Frage an Britta Ernst bezüglich Verkehr

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Frage von Frank L. •

Frage an Britta Ernst von Frank L. bezüglich Verkehr

Liebe Britta Ernst ,

in Hamburger Verkehrsunternehmen, ist es zurzeit gängige Praxis, in Folge der EU-Richtlinie 2001/85/EG über Vorschriften für Fahrzeuge zur Personenbeförderung mit mehr als acht Sitzplätzen und der Straßenverkehrszulassungsordnung von 2005 nur noch jeweils eine/n Rollstuhlfahrer/in zu befördern, da in fast allen Bussen nur ein Rollstuhl-Aufstellplatz in den Fahrzeugpapieren eingetragen ist.

Das führt seit August des letzten Jahres, wie ich auch vor wenigen Tagen auf der Linie 115 miterleben durfte, zu Rollstuhlfahrer/innen diskriminierendem Verhalten der Busfahrer/innen (-unternehmen).
Der Busfahrer weigerte sich einen zweiten Rollstuhlfahrer mitzunehmen. Und als es diesem, mit Unterstützung einzelner Fahrgäste gelang in den Bus zu gelangen, diese hinderten den Busfahrer durch körperlichen Einsatz daran die Rollstuhlrampe hochzuklappen, weigerte sich der Busfahrer cirka 10 Minuten lang weiterzufahren. Erst als die zweite Rollstuhlfahrerin den Bus wieder verließ fuhr der Busfahrer dann weiter.
Der Busfahrer berief sich dabei auf Anweisungen seines Arbeitgebers die ihn zwingen würden so zu handeln.

Ich denke eine sofort umzusetzende Maßnahme währe, wenn es nicht sofort möglich scheint auf allen Buslinien in sämtliche Bussen einen zweiten „sicheren“ Rollstuhlstellplatz einzubauen, dann sollten alle Busunternehmen im ÖPNV sofort verpflichtet werden die Taktzeit ihrer Busse zu halbieren und in „Stoßzeiten“ sogar zu dritteln. Doppelt und dreimal so viele Busse auf allen Linien nützen allen. Und schafft außerdem noch eine Menge Arbeitsplätze.

Was gedenken Sie in der künftigen Bürgerschaft dafür zu unternehmen, dass dieses diskriminierende Verhalten unverzüglich aufhört?
Was gedenken sie weiterhin dafür zu tun, dass Stattteile wie Osdorf (Osdorfer Born) und Steilshop endlich einen S-Bahnanschluss bekommen?

Mit freundlichen Grüßen
Frank Loeding

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SPD

Sehr geehrter Herr Loeding,

mit der so genannten europäischen Busrichtlinie hat die Europäische Union in der Tat die Regelung zur Barrierefreiheit in Bussen konkretisiert und einen Mindestfreiraum für Rollstuhlplätze festgeschrieben. Nach dieser Richtlinie muss in allen Nahverkehrsbussen, die nach dem Stichtag 13.02.2002 zugelassen wurden, mindestens ein Rollstuhlplatz im Fahrzeugbrief ausgewiesen sein. Durch dieses Zusammenwirken der europäischen Busrichtlinie mit der Straßenverkehrszulassungsordnung hat sich die Bewegungsfreiheit von Rollstuhlfahrern im Hamburger öffentlichen Nahverkehr leider enorm verschlechtert.

Wir halten es für eine große Ungerechtigkeit, dass die Mobilität von Rollstuhlfahrerinnen und -fahrern durch diese Richtlinie so massiv eingeschränkt wird, denn in den Hamburger Nahverkehrsbussen ist in der Regel Platz für zwei Rollstuhlfahrer, die üblicherweise bis zum Herbst 2007 auch mitgenommen wurden. Dies ist nun nicht mehr der Fall, und man kann es den Busfahrerinnen und Busfahrern nicht einmal zum Vorwurf machen. Wenn ein Busfahrer zwei Rollstuhlfahrer mitnimmt und es passiert ein Unfall, dann haftet der Busfahrer selbst. Dieses Risiko möchte niemand eingehen.

Wir haben das Problem gesehen und einen Antrag in die Hamburgische Bürgerschaft eingebracht, in dem wir fordern, dass die Nachtverkehrsbusse, die vor dem 13.02.2001 zugelassen wurden, weiterhin zwei Rollstuhlfahrer transportieren dürfen. Unser Antrag wurde im Stadtentwicklungsausschuss am 29.01.2008 diskutiert. Als Ergebnis dieser Ausschusssitzung ist der Senat aufgefordert, sich dafür einzusetzen, dass Busse einen zweiten Rollstuhlfahrer dann befördern dürfen, wenn beide Rollstuhlfahrer sich quer zur Fahrtrichtung vor der Prallfläche aufstellen.

Außerdem wird eine kurzfristige Umrüstung der Busse, für die diese Richtlinie gilt, gefordert. Weiter wird der Senat aufgefordert, sich umgehend auf Bundesebene für geeignete gesetzliche Maßnahmen, wie z. B. für eine Änderung des § 34 a Abs. 1 StVZO, einzusetzen.

Wir hoffen, dass sich dank dieser Maßnahmen die aktuelle Verschlechterung der Lage der Rollstuhlfahrerinnen und -fahrer wieder beseitigen lässt.

Mit freundlichen Grüßen
Britta Ernst