Frage an Clemens Binninger bezüglich Finanzen

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Clemens Binninger
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Frage von Miguel K. •

Frage an Clemens Binninger von Miguel K. bezüglich Finanzen

Hallo Herr Binninger,

Am 07.04.2015 habe ich sie über diese Plattform gefragt, warum sie den Finanzhilfen für Griechenland zugestimmt haben ( 2. Rettungspaket).

Damals haben sie mir gesagt, das dies mit Solidarität verbunden ist und die Griechen die Reformen nun angehen müssen.

Desweiteren haben sie mir gesagt, das Sie einem 3. Rettungspaket nicht zustimmen werden.

nun haben Sie am 17.Juli 2015 dem 3. Rettungspaket für Griechenland zugestimmt und mich und alle anderen Wähler angelogen.

Ich gebe ihnen 2 Wochen Zeit, mir hier ihre Stellungnahme zu geben, ansonsten werde ich diesen Sachverhalt in ihrem Wahlkreis Public machen und hoffe, das die Wähler es ihnen 2017 zeigen werden, was man von solchen dingen hält.

Gruß Miguel Klauß

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CDU

Sehr geehrter Herr Klauß,

vielen Dank für Ihr Schreiben zur Staatsschuldenkrise in Griechenland und einem möglichen dritten Hilfspaket. Eine Klarstellung ist mir wichtig: Wir haben am 17. Juli nicht über ein 3. Hilfspaket für Griechenland abgestimmt, sondern über die Frage, ob die Bundesregierung auf europäischer Ebene darüber verhandeln darf. Ob das Ergebnis der Verhandlungen zu einem 3. Hilfspaket führt, ist dann von der erneuten Zustimmung des Bundestages abhängig.

Dabei muss man darauf hinweisen, dass Deutschland seine Positionen nicht alleine durchsetzen kann, sondern einstimmige Beschlüsse aller Euro-Staaten notwendig sind. Dies gilt auch für einen kontrollierten Grexit, den man zwar als Option nicht aus dem Blick verlieren darf, der aber ohne Zustimmung aller, einschließlich Griechenlands nicht möglich ist. Eine solche Zustimmung innerhalb der Eurozone gibt es derzeit aber nicht!

Die Kritik an der griechischen Regierung und die Verärgerung sind mehr als berechtigt. Aber kann das der alleinige Maßstab für die anstehenden Entscheidungen sein? Verantwortungsvolle Politik darf sich nicht an Emotionen orientieren, sondern muss den sachlichen Kompromiss suchen. Dazu gehört auch, den eigenen Standpunkt immer wieder zu hinterfragen und nicht dogmatisch an bestimmten Positionen festzuhalten. Das gilt auch für meine eigene Position zu einem dritten Hilfspaket für Griechenland, das ich im Zusammenhang mit der Verlängerung des zweiten Hilfspaketes bislang abgelehnt habe.

Bei einem „Nein“ wäre die Konsequenz ein sofortiger unkontrollierter Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone. Dadurch wären weder die Schulden getilgt noch die strukturellen Probleme des Landes gelöst, aber Griechenland wäre ins Chaos gestürzt. Die Berichte der vergangenen Wochen nach den Bankenschließungen haben uns eine Vorahnung von solchen Entwicklungen gegeben. Die Folge wären mit hoher Wahrscheinlichkeit enorme Kosten für humanitäre Hilfe über viele Jahre hinweg, ohne dass sich in dem Land irgendetwas zum Besseren gewendet hätte.

Eine solche Situation in einem Land an der Außengrenze der Europäischen Union würde deren Stabilität und damit sowohl unsere außenpolitische Handlungsfähigkeit als auch unsere Sicherheitsinteressen schwer beschädigen. Wir stehen in Europa vor Herausforderungen, die wir nur gemeinsam lösen können. Dabei denke ich an die Bedrohung durch die Terrorgruppe IS, den militärischen Konflikt in der Ukraine und die Flüchtlingskrise. Risse im europäischen Gefüge oder gar eine Spaltung Europas können wir uns vor diesem Hintergrund nicht leisten und es liegt deshalb auch in unserem eigenen Interesse, Griechenland zu helfen.

Allerdings gilt auch, dass es keine Hilfe um jeden Preis geben darf. Deshalb haben die deutschen Verhandlungsführer darauf bestanden, dass Griechenland bereits für die Aufnahme von Verhandlungen in Vorleistung gehen muss: Das griechische Parlament hat deshalb bereits bindende Sparbeschlüsse verabschiedet. Dazu gehören weitere Steuererhöhungen, Rentenkürzungen und die Privatisierung von Staatsbesitz und nach langem Widerstand sogar der Einrichtung eines Treuhandfonds für Staatsvermögen. In Abwägung dieser Fakten und der Informationen, die ich von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble in diesen Tagen erhalten habe, habe ich im Deutschen Bundestag weiteren Verhandlungen über ein drittes Hilfspaket zugestimmt.

Rund 50 Bürgerinnen und Bürger aus meinem Wahlkreis haben mich in E-Mails und Briefen dazu aufgefordert, weitere Hilfspakete für Griechenland abzulehnen. Aus den Zuschriften sprach vor allem die nachvollziehbare Verärgerung über die griechische Regierung, ohne aber eine realisierbare Alternative zu benennen. Damit verbunden war häufig die Ankündigung, mich persönlich und die CDU nie mehr wählen zu wollen. Ich bitte um Verständnis, dass ich mich davon nicht beeindrucken lasse. Es wäre einfach und bequem gewesen, die Verhandlungen abzulehnen, mit „Nein“ zu stimmen und dafür schnellen Applaus zu bekommen, aber davon lasse ich mich nicht leiten. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass Sie sich Politiker wünschen, die ihre Haltung ändern, nur weil sie Angst davor haben, Wählerstimmen zu verlieren. Ich gehöre jedenfalls nicht dazu.

Gegner eines dritten Hilfspakets verweisen immer wieder darauf, dass die zukünftigen Generationen dadurch erheblich belastet werden. Dieses Argument ist nicht falsch, gilt aber letztendlich für jede Entscheidung. Noch wichtiger ist aber ein anderer Umstand: Das zusammenwachsende Europa ist seit mehr als 50 Jahren Garant für Frieden, Freiheit und Sicherheit auf unserem Kontinent. Angesichts der vielen militärischen Konflikte und Bedrohungen im Rest der Welt ist das keine Selbstverständlichkeit. Mit einem unkontrollierten Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone, könnte eine Entwicklung eingeleitet werden, an deren Ende zuerst das Auseinanderbrechen der gemeinsamen Währung und dann der Europäischen Union stehen könnte. Das zu verhindern, ist es wert, nochmals Verhandlungen aufzunehmen. Denn was wir künftigen Generationen vor allem anderen hinterlassen sollten, ist ein Kontinent auf dem Frieden, Freiheit und Sicherheit herrschen. Und deshalb habe ich mit „Ja“ gestimmt.

Mit freundlichen Grüßen

Clemens Binninger