Frage an Burkhard Lischka bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Burkhard Lischka
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Frage von Wolfgang R. •

Frage an Burkhard Lischka von Wolfgang R. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Lischka,

was sagen Sie zur Integration?

Wieso können in Deutschland Moscheen gebaut werden?

Was sagen Sie zum Buch von Thilo Sarrazin?

MfG

W. Rust

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Rust,

vielen Dank für Ihre Frage vom 16. Oktober, in der Sie das aktuelle Thema Integration aufgreifen.
Die aktuelle Integrationsdebatte ist leider teilweise durch mangelnde Sachlichkeit gekennzeichnet. Wir erleben derzeit, dass Ängste und Sorgen auf bestimmte Ethnien und „den Islam“ insgesamt projiziert werden, Ressentiments gegenüber allen Muslimen zunehmend und undifferenziert öffentlich ausgesprochen werden. Inzwischen betreiben auch im politischen Bereich einzelne Akteure eine derartige Stigmatisierung ganzer Bevölkerungsgruppen. Wird dann noch versucht, dies durch „Gen- oder Rassentheorien“ zu untermauern, trägt eine solche Diskussion nicht zur sachlichen Problemlösung bei.
Meines Erachtens kann ein demokratischer Staat wie die Bundesrepublik, der auf den Menschenrechten basiert, Äußerungen und Veröffentlichungen, die die pauschale Ausgrenzung und Diskriminierung von Menschen forcieren, nicht hinnehmen. Sie vergiften den gesellschaftlichen Zusammenhalt in unserem Land.

Meine Partei steht für eine freie, gerechte und solidarische Gesellschaft. Herkunft darf kein Schicksal sein – das ist Anspruch der SPD seit ihrer Gründung 1863. Wir wollen gemeinsam mit allen Menschen in diesem Land sozialen Zusammenhalt solidarisch gestalten. Das bedeutet, dass Menschen, die zu uns kommen, selbstverständlich auch die Chance haben müssen, Teil unserer Gesellschaft zu werden. Die permanente Unterteilung in „wir“ und „die Anderen“ lehnen wir ab. Veröffentlichungen und Äußerungen, die diese Spaltung pauschal unterstreichen, sind meines Erachtens mehr als kontraproduktiv.
Für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten verläuft die Trennlinie nicht allgemein zwischen „Deutschen“ und „Migrantinnen und Migranten“, sondern es geht darum, ob Menschen gemeinsam demokratisch und solidarisch die Gesellschaft auf der Grundlage unserer Verfassung gestalten wollen. Ist die Bereitschaft bei muslimischen Migrantinnen und Migranten gegeben, können hier lebende Muslime auch Moscheen errichten und ihre Religion ohne Angst vor Beeinträchtigungen praktizieren. Das ergibt sich bereits aus der verfassungsrechtlich garantierten Religionsfreiheit. Der Politik, dem Staat und seinen Institutionen kommt hierbei eine wichtige Funktion zu: Wir müssen Maßstäbe setzen. Nach meinem Verständnis ist es unsere Aufgabe, für die Überwindung der sozialen Ungleichheit den entsprechenden fördernden Rahmen zu schaffen, Regeln zu definieren und über ihre Einhaltung zu wachen.

Die SPD hat auf ihrem Bundesparteitag am 26. September 2010 die Resolution „Herkunft darf kein Schicksal sein!“ beschlossen. Darin plädieren wir auch dafür, die Augen nicht vor den Problemen und Konflikten der Integration zu verschließen. Viele drängende Probleme, die wir heute lösen müssen, wie beispielsweise schlechte Schulleistungen, fehlende Schulabschlüsse, Arbeitslosigkeit und der Rückzug in geschlossene Lebenswelten betreffen Deutsche sowie Migrantinnen und Migranten. Sie bedürfen einer Politik, die den sozialen Zusammenhalt unserer Gesellschaft insgesamt befördert.
Integration kann allerdings keine Einbahnstraße sein. Wir erwarten, dass die gebotenen Chancen auch ergriffen werden. Wer dauerhaft zu uns kommt, hat auch die Pflicht, einen eigenen Beitrag zur Integration in die Gesellschaft zu leisten, z.B. durch die Teilnahme an Integrationskursen.

Herzliche Grüße
Ihr Burkhard Lischka