Frage an Clemens Binninger bezüglich Arbeit und Beschäftigung

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Clemens Binninger
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Frage von Nico K. •

Frage an Clemens Binninger von Nico K. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Ich habe Ihre Antworten durchgelsen und finde nirgendwo einen Hinweis, der Ihre Antwort belegen könnte. Nirgendwo steht im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, dass Leiharbeiter die gleichen Löhne erhalten müssen. Wo soll das bitte stehen?
Könnten Sie mir dazu einen Link senden?

Ich musste für 450 Euro bei einem Schaustellerbetrieb im Rems-Murr-Kreis arbeiten. Bis das Arbeitsamt zu der Ansicht kam, dass das unzumutbar sei. Warum schaut da der Staat zu? Dieser Arbeitgeber wird vielleicht nochmals einen Arbeitnehmer so ausnutzen. Die ALG II Regelung macht einen ungeheuren Druck auf die Arbeitnehmer, alles anzunehmen.

Finden Sie es richtig, dass der Minister der m.W. die Vorraussetzungen dafür geschaffen hat, heute bei der 5 größten Zeitarbeitsfirma des Landes "beschäftigt" ist? Nämlich Herr Clement. Und so von seinem politischen Entscheidungen ggf. auch noch profitiert.

Ich kann nur sagen bzw. schreiben, dass ich keine Partei mehr wählen werde, die das Problem der Zeit-und Leiharbeit noch schönredet. Dass Sie und Ihre Partei immer die Stellenzunahme in diesem Bereich so deutlich erwähnen. ....Sind Sie darauf etwa auch noch stoltz?
Es dürfte auch da auf die Sichtweise ankommen. Würden Sie selbst gerne für so wenig Geld arbeiten?
Nicht zuletzt ist der Zustand der Billiglöhne eine Wettbewerbsverzerrung!

Warum weigert sich Ihre Partei zur Kenntnis zu nehmen, dass alle EU-Länder außer Deutschland und Zypern Regelungen für Lohnuntergrenzen haben? In 20 EU Ländern gibt es Mindestlöhne. In anderen z.B. Österreich einen de fatco Mindestlohn. Weil die Tarife dort für allgemeinverbindlich erklärt werden.
Ich selbst wurde als Fleischer arbeitslos, weil es weder einen Tarifvertrag gab, noch eine Mindestlohnregelung, und mein ehem. Chef nun mit ungarnischen Billigarbeitnehmern arbeitet.
Warum nehmen Sie nicht zur Kenntnis, dass man nicht Liberalisierungen haben möchte, aber gleichzeitig keine Mindeststandards?

Wohin soll das führen, wenn 2011 die Arbeitnehmerfreizügigkeit kommt?

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Klimmt,

gerne beantworte ich Ihre Fragen.

Wo ist die Gleichstellungsklausel für Leih/Zeitarbeitnehmer zu finden? In § 9 Nr. 2 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetztes heißt es: "Unwirksam sind: [...] Vereinbarungen, die für den Leiharbeitnehmer für die Zeit der Überlassung an einen Entleiher schlechtere als die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts vorsehen [...]."

Was Wolfgang Clement betrifft: Es steht jedem Minister frei, welcher Beschäftigung er nach Ausscheiden aus dem Amt nachgeht. Ich hätte mich an seiner Stelle anders entschieden.

Es ist richtig, dass in 20 von 27 EU-Mitgliedsstaaten Mindestlohnregelungen existieren. Ich sehe aber darin kein zwingendes Argument, in Deutschland jetzt einen Mindestlohn einführen zu müssen.

Ich möchte das an 3 Punkten verdeutlichen:

1. Die Höhe der Mindestlöhne in Europa ist sehr unterschiedlich. In manchen osteuropäischen Ländern liegen sie (kaufkraftbereinigt) bei unter 300 Euro im Monat. Es finden sich - genau betrachtet - lediglich noch 5 bis 6 Länder in Europa, die einen vergleichbar hohen Mindestlohn festgeschrieben haben wie es derzeit der DGB mit mindestens 7,50 Euro pro Stunde fordert.
2. Bei Mindestlöhnen ist auch der nationale Kontext des jeweiligen Landes zu berücksichtigen. Deutschland hat hier im Gegensatz zu anderen Ländern eine sehr weit gehende Tarifautonomie, die sich über Jahrzehnte bewährt hat. Gewerkschaften und Arbeitgeber handeln hierzulande Löhne und Arbeitsbedingungen aus. Ein staatlich vorgeschriebener Mindestlohn würde einen massiven Eingriff in die Tarifautonomie bedeuten.
3. Sie sprechen Österreich an. In diesem Zusammenhang darf nicht vergessen werden, dass das Arbeitnehmerentsendegesetz in Deutschland auch die Möglichkeit eröffnet, ausgehandelte Tariflöhne für allgemeinverbindlich zu erklären, wenn Arbeitgeber und Gewerkschaften für diese Branche sich mehrheitlich dafür aussprechen. Diese Option wird meiner Ansicht nach der Tradition der Tarifautonomie gerecht. Aktuell gelten vor diesem Hintergrund im Bau- und Baunebengewerbe, in der Gebäudereinigungsbranche und bei den Postdienstleistern (hier vorbehaltlich einer gerichtlichen Entscheidung) Branchenmindestlöhne. Damit fallen rund 1,8 Mio. Beschäftigte heute unter eine faktische Mindestlohnregelung. Darüber hinaus existiert ein Mindestarbeitsbedingungengesetz in Deutschland.

Mit freundlichen Grüßen

Clemens Binninger