Frage an Eduard Oswald bezüglich Finanzen

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Eduard Oswald
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Frage an Eduard Oswald von Michael O. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Oswald,

das Einkommensteuergesetz nennt im Rahmen des Familienlastenausgleichs zwei Alternativen: (I) Kindergeld und (II) Kinderfreibetrag und Freibetrag für Betreuung, Erziehung und Ausbildung des Kindes.

Das ein Familienlastenausgleich sinnvoll ist, dürfte wohl unbestritten sein. Ich finde jedoch diese Form zumindest fragwürdig:

Der Freibetrag wird angesetzt, wenn die Steuerersparnis durch ihn höher ist als das Kindergeld. Die Höhe der Steuerersparnis hängt vom Durchschnittssteuersatz ab, dieser vom Einkommen. Diese Gestaltung führt dazu, dass Kinder sehr gut verdienender Eltern (bei weniger als 10 % der Steuerpflichtigen ist der Kinderfreibetrag vorteilhaft) vom Staat stärker unterstützt werden als Kinder einkommensschwächerer Eltern, die "nur" Kindergeld erhalten - die Differenz beträgt, abhängig von Kinderzahl und Einkommen mehrere Hundert Euro jährlich.

Auch bei anderen Maßnahmen zur Unterstützung von Familien tritt der Effekt auf, dass Besserverdienende stärker profitieren: immer dann wenn steuerliche Regelungen die Bemessungsgrundlage verringern, ein Beispiel ist der Sonderausgabenabzug von Kinderbetreuungskosten. Ich meine, dass diese Gestaltung anderen staatlichen Maßnahme zur Förderung von Kindern aus sozial schwächeren Familien (z. B. das BaFöG) entgegenläuft.

Wie stehen Sie zu dieser Gestaltung und wodurch sehen Sie sie ggf. gerechtfertigt? Wäre es nicht sinnvoller, solche Fördermaßnahmen auf die Steuerschuld und nicht auf die Bemessungsgrundlage auszurichten? So würden alle Familien in gleicher Höhe von der Unterstützung profitieren - aufwandsneutral könnten so Familien, die mehr staatliche Unterstützung benötigen stärker als bisher unterstützt werden und Familien die weniger Unterstützung benötigen weniger.

Freundliche Grüße
Michael Oberfichtner

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Sehr geehrter Herr Oberfichtner,

herzlichen Dank für Ihre Anfrage. Sie kritisieren, dass Kinder von Spitzenverdienern über die steuerlichen Freibeträge für sächliches Existenzminimum und für Betreuungs-, Erziehungs- und Ausbildungsaufwendungen besser gestellt werden als Kinder von Nicht-Spitzenverdienern. Das ist ein Thema, das immer wieder in der Politik diskutiert wird. Ich habe großes Verständnis für Ihre Position und kann sie mitunter teilen. Dennoch muss man diese Frage im Gesamtkontext betrachten.

Grundsätzlich ist unser Einkommenssteuerrecht so ausgestaltet, das nicht das tatsächliche Einkommen, sondern nur das verfügbare Einkommen besteuert wird. Hierzu werden vom tatsächlichen Einkommen beispielsweise Aufwendungen abgezogen, die Sie nur zur Erzielung Ihres Einkommens haben.

Außerdem bleiben Ausgaben für Kinderbetreuung sowie deren Erziehung und Ausbildung steuerfrei - nicht einzeln nachgewiesen, sondern pauschal. Dieser Abzugsbetrag beträgt 1.080,- Euro im Jahr. Darüber hinaus muss das Existenzminimum steuerfrei bleiben. Die Steuerfreiheit Ihres Existenzminimums ist durch den sog. Grundfreibetrag sichergestellt. Das Existenzminimum Ihres Kindes wird durch einen steuerfreien Einkommensteil in Höhe von jährlich 1.824,- Euro gewährt. Grundsätzlich stehen diese Freibeträge allen Eltern zur Verfügung - ganz gleich, welches Einkommen sie erzielen. Verheirateten stehen beide Freibeträge doppelt zu, in Summe ergibt das einen Steuerfreibetrag von 5.808,- Euro. Damit bleibt bei einer Familie mit einem Kind ein Jahreseinkommen von bis zu 21.136,- Euro steuerfrei. Die Steuerersparnis eines Ehepaares mit einem Kind und einem Jahreseinkommen von über 58.000,- Euro liegt bei 2.439,36 Euro im Jahr bzw. 203,28 Euro im Monat. Von der Steuersystematik ist das sehr klar und sehr fair. Dennoch bedeutet es natürlich, dass eine Steuerpflichtiger mit einem Jahreseinkommen von bis zu 7.664,- Euro bzw. ein Ehepaar mit einem Jahreseinkommen von bis zu 15.328,- Euro keinerlei Steuerreduktion wegen eines Kindes bekommt, weil auch ohne Kind gar keine Steuern fällig sind. Um dem entgegenzuwirken, hat der Gesetzgeber das Kindergeld eingeführt. Damit erhält jeder, dessen Steuerersparnis unter 154,- Euro im Monat bzw. 1.848,- Euro im Jahr liegen würde, genau diesen Betrag als Kindergeld. (Ab dem 4. Kind sind es derzeit 179,- Euro pro Monat.)

Kritisiert man nun die Schlechterstellung einkommensschwächerer Familien gegenüber einkommensstärkeren Familien lässt man außer Acht, dass das Kindergeld genau dazu da ist, um diese Schlechterstellung abzumildern. Fordert man, diese Schlechterstellung nicht nur abzumildern, sondern vollständig auszugleichen, muss man das Kindergeld auf 203,28 Euro anheben. Dann würden alle Eltern den gleichen Kindergeldbetrag erhalten (abgesehen von denen, die für Jahreseinkommen über 250.000 Euro 45 Prozent Einkommensteuer zahlen müssen). Man muss sich aber im Klaren sein, dass das eine jährliche Staatsausgabe in Höhe von etwa 10 Mrd. Euro bedeuten würde.

An dieser Stelle stellt sich mir die Frage, ob man mit diesen 10 Mrd. Euro nicht im Sinne von Familien und den betroffenen Kindern Besseres anfangen kann, als das Kindergeld um weitere 50 Euro zu erhöhen. Beispielsweise halte ich das neu eingeführte Elterngeld für eine bessere Verwendung. Das Ausmaß, in dem es in Anspruch genommen wird und beide Elternteile dazu veranlasst, Kinderbetreuungszeiten zu realisieren, zeigt, wie richtig ich mit dieser Einschätzung liege. Auch die Debatte um kostenfreie Kindergartenplätze scheint mir in Richtung einer sehr viel sinnvolleren Mittelverwendung zu gehen. Würde man dann noch einen Weg finden, den Kindergartenbesuch verpflichtend zu machen, ergäbe sich daraus sogar ein wesentlicher Baustein für die Integrationspolitik. Da das Problem, was Sie ansprechen, aber dennoch bestehen bleibt und wir Ihre Kritik ein ganzes Stück weit teilen, wollen wir das Kindergeld zum 1. Januar 2009 anheben. Mit dem Familienleistungsgesetz, das wir derzeit im Parlament beraten, soll das Kindergeld für das erste und zweite Kind um 10,- Euro sowie für jedes weitere Kind um 16 Euro erhöht werden. Zwar werden auch die Kinderfreibeträge entsprechend angehoben, aber die Verbesserung wird an alle, nicht nur an einkommensstarke Haushalte weitergegeben.

Mit freundlichen Grüßen

Eduard Oswald