Frage an Christel Riemann-Hanewinckel bezüglich Senioren

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Christel Riemann-Hanewinckel
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Frage von Hartwig P. •

Frage an Christel Riemann-Hanewinckel von Hartwig P. bezüglich Senioren

In letzter Zeit wird viel über Altersarmut, sinkende Altersrenten und die Erhöhung des Rentenalters diskutiert.
Aber wie steht es um die Angleichung der Rentenwerte alte und neue Bundesländer?
Dieses Problem wurde weder in der rotgrünen Bundesregierung noch jetzt in der schwarzroten Koalition als zumindest in einem absehbaren Zeitraum zu lösende Schwerpunktaufgabe thematisiert.
Mit der letzten Rentenerhöhung zum 01.07.2007 sind die Rentenwerte auf 26,26 € (alte BL) bzw. 23,09 € (neue BL) gestiegen.
Gleichzeitig stieg ebenfalls die Diffrenz leicht von 3,16 € auf 3,18 €.
Am 01.07.1991 betrug die Differenz noch 10,39 €, am 01.07.1995 5,06 € und seit dem 01.07.2002 verharrte sie bei 3,16 €.
Wenn man berücksichtigt, daß geringere beitrafspflichtige Einkommen in den neuen Bundesländern schon automatisch geringere Entgeltpunkte als in den alten Bundesländern zur Folge haben, führen die geringeren Rentenwerte auch zu dauerhaft spürbaren Renteneinbußen.
Wie wollen Sie dieses wichtige Problem bis zur nächsten Bundestagswahl thematisieren?
Bis wann müssen die jetzigen und künftigen Rentner in den neuen BL die nun sogar wieder größere Differenz hinnehmen?
Eine Differenzierung der letzten kleinen Rentenanpassung hätte wenigstens die bisherige Differenz von 3,16 € erhalten. Dazu hätte man nur
die Rentenanpassung neue BL leicht auf 0,6 % erhöhen müssen.
Als Finanzierung hierfür kämen sicher viele Möglichkeiten in Betracht.

MFG
H. Puy

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SPD

Sehr geehrter Herr Puy,

vielen Dank für Ihre Frage, die mir und meinen Kolleginnen und Kollegen in dieser oder ähnlicher Form häufig gestellt wird. Auch bei meinen Gesprächen im Wahlkreis begegnet mir dieses Thema immer wieder. Und ich kann die Unzufriedenheit mit der Situation sehr gut verstehen. Zumal ja diejenigen, die jetzt schon Rente beziehen, meist neben der gesetzlichen Rente keinerlei andere Einkünfte haben, während sich die Jüngeren durch private bzw. öffentlich geförderte Altersvorsorge um zusätzliche Absicherung bemühen können.

Um der komplexen Problematik gerecht zu werden, halte ich es für sinnvoll, zuerst einmal auf die aktuelle Situation und die bestehenden Regelungen einzugehen:

Zur Beurteilung der wirtschaftlichen Situation der Altersrentnerinnen und Altersrentner ist der alleinige Vergleich der durchschnittlichen Rentenhöhe in den alten und in den neuen Bundesländern irreführend. Denn während in den alten Bundesländern über die Hälfte der Altersrentnerinnen und Altersrentner über zusätzliche Alterseinkünfte verfügen, sind in den neuen Bundesländern ca. 98 Prozent von ihnen allein auf die gesetzliche Rente angewiesen.

Unter Einbeziehung aller Einkunftsarten hat sich die wirtschaftliche Situation der Rentnerinnen und Rentner ausweislich der Anfang Juni 2005 vorgestellten Studie "Alterssicherung in Deutschland 2003" (ASID 2003) verbessert. So stieg das durchschnittliche Nettoeinkommen von Senioren zwischen 1999 und 2003 um 11 Prozent. Es lag demnach 2003 bei 1.641 Euro im Westen und 1.477 Euro im Osten. Hier sind alle Einkünfte und alle Berufsgruppen berücksichtigt und nicht nur die Renten der gesetzlichen Rentenversicherung. Aufgeschlüsselt nach Haushaltstypen haben Ehepaare in den alten Ländern laut dieser Studie durchschnittlich 2.211 Euro, in den neuen Ländern 1.938 Euro zur Verfügung.

