Frage an Eduard Oswald bezüglich Finanzen

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Eduard Oswald
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Frage von Stefan L. •

Frage an Eduard Oswald von Stefan L. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Oswald,

die verantwortungslose Zockerei im Bankenumfeld hat unser gesamtes Finanzsystem an den Rand des Zusammenbruchs geführt.

Die Bundesregierung und unser Parlament reagiert darauf mit einer Bereitstellung von ungeheuerlichen Geldmengen, also mit Eigentum des Steuerzahlers in Rekordzeit.

So weit so gut. Vielleicht ist das ja ohne Alternative.

Ich möchte Ihnen aber folgende Frage stellen: Warum schaffen Sie es nicht in ähnlicher Zeit dieser Zockerei per Gesetz ein Ende zu setzen ? Warum ist es Banken immer noch erlaubt Risikogeschäfte in Zweckgesellschaften auszulagern ? Warum um alles in der Welt verbieten Sie es diesen Banken nicht, Risiken einzugehen, die nicht ansatzweise mit Eigenkapital gedeckt sind ?

Ich weiss, dass es wünschenswert ist für solche Gesetze europäische, vielleicht sogar weltweite Einigung zu erzielen. Aber warum verbieten Sie das nicht erst einmal (und wenden somit weiteren Schaden vom deutschen Steuerzahler ab) und einigen sich DANN ?

Kann es sein, dass die tollen Reden über notwendige Regelungen nur Lippenbekenntnisse sind ?

Wie kann es sein, dass es möglich ist, Entscheidungen in Höhe fast des doppelten Bundeshaushaltes innerhalb einer einzigen Woche herbeizuführen aber gleichzeitig KEINERLEI (kostenfreie) Massnahmen zu ergreifen um solche Katastrophen zukünftig zu vermeiden ?

mit sehr nachdenklichen Grüssen
Stefan Lein

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Lein,

vielen Dank für Ihr Schreiben vom 23. Oktober 2008. Gern beantworte ich Ihre Fragen.

Ich kann Ihr Unbehagen angesichts der Größenordnung der mit dem Finanzmarktstabilisierungsgesetz in kürzester Zeit zur Verfügung gestellten staatlichen Garantien sehr gut nachvollziehen. Ich teile allerdings Ihre Auffassung, dass dies in der gegebenen Situation ohne Alternative war. Der Staat, der Gesetzgeber, musste handeln, um einem drohenden Zusammenbruch unseres Finanzsystems vorzubeugen. Nun wird es darauf ankommen, dass betroffene Banken von den Möglichkeiten des Gesetzes auch Gebrauch machen.

Banken, die schon immer eine hohe Eigenkapitalausstattung hatten, werden voraussichtlich gut bzw. besser durch diese Krise kommen. Bei allem zeigt sich, dass vielen Banken vor allem Eigenkapital fehlt mit dem sie in schwierigen Zeiten auftretende Probleme abfedern können. Diese Erkenntnis ist uns, ist den Banken, aber nicht neu. Der Basler Ausschuss für Bankenaufsicht hatte schärfere Eigenkapitalrichtlinien erarbeitet, die unter der Bezeichnung "Basel II" bekannt wurden. Im Kern geht es darum, dass Banken jeden Kredit, den sie vergeben, mit entsprechendem Eigenkapital unterlegen müssen. Auf diesem Wege ist angestrebt, die Kapitalbasis der Institute zu stärken. In Deutschland sind diese Regelungen seit Anfang 2008 anzuwenden. Die jetzige Krise begann aber spätestens Mitte 2007, ausgehend von den USA, die die Basel-II-Regelungen immer noch nicht umgesetzt haben, obwohl sie zu den Initiatoren gehören. Es dürfte wohl noch etwas dauern, bis die USA nunmehr die Regelungen für ihre Kreditwirtschaft übernehmen. Wahrscheinlich wird man sogar abwarten müssen bis das schlimmste der aktuellen Krise vorüber ist, da härtere Regelungen die betroffenen Banken zum jetzigen Zeitpunkt nur noch tiefer in die Bredouille bringen würden. Ein weiterer deutscher Vorschlag in den Verhandlungen mit unseren europäischen Partnern und auch international wird sein, für die so genannten Kreditverkäufe künftig eine Pflicht der Kreditinstitute zur Eigenkapitalunterlegung vorzusehen, hiervon bestimmte Anteile in der eigenen Bilanz zu führen.

Was die zukünftige "Architektur" der Finanzmärkte und deren Gestaltung betrifft, halte ich es nicht nur für wünschenswert, sondern für notwendig, Neuregelungen europäisch abgestimmt weltweit zu verhandeln und zu vereinbaren. Gerade die laufende Finanzkrise zeigt uns, dass Finanzkrisen in einzelnen Ländern der Welt, hier etwa die so genannte Immobilien- bzw. Hypothekenkrise in den USA grenzüberschreitend Krisen auch in allen anderen Teilen der Welt auslösen können. Bei aller Notwendigkeit zu einer Neujustierung der Regeln für Kreditinstitute, Manager, Rating-Agenturen u. a. m. müssen wir hierbei selbstverständlich immer auch die Wettbewerbsfähigkeit unserer Institute und Unternehmen im Auge behalten.

Ich halte es für absolut notwendig, dass wir mit großer Sorgfalt nachvollziehen, welche Ursachen dieser Krise in den einzelnen Bereichen zugrunde liegen. Ich halte es aber nicht für wünschenswert, dass wir solche umfassenden Änderungen in ebenso kurzer Zeit beraten und verabschieden, wie wir dies beim Finanzmarktstabilisierungsgesetz getan haben. Eine solch extrem kurze Beratung – das gesamte Gesetz wurde zum Teil ohne abschließende Kenntnis der Rechtsverordnungen innerhalb von einer Woche von der Bundesregierung im Parlament eingebracht, vom Deutschen Bundestag und vom Bundesrat beraten und verabschiedet und vom Bundespräsidenten unterzeichnet sowie im Gesetzblatt verkündet – kann nur der Ausnahmefall sein. Diese außergewöhnlich kurze Beratung war einer außergewöhnlichen Situation, wie wir sie mit der sich zuspitzenden Krise vorfanden, geschuldet. Ich schließe nicht aus, dass wir an der einen oder anderen Stelle Nachbesserungen vornehmen müssen – gleichwohl war ein schnelles Handeln richtig und geboten. Der Regelfall kann ein solch extrem abgekürztes Verfahren jedoch bei derart komplexen Sachverhalten und Fragestellungen nicht sein.

Mit freundlichen Grüßen

Eduard Oswald, MdB