Frage an Christiane Plonka bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Christiane Plonka
DIE LINKE
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Frage von Carsten B. •

Frage an Christiane Plonka von Carsten B. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Guten Tag Frau Plonka,

wie genau stellt sich Ihre Partei den Rückkauf des Uniklinikums in Giessen vor?

Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Best,

vielen Dank für Ihre Frage. Die Privatisierung des UKGM ist gescheitert. Roland Kochs Leuchtturm ist eingestürzt. Die Leidtragenden sind einerseits die Beschäftigten, die über Arbeitsdichte und Überlastung klagen und andererseits die Patient/innen, die den verschlechterten Bedingungen für die medizinische Versorgung ausgesetzt sind.

Als einzige Partei streitet DIE LINKE leidenschaftlich ohne wenn und aber für eine Rückführung des Uniklinikums Gießen und Marburg. Wir lehnen den Verkauf von Krankenhäusern, eine besonders unsägliche Form des Ausverkaufs der öffentlichen Hand, strikt ab. Öffentliches Eigentum, welches mit den Mitteln der hessischen Steuerzahler/innen geschaffen worden ist, wurde seinerzeit weit unter Wert zu Gunsten einer privaten Aktiengesellschaft, der Rhön-AG, verscherbelt.

Wir wollen alle Möglichkeiten angehen, das Klinikum wieder in öffentliches Eigentum zurückzuführen. Eine davon ist der Rückkauf. Wie jüngst den Medienberichten zu entnehmen war, wird ein Großteil der Rhön AG, die 95 Prozent der Anteile des UKGM seit 2006 besitzt, nun vom Gesundheitskonzern Fresenius übernommen. Lediglich das UKGM und einige andere Kliniken sollen bei der Rhön-AG verbleiben, vermutlich um die Klauseln im Aktienrecht zu umgehen, die eine Übernahme der gesamten Rhön-AG sehr erschwert hatten. Zwei Anläufe waren bereits im letzten Jahr gescheitert. Wir gehen aber davon aus, dass mittelfristig auch der verbleibende Rumpfkonzern Rhön-AG übernommen werden wird. In diesem Fall würde eine so genannte „Change-of-Control“-Klausel in Kraft treten. Die Rhön-AG wäre verpflichtet, dem Land das UKGM zum Rückkauf anzubieten. In einem solchen Fall muss die Hessische Landesregierung die Option ziehen und das Klinikum zurückholen.

Darüber hinaus wollen wir ein Rechtsgutachten erstellen lassen, in dem geklärt wird, wie jenseits der Change-Klausel eine Rückführung oder ein Rückkauf rechtlich abgesichert werden kann. Erschwert wird eine Rückführung dadurch, dass die Verkaufsverträge geheim sind und nicht von der breiten Öffentlichkeit eingesehen werden können. Eine absolut undemokratische Praxis. Derartige Geheimverträge lehnen wir ab. Immerhin geht es um das Eigentum der Bürger/innen. Das Beispiel der Partikeltherapieanlage in Marburg verdeutlicht, dass der private Betreiber selbst die Vertragsbedingungen nicht erfüllt. DIE LINKE tritt dafür ein, dass wenn die Rhön-AG ihren vertraglichen Verpflichtungen nicht nachkommt, was ein großer Schaden für die vielen Menschen wäre, die auf eine neue Krebsbehandlungsmöglichkeit hoffen, das Land Hessen die 107 Millionen Euro Investitionskostenzuschuss zurückfordert.

Der Verkauf des UKGM ist die äußerste Form von Privatisierung und Ökonomisierung im Gesundheitswesen. Daher ist die Rückführung für DIE LINKE nur ein, wenn auch sehr wichtiger Baustein dafür, die Situation am UKGM wie im gesamten Gesundheitswesen zu verbessern. Daneben wollen wir qualitative und quantitative Personalmindeststandards einführen. Eine zentrale Ursache für die Probleme in privaten sowie öffentlichen Krankenhäusern eingeführte System der Fallpauschalen (DRGs). Es setzt klare Anreize zur Über-, Fehl- und Unterversorgung. DIE LINKE kämpft deshalb für die Abschaffung der DRGs. Insgesamt wollen wir die betriebswirtschaftliche Orientierung im gesamten Gesundheitswesen in den Hintergrund drängen. Die Krankenhausfinanzierung muss über höhere Einnahmen der öffentlichen Hand verbessert werden. Die Einführung einer Vermögensteuer würde dem Land Hessen jährlich über eine Milliarde Euro an Steuermehreinnahmen verschaffen. Mit diesen Mitteln könnte man jährlich mehrere Unikliniken zurückkaufen.
Insgesamt müssen eine gute Patient/innenversorgung sowie gute Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten die zentrale Maßgabe für die Organisation eines Krankenhauses sein.

Die Entwicklungen am UKGM zeigen aus unserer Sicht zudem, dass das Geschäftsmodell des privaten Betreibers nicht aufgeht. Es wurden zwar viele Millionen in neue Gebäude erzielt, zahlreiche Restrukturierungen der Betriebsabläufe unternommen, die Fallzahlen enorm gesteigert, die Arbeit der Beschäftigten massiv verdichtet, mehrfach die Geschäftsführung ausgetauscht und dennoch schreibt das UKGM noch immer rote Zahlen und scheint weit davon entfernt, Profite für die Aktionär/innen abzuwerfen. Eine ziemlich magere Bilanz für einen Klinikkonzern, der mit der Maxime angetreten war: „Wir können es besser als das Land“.

Heute meinen einige der politischen Konkurrent/innen, eine Rückführung bzw. ein Rückkauf des UKGM wäre unmöglich. Diese Aussagen treffen die selben Leute, die vor wenigen Jahren noch öffentliche Unternehmen u.a. in den Bereichen Energieversorgung, Wohnungsbaugesellschaften und ÖPNV verkauft haben. Im Ergebnis sind die Preise gestiegen, die Qualität der Dienstleistungen gesunken und viele Beschäftigte entlassen worden. Auch hier hieß es, eine Rekommunalisierung sei unmöglich. Doch auch hier haben sich die Apologeten der Privatisierung geirrt. Immer mehr Städte und Gemeinden holen sich ihre Stadtwerke zurück. Über kurz oder lang wird sich auch die öffentliche Mehrheitsmeinung, dass Krankenhäuser für die Versorgung der Menschen und nicht für die Renditen der Aktionär/innen da zu sein haben, in eine parlamentarische Mehrheit verwandeln. Holen wir uns unser Klinikum zurück.

Mit freundlichen Grüßen,

Christiane Plonka