Frage an Christian Wulff von Walter R. bezüglich Umwelt
Sehr geehrter Herr Wulff,
für die im Schutz der Deiche lebenden Menschen an der Unterelbe ist Ihre Position zur umfangreichsten Elbvertiefung aller Zeiten u. a. aus folgenden Gründen von großer Bedeutung:
• Der Einfluss der schiffserzeugten Belastungen auf die Deichsicherheit sowie die Ursachen der seit der letzten Elbvertiefung aufgetretenen Deichschäden sind ungeklärt und ein Zusammenhang ist wahrscheinlich. Die diesbezüglichen Gutachten der Bundesanstalt für Wasserbau (BAW) und der IMS Ingenieurgesellschaft mbH weisen diesbezüglich gravierende Mängel auf.
• Durch die Elbvertiefung werden die Sturmflutwasserstände in der Elbe erhöht. Laut neuestem Weltklimabericht der Vereinten Nationen ist ein noch stärkerer Anstieg des Meeresspiegels als bisher angenommen nicht mehr zu verhindern. Dies wurde im Planfeststellungsverfahren nicht berücksichtigt. Die kumulierten Auswirkungen führen zu einer erheblichen zusätzlichen Erhöhung der Sturmflutwasserstände in der Elbe mit möglicherweise verheerenden Folgen.
• Die Containerschiffe mit 350 m Länge, 46 m Breite und 14,5 m Tiefgang, für die die Elbe vertieft werden soll, laufen Hamburg bereits im Linienverkehr problemlos an.
Dies vorangestellt, bitten wir um eindeutige Antworten auf diese Fragen:
1. Welche Aussagen zur geplanten Elbvertiefung werden im Wahlprogramm Ihrer Partei gemacht?
2. Sehen Sie oder Ihre Partei einen Bedarf für eine weitere Elbvertiefung?
3. Werden Sie neue Untersuchungen zur Klärung der Deichsicherheit durch unabhängige Gutachter von der künftigen Landesregierung fordern?
4. Ist eine weitere Elbvertiefung vor dem Hintergrund des Klimawandels aus Ihrer Sicht zu verantworten?
5. Sollte die Niedersächsische Landesregierung ihr Einvernehmen zur Elbvertiefung geben oder dieses versagen?
6. Sollte diese Entscheidung vom Niedersächsischen Landtag getroffen werden?
7. Wird ein Deutsches Seehafenkonzept unter Berücksichtigung ökologischer und ökonomischer Gesichtspunkte als notwendig erachtet?
MfG
Walter Rademacher
Sehr geehrter Herr Rademacher,
Gerne beantworte ich Ihnen Ihre Fragen im Namen der von Ihnen angeschriebenen Abgeordneten der CDU-Landtagsfraktion und CDU-Landtagskandidaten wie folgt:
1. Im Regierungsprogramm 2008-2013 der CDU in Niedersachsen heißt es auf Seite 46: "Gegen die geplante Vertiefung der Elbe haben wir aus Gründen der Deichsicherheit sowie der Folgen für Natur und Landschaft schwerwiegende Bedenken. Ohne verlässliche Bewertung früherer Elbvertiefungsmaßnahmen und Ausräumung aller berechtigten Einwände kann das Land kein Einvernehmen zur Vertiefung der Elbe herstellen."
2. Das Bundesverkehrsministerium hat einen Bedarf für eine weitere Elbvertiefung ermittelt. Ob dieser Bedarf tatsächlich vorliegt, ist umstritten. Aus Sicht der Hamburger Hafenwirtschaft mag es einen Bedarf geben. Der Hafen ist ein Motor der wirtschaftlichen Entwicklung und ein wichtiger Arbeitgeber. Aber bei objektiver Betrachtung kann der Fluss nicht beliebig weiter ausgebaggert werden. Die Natur setzt Grenzen.
3. Ich bin dafür, dass es diese neuen Untersuchungen durch unabhängige Gutachter im Rahmen des laufenden Planfeststellungsverfahrens gibt.
4. Eine weitere Elbvertiefung sehe ich sehr kritisch. Ökologische Belange und vor allem die Deichsicherheit müssen berücksichtigt werden. Prognosen über stärkere Sturmfluten mit höheren Hochwasserständen berücksichtigt die Landesregierung bereits bei den Planungen zur Erhöhung der Deiche.
5. Die Landesregierung hat das notwendige Einvernehmen nach §§ 4 und 14 Abs. 3 des Bundeswasserstraßengesetzes zu erteilen. Sie darf dabei nur prüfen, ob Belange der Landeskultur und der Wasserwirtschaft beeinträchtigt sind. Sind diese Belange verletzt, wird die Landesregierung im Interesse der betroffenen Menschen in der Unterelbe-Region das Einvernehmen verweigern. Diese Möglichkeit hat sie nach geltendem Recht aber erst am Ende des Planfeststellungsverfahrens, und nicht schon vorher. Wer etwas anderes fordert, offenbart damit seine Unkenntnis.
6. Nach § 14 Abs. 3 Bundeswasserstraßengesetz hat das Einvernehmen die zuständige Landesbehörde zu treffen. Nach geltender Rechtslage kann der Landtag also diese Frage gar nicht entscheiden. Er kann aber Empfehlungen aussprechen. Die Landesregierung hat den Landtag bereits jetzt umfassend an der Meinungsbildung beteiligt und wird dies auch zukünftig tun. Sie handelt vollständig auf der Grundlage der empfehlenden Beschlüsse des Landtags.
7. Wir müssen weg von den regionalen Egoismen und brauchen endlich ein abgestimmtes Infrastrukturkonzept für die Seehäfen. Die Deutsche Bucht muss künftig als ein einheitlicher Hafen- und Wirtschaftsraum betrachtet werden.
Mit freundlichen Grüßen
Christian Wulff