Die durchschnittlichen verfügbaren Versichertenrenten liegen in den neuen Bundesländern bereits seit dem 1. Juli 1995 über den Vergleichsrenten in den alten Ländern. Nach den aktuellen Zahlen des Verbandes Deutscher Rentenversicherungsträger (VDR) lag zum 1.1.2004 die Durchschnittsrente für Versicherte/Männer bei 1.064 Euro in den alten und bei 1.126 Euro in den neuen Bundesländern. Versicherte/Frauen bekamen eine durchschnittliche Rente von 524 beziehungsweise 722 Euro.

Basis für die Anpassung der Renten in der gesetzlichen Rentenversicherung ist weiterhin die Entwicklung der Löhne und Gehälter der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, daran hat auch die Änderung der Rentenanpassungsformel an die demografische Entwicklung nichts geändert. Diese noch heute von allen gewollte lohnorientierte Anpassungsmethodik ist – seit sie im Jahr 1957 mit Zustimmung aller Parteien und der Sozialpartner eingeführt wurde – ein elementarer Bestandteil der gesetzlichen Rentenversicherung. Die Rentnerinnen und Rentner nehmen damit an der wirtschaftlichen Entwicklung teil, wie sie in der Lohnentwicklung zum Ausdruck kommt. Sie können allerdings auch keine günstigere Einkommensentwicklung erwarten.

Die Bestimmung des aktuellen Rentenwerts in den alten Ländern berücksichtigt:

– die Veränderung der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer (ohne Personen in Arbeitsgelegenheiten mit Entschädigungen für Mehraufwendungen nach der Systematik der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen) im Jahr 2006 gegenüber dem Jahr 2005 um 0,98 Prozent, wobei die Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer des Jahres 2005 an die Veränderung der Einnahmen der gesetzlichen Rentenversicherung (Verhältnis der Veränderung der beitragspflichtigen Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer ohne Beamte einschließlich der Bezieher von Arbeitslosengeld zu der Veränderung der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer gemäß der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung vom Jahr 2004 zum Jahr 2005) angepasst werden,

– die Veränderung bei den Aufwendungen für die geförderte private Altersvorsorge (Altersvorsorgeanteil) des Jahres 2006 gegenüber dem Jahr 2005 mit 0,5 Prozent und

– den Nachhaltigkeitsfaktor mit 1,0019.

Der durchschnittliche Beitragssatz in der allgemeinen Rentenversicherung des Jahres 2006 von 19,5 Prozent hat sich gegenüber dem des Jahres 2005 nicht verändert. Für die Bestimmung des aktuellen Rentenwerts zum 1. Juli 2007 war daher der Beitragssatz in der allgemeinen Rentenversicherung rechnerisch ohne Auswirkungen.

Auf dieser Basis erhöhte sich der bis zum 30. Juni 2007 maßgebende aktuelle Rentenwert ab dem 1. Juli 2007 von 26,13 Euro auf 26,27 Euro. Dies entsprach einem Anpassungssatz von 0,54 Prozent.

Der Rentenwert (Ost) verändert sich zum 1. Juli eines Jahres nach dem für die Veränderung des aktuellen Rentenwerts geltenden Verfahren. Maßgebend ist die Entwicklung der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer (ohne Personen in Arbeitsgelegenheiten mit Entschädigungen für Mehraufwendungen nach der Systematik der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen) in den neuen Ländern, wobei die Entwicklung der Einnahmen der gesetzlichen Rentenversicherung in den neuen Ländern Berücksichtigung findet. Die Bestimmung des aktuellen Rentenwerts (Ost) berücksichtigte die Veränderung der Bruttolöhne und -gehälter im Jahr 2006 gegenüber dem Jahr 2005 um 0,49 Prozent.

Die durchschnittlichen Beitragssätze zur allgemeinen Rentenversicherung in den Jahren 2005 und 2006, die Veränderung des Altersvorsorgeanteils und der Nachhaltigkeitsfaktor sind bundeseinheitliche Werte. Insoweit gelten die gleichen Werte wie bei der Ermittlung des aktuellen Rentenwerts.

