Frage an Christian Carstensen bezüglich Recht

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Christian Carstensen
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Frage von Rainer H. •

Frage an Christian Carstensen von Rainer H. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Christian Carstensen
wie ich gesehen habe habe Sie für das BKA Gesetz gestimmt.
Haben Sie sich ernsthaft über die Folgen die dieses Gesetz für die Deutsche Bevölkerung hat Gedanken gemacht?
Ich bin von Beruf Systemadministrator und betreue in Firmen deren Netzwerke . Da hierbei auch Sicherheitsrelevante Punkte mit beinhaltet sind , glaube ich das ich mich schon aus Berufs Gründen mit diesem Thema auseinander setzen muss. Gerade das Thema Datenschutz ist ein sehr wichtiger Bestandteil meiner Arbeit. Wie der Einsatz der EDV im Hamburger Rathaus gehandelt wird habe ich aus eigener Erfahrung mitbekommen. Ich war nämlich mal auch Systemadministrator in der Bürgerschaftskanzlei und habe alle Mitarbeiter der Bürgerschaftskanzlei bei EDV Problemen unterstützt. Insbesondere kann ich mich daran erinnern das eine Fraktion das Administrator Konto auf ihrem Server gelöscht hat und dann arge Probleme hatte irgend etwas am System noch zu ändern. Sie können mir also gerne glauben das ich vom Fach bin . Dieses BKA Gesetz für das Sie gestimmt haben untergräbt jeglichen Datenschutz . Ich bitte Sie diesbezüglich Stellung zu nehmen warum Sie dafür gestimmt haben. Des weiteren haben Sie auch für die Voratsdatenspeicherung gestimmt , auch hierzu bitte ich Sie einmal Stellung zu nehmen. Sollten Sie EDV technische Probleme oder Fragen haben stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Rainer. H

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Hoga,

vielen Dank für Ihre Frage zu meiner Zustimmung zum BKA-Gesetz (Abstimmung: 12.11.2008) und zur Vorratsdatenspeicherung (Abstimmung: 27.11.2007).

Beim BKA-Gesetz ging es um die Frage, wie unter Berücksichtigung der Persönlichkeitsrechte der Bürgerinnen und Bürger die Abwehr terroristischer Gefahren sichergestellt werden kann. Dies habe ich mit meinen Kolleginnen und Kollegen in der SPD-Bundestagsfraktion in den letzten Monaten ausführlich diskutiert.

Die SPD-Bundestagsfraktion hat dabei in genauer Befolgung der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) in den letzten Wochen eine Lösung erarbeitet, die den verfassungsrechtlich gebotenen Datenschutz gewährleistet. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wird im Wesentlichen die Online-Durchsuchung geregelt, welche das BVerfG im Februar 2008 grundsätzlich für zulässig erklärt hatte.

Das BKA-Gesetz sieht ein zweistufiges Verfahren bei der Online-Durchsuchung vor, das der Privatsphäre bei der Online-Durchsuchung Genüge tun soll:

Im ersten Schritt muss ein Richter die Online-Durchsuchung anordnen. Sollen dann Daten mittels einer Online-Durchsuchung erhoben werden, überprüfen zwei BKA-Beamte und der unabhängige Datenschutzbeauftragte des BKA, ob der Kernbereich privater Lebensgestaltung verletzt wird. Eine Überwachung muss unterbrochen werden, wenn der Kernbereich des Privatlebens betroffen ist. Aufzeichnungen, die diesen Bereich betreffen, sind unverzüglich zu löschen, Erkenntnisse dürfen nicht verwertet werden. Bestehen Zweifel, ob Daten diesem Bereich zuzurechnen sind, sind diese zu löschen oder dem anordnenden Gericht zur Entscheidung vorzulegen. Das Erfassen und Löschen von Daten muss dokumentiert werden.

Aus meiner Sicht gibt es vor diesem Hintergrund keinen Anlass zur Sorge, dass das BKA-Gesetz einen unverhältnismäßigen Grundrechtseingriff darstellt. Daher habe ich dem Gesetz zugestimmt.

Zur Vorratsdatenspeicherung:

Das Gesetz, vom Deutschen Bundestag im November 2007 verabschiedet, setzt eine EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung in deutsches Recht um und sorgt für grundrechtswahrende Verfahrenssicherungen bei heimlichen Ermittlungsmaßnahmen.

Auch hier hat die SPD-Bundestagsfraktion im Bewusstsein der Verantwortung für eine wirksame Kriminalitätsbekämpfung die Verpflichtung für Bürgerrechte ernst genommen und dafür Sorge getragen, dass die EU-Vorgaben so grundrechtsschonend wie möglich gestaltet wurden. So ist es Deutschland gegen den Widerstand vieler anderer Mitgliedstaaten gelungen, dass die Mindestspeicherungsdauer auf sechs Monate (statt der ursprünglich auf EU-Ebene diskutierten 36 Monate) beschränkt wurde. Dies ist ein vom Deutschen Bundestag wirksam unterstützter Verhandlungserfolg der Bundesregierung auf EU-Ebene.

Die wegen der Umsetzung künftig zu speichernden Daten sind im Wesentlichen die Verkehrsdaten, die von den Telekommunikationsunternehmen schon heute üblicherweise zu Abrechnungszwecken gespeichert werden. Neu hinzu kommt nur, dass bei der Mobilfunktelefonie auch der Standort (Funkzelle) bei Beginn der Mobilfunkverbindung gespeichert wird. Daten, die Aufschluss über den Inhalt der Kommunikation geben, dürfen dagegen nicht gespeichert werden.

Daten, die bei der Kommunikation über das Internet anfallen, müssen nach der EU-Richtlinie künftig ebenfalls gespeichert werden. Dabei speichert das Telekommunikations-Unternehmen lediglich, welchem Teilnehmeranschluss eine bestimmte Internetprotokoll-Adresse (IP-Adresse) zu einem bestimmten Zeitpunkt zugewiesen war sowie die Daten über die E-Mail-Versendung, nicht dagegen, welche Internetseiten besucht wurden oder welchen Inhalt eine E-Mail hatte.

Wie bisher schon können Polizei und Staatsanwaltschaft grundsätzlich nur dann auf die Daten zugreifen, wenn dies zuvor durch einen richterlichen Beschluss erlaubt wurde.

Für alle verdeckten Ermittlungsmaßnahmen gilt darüber hinaus eine Reihe von Verfahrensregelungen, die den Grundrechtsschutz aller, die von verdeckten Ermittlungsmaßnahmen betroffen sind, verbessern: U.a. gibt es einen Richtervorbehalt bei allen eingriffsintensiven verdeckten Ermittlungsmaßnahmen, umfassende gerichtlich kontrollierte Benachrichtigungspflichten, die Einführung eines nachträglichen Rechtsschutzes sowie die Einführung von einheitlichen Kennzeichnungs-, Verwendungs- und Löschungsregelungen der erfassten Daten.

Die SPD-Bundestagsfraktion hat in den parlamentarischen Beratungen zur Vorratsdatenspeicherung dafür Sorge getragen, dass der Einsatz verdeckter Ermittlungsmaßnahmen zum Zweck der Kriminalitätsbekämpfung und zum Schutz vor schweren Straftaten mit hohen, grundrechtssichernden Schwellen verknüpft ist.

Ich habe daher diesem Gesetz im November 2007 zugestimmt, da viele meiner im Vorwege vorhandenen Befürchtungen bei näherer Betrachtung ausgeräumt werden konnten.

Ich hoffe, Sie können diese Entscheidungen nach dem oben Erwähnten nachvollziehen.

Mit freundlichen Grüßen

Christian Carstensen