Frage an Clemens Binninger bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Portrait von Clemens Binninger
Clemens Binninger
CDU
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Clemens Binninger zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Andrea H. •

Frage an Clemens Binninger von Andrea H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Binninger,

Sie antworten Herrn Wörner:

"Ich akzeptiere aber nicht, dass Sie einen Zusammenhang zwischen der Telekom-Affäre und der Vorrats/Telekommunikationsdatenspeicherung herstellen wollen."

Kann es sein, dass Sie das Anliegen des Fragers nicht verstehen? Es geht doch nicht darum, ob im konkreten Fall jene Daten mißbraucht wurden, die aufgrund der Vorratsdatenspeicherung vorlagen oder solche, die zu Abrechnungszwecken gespeichert waren, sondern darum, dass Sie mit der Vorratsdatenspeicherung ein Gesetz beschlossen haben, das den Datenvorrat ganz enorm ausweitet. Damit vergößern Sie das Mißbrauchspotential um ein Vielfaches und werden sich in künftigen Fällen sehr wohl eine Mitverantwortung zuschreiben lassen müssen.

Denn auch Sie wissen ganz genau, dass grundsätzlich alle irgendwo verfügbaren Daten Begierden wecken und mißbraucht werden, egal wie gut sie auch geschützt werden und egal wie hoch das drohende Strafmaß ist. Es gibt immer ein paar Leute, sowohl in der Privatwirtschaft, als auch in den Behörden, die völlig problemlos und oft auch unbemerkt an die Daten herankommen und das auch ausnutzen.

Ist Ihnen das Prinzip der Datensparsamkeit (§ 3a BDSG) ein Begriff? Warum also entziehen Sie mit Ihrem Überwachungsfetischismus den Bürgern mehr und mehr das Recht auf informationelle Selbstbestimmung? Und warum verharmlosen Sie die Risiken der VDS ständig in völlig unverantwortlicher Weise, indem Sie unablässig behaupten, die Daten gebe es ohnehin schon? Letzteres entspricht nicht der Wahrheit und das wissen Sie auch. Weder wurden die zu Abrechnungszwecken gespeicherten Daten so lange aufbewahrt, noch waren es derart detaillierte Datensätze. Selbst bei Einzelverbindungsnachweisen wurden die letzten Ziffern der Telefonnummer gelöscht, weil Sie für die Abrechnung irrelevant sind. Mit zunehmeder Nutzung von Pauschaltarifen gab es zum Schluss sogar fast gar keine Daten mehr, was ja der eigentliche Grund für die Einführung der VDS war!

mfg A. Hornung

Portrait von Clemens Binninger
Antwort von
CDU

Sehr geehrte Frau Hornung,

vielen Dank für Ihren Beitrag.

Ich möchte wie auch in meiner Antwort an Herrn Wörner noch einmal betonen: Ich stimme mit Ihnen darin überein, dass die Vorgänge bei der Telekom inakzeptabel sind und zeigen, wie wichtig Datenschutz gerade auch in der Wirtschaft ist. Sie zeigen aber auch, dass alle - zum Teil berechtigen - Debatten über Sicherheitspolitik sachlich geführt werden sollten. Hier von "Überwachungsfetischismus" zu sprechen, zeugt nicht unbedingt von Sachlichkeit. Die Verfehlungen bei der Telekom zu nutzen, um gegen die Vorratsdatenspeicherung zu polemisieren, halte ich in diesem Zusammenhang für nicht überzeugend.

Bei aller Kritik an der Vorratsdatenspeicherung - die man vorbringen kann, aber nicht teilen muss - darf man nicht den Eindruck erwecken, dass mit der Vorratsdatenspeicherung ein völlig neuer, nie da gewesener Zustand existiert, der in nie gekannter Weise die informationelle Selbstbestimmung berührt. Genau das ist nämlich nicht der Fall und wird in der Debatte in aller Regel einfach unterschlagen.

Ebenfalls ausgeblendet wird oft, dass die Vorratsdatenspeicherung kein Selbstzweck ist, sondern der Strafverfolgung bei schweren Straftaten dient. Mit der modernen Kommunikation haben sich die Herausforderungen für die Strafverfolgung verändert. Dem muss Rechnung getragen werden.

Gleichzeitig ist selbstverständlich ein angemessener Grundrechtschutz zu gewährleisten. Hier muss ein vernünftiger Ausgleich zwischen Strafverfolgung einerseits und Grundrechtschutz andererseits erreicht werden. Genau das ist bei der Vorratsdatenspeicherung geschehen. Deshalb ist die Vorbehaltszeit für Daten auf 6 Monate begrenzt und nicht wie auf EU-Ebene ursprünglich geplant auf 3 Jahre ausgelegt. Deshalb werden weniger Daten gespeichert als von der EU ursprünglich gefordert. Deshalb muss ein konkreter, durch bestimmte Tatsachen begründeter Verdacht existieren, damit Kommunikationsdaten für Ermittlungszwecke genutzt werden dürfen. Deshalb muss ein Richter zustimmen, bevor Daten abgefragt werden dürfen.

Eine Debatte, die all diese Aspekte nicht einbezieht und den Datenschutzes als einzigen Bewertungsmaßstab heranzieht, wird meiner Ansicht nach der Realität nicht gerecht.

Mit freundlichen Grüßen

Clemens Binninger