Frage an Christiane Gleissner bezüglich Europapolitik und Europäische Union

Christiane Gleissner
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Frage von Christine K. •

Frage an Christiane Gleissner von Christine K. bezüglich Europapolitik und Europäische Union

Sehr geehrte Frau Dr. Gleissner,

in der Zeitschrift „Die Welt“ http://www.welt.de/politik/deutschland/article127410715/Flut-auslaendischer-Kindergeldantraege-unterschaetzt.html lese ich, dass für eine Vielzahl von nicht in Deutschland lebender Kinder Kindergeld gezahlt werden muss.
Hessische Städte wie Offenbach, Hanau und Frankfurt sind pleite. Dasselbe gilt für den Main-Kinzig-Kreis. Das liegt, wenn man den Bürgermeistern und Landräten glauben darf, auch daran, dass der Bund den Ländern immer mehr Aufgaben zuweist (Kitas, Aufnahme von Asylsuchenden u.v.m.), diese aber nicht gegenfinanziert. In unseren Städten, Kommunen und Bundesländern fehlen die finanziellen Mittel an allen Ecken und Enden. Schulen sind baufällig, Straßen, Brücken und Schleusen ebenfalls. Schwimmbäder werden geschlossen und sogar von Ehrenamtlichen aufrecht erhaltene Vereine (der Kitt unserer Gesellschaft, bspw. die Sportvereine) können nicht mehr unterstützt werden.

Nach dem Inhalt des Artikels krankt die finanzielle Situation nicht mehr alleine an der fehlenden Gegenfinanzierung durch den Bund, vielmehr wird jetzt sogar vom Europäische Gerichtshof (EuGH) über die Verteilung der deutschen Steuergelder entschieden. Welche Lösung sehen Sie für das Problem, dass uns einerseits das Geld dort, wo der Bürger direkt betroffen ist, fehlt, andererseits unsere Steuermittel als direkte Unterstützung für ausländische Familien, die nicht hier leben, aufgewandt werden?

Wie ist es zu erklären, dass der Europäische EuGH Entscheidungen fällt, die die Entscheidungen deutscher Familienkassen aufheben? Braucht es überhaupt noch innerdeutsche Behörden wie hier im Beispiel die Familienkassen, wenn deren Entscheidungen dann schlussendlich doch keine Relevanz haben?
Ich danke Ihnen im Voraus für Ihre Antwort!

Mit freundlichem Gruß

Christine Kirchhoff

Antwort von
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Sehr geehrte Frau Kirchhoff,

Ihre Frage berührt einen wichtigen Punkt, nämlich den nach der Macht, die wir den europäischen Institutionen innerhalb der Europäischen Union geben wollen, und welche Dinge durch die EU geregelt werden sollten.

Sie fragen zu Recht, warum ein Europäischer Gerichtshof in einer Sache ein Urteil fällen darf, das empfindliche Konsequenzen für die Verwendung des Geldes deutscher Steuerzahler hat. Die Vorgeschichte dieses Rechtsstreites, der in einem Urteil sein Ende fand, das viele Bürger nicht verstehen, steht exemplarisch für die vielen Dinge, die ich an der Europäischen Union, so wie sie sich entwickelt, als kritikwürdig und reformbedürftig empfinde.

Hier hat sich nämlich der Bürger eines Mitgliedsstaates der Europäischen Union durch alle Instanzen geklagt - das ist sein gutes Recht - und der Europäische Gerichtshof hat mit seinem Spruch alle Urteile der (nationalen) Vorinstanzen für nichtig erklärt, und das in einer Sache, wo man durchaus darüber streiten kann, ob dies in die Kompetenz der Europäischen Gerichtshofes fällt.

Die AfD tritt dafür ein, dass die Ausgestaltung des Steuerrechts und des Sozialsystems Angelegenheiten sind, die nur durch die nationalen Parlamente zu regeln sind. Über die Rechtmäßigkeit dieser Gesetze haben dementsprechend nationale Gerichte (also das Bundesverfassungsgericht als oberste Instanz) zu entscheiden, nicht der Europäische Gerichtshof. Sie setzt sich außerdem ein für eine Neuordnung der Rechtsgrundlage der Europäischen Gerichtshofes, der aktiv zentralisierende Tendenzen befördert. Dies ist an dem von Ihnen angeführten Urteil und den Konsequenzen für den deutschen Staat und die deutschen Bürger und Steuerzahler, die von den Richtern völlig außer acht gelassen wurden, gut erkennbar.

Auch muss ganz deutlich gesagt werden, dass sich die Richter in der Sache selbst wohl nur wenig Mühe gegeben haben, die Grundlage und die Intention des deutschen Kindergeldes nachzuvollziehen. Dabei handelt es sich nämlich nicht um eine milde Staats-Gabe, sondern um die steuerliche Freistellung des Existenzminimums eines Kindes. Dass dieses Existenzminimum in Deutschland einem ganz anderen Geldbetrag entspricht als in anderen Ländern mit anderen Lebenshaltungskosten, liegt doch auf der Hand, und wird unterstrichen durch die Höhe des Kindergeldes in anderen europäischen Ländern. So beträgt das Kindergeld in Deutschland derzeit EUR 184, in Polen beispielsweise nur EUR 4. Die Richter haben also schlicht ignoriert, dass es unterschiedliche Lebensverhältnisse in der EU gibt, und hängen unrealistischen Visionen an.

Die Folgen dieser falschen Anreize sind bereits jetzt zu besichtigen: eine Flut von Kindergeldanträgen, vor allem aus Osteuropa, die den deutschen Steuerzahler nach Schätzungen des Bundesfamilienministeriums mittelfristig rund 600 Mio. Euro kosten werden, und die Ämter in den grenznahen Städten an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit bringen - mit steigenden Personalkosten.

Die AfD fordert die Bundesregierung daher auf, bei allen Institutionen und vor allen Dingen beim Europäischen Gerichtshof darauf hinzuwirken, dieses Urteil aufgrund der unverhältnismäßigen Belastung, die es für den deutschen Steuerzahler darstellt, zu revidieren. Es widerspricht dem Prinzip der Subsidiarität, und stellt eine Kompetenzanmaßung dar, die nicht hinnehmbar ist. Die Ausgestaltung des Steuerrechts und des Sozialsystems ist ein souveränes Recht der Nationalstaaten; diese Zuständigkeit darf durch Europäische Institutionen weder direkt noch auf Umwegen ausgehebelt werden.

Mit freundlichem Gruß

Christiane Gleissner