgekehrt steigen Kurswerte von Staatsanleihen, wenn die Zinsen sinken. Werden demnach Anleihen zu niedrigen Kursen gekauft und hohen verkauft, entstehen Kursgewinne (zusätzlich zu den Zinsen, die der Halter des Wertpapiers ohnehin erhält). Wird jedoch nicht verkauft, muss der dann theoretisch zu erzielende Gewinn trotzdem als Buchgewinn bilanziell vermerkt werden. Dies ist die sogenannte Bewertungsreserve. Sie soll gemäß der gültigen Gesetzeslage anteilig an die Kunden ausgeschüttet werden. Wenn allerdings der Versicherer tatsächlich verkaufen und sich anschließend mit Anleihen zu hohen Kursen wieder eindecken muss, die zudem deutlich weniger Zinsen abwerfen, entsteht über kurz oder lang ein Problem: er kann anderen Versicherten die zugesagten Gewinne nur noch ausschütten, wenn er an die Substanz des Unternehmens geht. Dies kann früher oder später existenzbedrohend für die Versicherungsgesellschaft werden und bringt somit die Gelder vieler Kunden in Gefahr. Verzichtet man hingegen heute auf die Ausschüttung der nur theoretischen Gewinne, stabilisiert man das Modell Lebensversicherung auch für diejenigen, die erst in vielen Jahren ausbezahlt werden.

2. Wo ist da Rechtssicherheit für die Bürger, die den Apellen der gewählten Volksvertreter gefolgt sind und mit den klassischen Produkten privat für die Altersvorsorge vorgesorgt haben und denen nun gesetzlich legitimiert weiteres Geld entzogen wird?

Private Vorsorge ist wichtig. Daran ändern auch die aktuellen Diskussionen nichts. Den Kunden würde bei einer Änderung der Gesetzeslage auch nichts weggenommen, was zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages Bestandteil war. Denn die jetzige schwierige Situation wurde nachträglich geschaffen. Erst seit 2008 werden Kunden von Lebensversicherungen an den Bewertungsreserven beteiligt. Es handelt sich also nur um eine Korrekturmaßnahme einer relativ neuen Regelung, die aufgrund des besonderen Marktumfeldes einer geringen Anzahl an Menschen zugutekommen würde, zulasten vieler anderer.

3. Warum belässt man nicht alles so, wie es ist? (Die Bürger wären sicher zufrieden, aber die Versicherungslobby?)

Wenn man die Gesetzeslage so belässt wie im Moment, haben zwar diejenigen einen Vorteil, deren Versicherung zeitnah ausgezahlt wird. Alle anderen werden jedoch Nachteile erleiden, da die Auszahlung der Bewertungsreserven die Substanz der Lebensversicher angreift. Es geht also auch um eine Gerechtigkeitsfrage: Ist es für den Gesetzgeber hinnehmbar, das wenige einen Vorteil haben, auf Kosten der meisten? Bei einer fairen Darstellung des gesamten Sachverhalts kann man die jetzt diskutierten Änderungen also durchaus vertreten. In der aufgeheizten medialen Stimmung ist es allerdings schwierig, mit sachlichen Argumenten durchzudringen.
Im Vermittlungsausschuss wurde am 26. Februar im Übrigen entschieden, die anteilige Ausschüttung der Bewertungsreserven nicht anzutasten. Ihre Sorgen sind damit vom Tisch. Wie Sie jedoch aus meinen Ausführungen erkennen können, ist die Thematik von grundsätzlicher Bedeutung und bedarf einer langfristigen Regelung. Diese wird jedoch nicht mehr in der laufenden Legislaturperiode in Angriff genommen.

Mit freundlichen Grüßen,

Alexander Renner
- Büroleiter -