Auf dieser Basis hätte sich der bis zum 30. Juni 2007 maßgebende bisherige aktuelle Rentenwert (Ost) von 22,97 Euro auf 22,98 Euro erhöht. Dies hätte einem Anpassungssatz von 0,04 Prozent entsprochen.

Der aktuelle Rentenwert (Ost) ist jedoch mindestens um den Prozentsatz anzupassen, um den der aktuelle Rentenwert angepasst wird. Der aktuelle Rentenwert (Ost) wird daher um 0,54 Prozent angepasst. Der aktuelle Rentenwert (Ost) beträgt somit seit 1. Juli 2007 23,09 Euro. Weitergehende Ausnahmeregelungen für die neuen Bundesländer sind nicht vorgesehen.

Die in der Vergangenheit auch von gewerkschaftlicher Seite erhobene Forderung nach einer Abkopplung der Rentenentwicklung in den neuen Ländern von der Lohnentwicklung in diesem Gebiet verkennt das Sicherungsziel und die Systematik der gesetzlichen Rentenversicherung. Die Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung sind vor allem darauf gerichtet, das während des Berufslebens versicherte Einkommen in bestimmten Umfang zu ersetzen. Die Angleichung der Renten in den neuen Ländern ist deshalb von der tatsächlichen Angleichung der Löhne der aktiv Beschäftigten in den neuen Ländern abhängig. Im Jahr 2005 betrug der aktuelle Rentenwert Ost 22,97 Euro. Damit lag er um 12 % niedriger als der aktuelle Rentenwert West mit 26,13 Euro. Bei den Löhnen ist der Unterschied noch größer. Nach den aktuellen Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen des Statistischen Bundesamtes betrugen die durchschnittlichen Verdienste (Bruttolöhne und – gehälter je Arbeitnehmer) in den neuen Ländern im Jahr 2005 21.174 Euro. Damit sind die Löhne um 23 % geringer als die in den alten Ländern (27.353 Euro). Da die Renten grundsätzlich den Löhnen folgen, ist von daher bereits eine "Besserstellung" der Ost-Rentner gegeben.

Richtig ist, dass die Renten in den neuen Ländern in den ersten Jahren nach der Rentenüberleitung eine deutlich stärkere Dynamik auswiesen. Dies lag jedoch an den wesentlich stärkeren Lohnsteigerungen der ersten "Nachwendejahre". Wir dürfen dabei nicht vergessen, dass die Löhne sich von einem recht niedrigen Niveau aufwärts entwickelt haben. Wenn die Löhne und Gehälter der Arbeitnehmer in den neuen Ländern jetzt nicht mehr entsprechend einem in der Vergangenheit gewohnten Tempo steigen, kann sich auch für die Rentenbezieher in den neuen Ländern keine günstigere Einkommensentwicklung ergeben.

Im Übrigen hat der Gesetzgeber auf die sich immer stärker annähernde Lohnentwicklung in alten und neuen Ländern reagiert. Mit dem RV-Nachhaltigkeitsgesetz wurde die oben bereits genannte Regelung eingeführt, wonach die Renten in den neuen Ländern mindestens so hoch anzupassen sind wie die Renten in den alten Ländern, um zu verhindern, dass sich bei einer nicht auszuschließenden schlechteren Lohnentwicklung in den neuen Ländern der Angleichungsprozess umkehrt.

Der von den Gewerkschaften vorgeschlagene Stufenplan führt nach aktuellen Daten zwar zu einer rascheren Angleichung der Renten in den neuen Ländern aber auch zu erheblichen zusätzlichen Kosten. Die Finanzierungsvorschläge der Gewerkschaften berücksichtigen die Folgewirkungen für Beschäftigte in den neuen Ländern, die Rentnerinnen und Rentner in den alten Ländern sowie Steuerzahler nicht oder nur unzureichend. Eine Rechtsänderung, in deren Folge die „Ostrenten“ ein noch günstigeres Verhältnis zum Lohnniveau in den neuen Ländern erreichen, wäre zudem verfassungsrechtlich problematisch und auch im Zusammenhang mit der Zustimmungsbedürftigkeit einer derartigen Gesetzgebung im Bundesrat kaum zu erwarten.

Mit freundlichen Grüßen

Christel Riemann-Hanewinckel