Frage an Claudia Lücking-Michel bezüglich Finanzen

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Claudia Lücking-Michel
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Frage von Lothar B. •

Frage an Claudia Lücking-Michel von Lothar B. bezüglich Finanzen

Sehr geehrte Frau Lücking-Michel

Wie lange werden Sie noch die "weiter so" -Politik der "Eurorettung" unterstützen? Koste es, was es wolle? Ohne Rücklagen im Haushalt für ausfallende Kredite?

Wäre es nicht ehrlicher zuzugeben, dass dies Steuerhöhungen oder Sparmaßnahmen in Deutschland erfordert?

Bitte bedenken Sie Ihre Verantwortung und folgen Sie nicht "politisch korrekt" den Vorgaben der Kanzlerin.

Freundliche Grüße,
Dr. Lothar Butz

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Butz,

vielen Dank für Ihre Anfrage zum Thema Griechenland. In den vergangenen Tagen habe ich zahlreiche Zuschriften dazu erhalten. Viele Menschen fordern ein Ende der finanziellen Hilfen und lehnen ein neues Hilfsprogramm ab. Andere plädieren für einen Schuldenschnitt und beklagen, dem griechischen Staat würden von den Gläubigern zu hohe Lasten aufgebürdet.

Nach reiflicher Überlegung und unter Abwägung aller Vor- und Nachteile habe ich am Freitag im Deutschen Bundestag für ein Mandat der Bundesregierung für weitere Verhandlungen mit der griechischen Regierung votiert. Gerne möchte ich Ihnen erläutern, warum ich trotz Zweifeln diesem Mandat zugestimmt habe.

Zunächst: Der Deutsche Bundestag hat dabei über ein Verhandlungsmandat abgestimmt, nicht über ein Verhandlungsergebnis. Über potenzielle Ergebnisse der nun beginnenden Gespräche zwischen der griechischen Regierung und den Gläubigern muss der Deutsche Bundestag noch einmal gesondert entscheiden.

Dann wird es mutmaßlich um Finanzhilfen in einer Größenordnung gehen, die seit den Verhandlungen in Brüssel im Raum stehen. Das ist zugegebenermaßen abzusehen. Allerdings gehören für mich Solidarität und Reformen zusammen. Weniger absehbar, aber für mich entscheidend ist, ob sich die griechische Regierung jetzt endlich an Absprachen hält und Reformen durchführt. Sie hat in der Vergangenheit Vertrauen verspielt, weil sie Zusagen nicht eingehalten hat. Weitere finanzielle Hilfe ist für mich nur denkbar, wenn Regierung und Parlament die vereinbarten Reformen schnell, zuverlässig und effektiv umsetzen. Ein erster Schritt ist getan: Am Mittwoch hat das griechische Parlament von den Gläubigern eingeforderte Gesetze beschlossen: die Einführung einer einheitlichen Mehrwertsteuer, eine rückwirkend vom 1. Januar 2015 an geltende Solidaritätsabgabe, die Streichung von Subventionen, die Abschaffung von Frühverrentungen. Damit daraus nachhaltige, strukturelle Änderungen werden, muss noch viel in Griechenland passieren.

Ich habe mir mein Ja zu weiteren Verhandlungen nicht leicht gemacht. Bei aller Skepsis und bei allem Ärger über das Verhalten der griechischen Regierung in den vergangenen Wochen überwiegt aber meine Hoffnung darauf, dass es doch noch gelingen kann, in Griechenland diese Reformen mit den Verantwortlichen im Land umzusetzen. Dabei geht es mir nicht nur um die Stabilität unserer Währung und mögliche politische Schäden für die europäische Idee. Es geht um das langfristige Wohl unserer Bürgerinnen und Bürger in Deutschland, und es geht eben auch um die Menschen in Griechenland. Das Mandat für Verhandlungen ist dafür aus meiner Sicht der einzige Weg unsererseits, auf diese Entwicklungen verantwortlich Einfluss zu nehmen. Ob diese Verhandlungen zu den gewünschten Ergebnissen führen, wissen wir nicht, erst recht nicht, ob der Reformprozess zum Erfolg führen wird. Aber nicht zu verhandeln hieße schon jetzt, Verhandlungsdruck aufzugeben und Gestaltungsmöglichkeiten nicht wahrzunehmen.

Alle anderen Euroländer, die Finanzhilfen bekommen haben, stehen heute wieder deutlich besser da. Denn sie haben die versprochenen Reformen umgesetzt: Irland, Spanien und Portugal haben die Hilfsprogramme erfolgreich abgeschlossen und können wieder eigenständig Kredite am Kapitalmarkt aufnehmen. Spanien hat gewährte Hilfen bereits vorzeitig zurückbezahlt, Portugal hat die letzte Tranche des Hilfspaketes gar nicht erst in Anspruch genommen. Auch das Hilfsprogramm für Zypern ist erfolgreich. Das Land macht bei der Umsetzung der Reformen große Fortschritte, die Wirtschaft wächst wieder. Diese Entwicklungen zeigen: Die Politik der solidarischen Hilfe zur Selbsthilfe war richtig. Die Eurozone als Ganzes ist wieder stabil. Die Probleme in Griechenland sind spezifische Probleme dieses Landes.

Die Bundesregierung hat deutlich gemacht, dass sie weiter darauf pochen wird, dass die griechische Politik Absprachen einhält und Reformen entschlossen umsetzt. Ich hoffe darauf, dass dadurch Stück für Stück Perspektiven auf Erholung der Wirtschaft und stabilere Staatsfinanzen entstehen. Ich werde genau beobachten, wie die weiteren Verhandlungen verlaufen und wie ernst es die griechische Regierung mit Reformen meint. Davon mache ich mein Verhalten bei etwaigen weiteren Abstimmungen im Deutschen Bundestag abhängig.

Freundlich grüßt Sie

Claudia Lücking-Michel