Frage an Clemens Binninger bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Clemens Binninger
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Frage von Michael M. •

Frage an Clemens Binninger von Michael M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Binninger,

eben musste ich in der Zeitung lesen, dass es in Berlin offebar Gedankenspiele gibt, die Rechte des Bundesverfassungsgerichts einzuschränken. Auch wenn es sich dabei offenkundig um einen informellen Zirkel handelt, halte ich es dennoch für dringend geboten, diesen Gedankenspielen im Sinne der Gewaltenteilung frühzeitig Einhalt zu gebieten.

Offensichtlich haben zwar nur wenige, dafür aber umso einflussreichere Politiker vergessen, dass sie nur im Rahmen der Verfassung agieren dürfen. Auch dieses ist wieder einmal ein Anzeichen für die zunehmende Entfremdung zwischen einigen Berliner Politikerkreisen und den Bürgern.

Wie stehen Sie zu den Überlegungen, die Kompetenzen des Verfassungsgerichts zu verändern?

Hintergrund:
http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/bundesverfassungsgericht-berliner-gedankenspiele-zur-dritten-gewalt-12879093.html

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Moroff,

gerne antworte ich auf Ihre Frage. Ich bitte jedoch um Verständnis, dass ich mögliche Gedankenspiele über das Bundesverfassungsgericht, die laut Zeitungsberichten angeblich in einer informellen Gesprächsrunde geäußert wurden, nicht im Detail bewerten werde. Mir ist jedenfalls nicht bekannt, dass es konkrete Überlegungen zur Reform des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes gibt.

Ich stimme Ihnen aber grundsätzlich zu: Die Politik darf selbstverständlich nur im Rahmen der Verfassung agieren. Dabei entscheidet das Bundesverfassungsgericht in letzter Instanz auch darüber, was verfassungsgemäß ist und was nicht. Allerdings ist es keineswegs so, dass das von vorne herein eindeutig ist. Im Gegenteil: Viele Entscheidungen des Verfassungsgerichts werden nicht einstimmig getroffen, sondern mit abweichenden Voten einzelner Richter. Das zeigt, dass letztlich auch das Bundesverfassungsgericht in seinen Entscheidungen Spielraum bei der Auslegung hat und dabei natürlich Mehrheitsentscheidungen treffen muss. Häufig wird dabei auch vergessen, dass das Bundesverfassungsgericht nicht das einzige Organ ist, das die Verfassung auslegt. Selbstverständlich fällt diese Aufgabe auch dem Bundestag zu, der in jede seiner Entscheidungen einbezieht, ob sie mit dem Grundgesetz und der bisherigen Auslegung des Grundgesetzes durch das Bundesverfassungsgericht vereinbar ist.

Dabei stellt sich dann die Frage, wie weit das Bundesverfassungsgericht die Politik und das Parlament als einzig direkt durch Wahlen legitimiertes Verfassungsorgan einschränkt. Häufig wird davon gesprochen, dass das Gericht zu einem Ersatzgesetzgeber geworden ist. Hier kann man durchaus den Eindruck gewinnen, dass das Gericht in manchen seiner Entscheidungen (etwa zum Wahlrecht) der Politik nur noch sehr wenig eigene Gestaltungsmöglichkeiten lässt. Das halte ich für problematisch. Die Debatte um die richtige Balance zwischen höchstrichterlichen Entscheidungen und der Gesetzgebung durch das Parlament ist allerdings nicht neu und wird immer wieder geführt.

Mit freundlichen Grüßen

Clemens Binninger