Frage an Elke Ferner bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Elke Ferner
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Frage von Thomas G. •

Frage an Elke Ferner von Thomas G. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Ferner,

wie Sie sicherlich wissen, wurden erst kürzlich auf Empfehlung des zuständigen Rechtsausschusses zwei Anträge der SPD sowie Bündnis90/Die Grünen zur Einführung von Frauenquoten in Aufsichtsräten mit den Stimmen der Koalition abgelehnt. (1)(2)

Den Anträgen sowie der aktuellen Initiative "Berliner Erklärung", die Sie unterstützen, ist eindeutig zu entnehmen, dass diese letztlich auf paritätische Besetzung beziehungsweise Gleichstellung abzielen, wobei die Quote für Aufsichtsräte nur der Anfang sein soll.(3)

Dies soll nun allerdings gegen die Europäische Rechtssprechung (4) sowie das AGG verstossen. (5)

Wie können Sie die geäusserten Bedenken ausräumen? Warum hat der Rechtsausschuss erst kürzlich eine Ablehnung empfohlen?

Mit freundlichen Grüssen

Thomas Göbel

(1) http://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2011/36794127_kw48_sp_frauenquote/index.html (2) http://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2011/36878087_kw48_de_frauenquote/index.html
(3) http://www.berlinererklaerung.de/
(4) http://blog.wiwo.de/management/2011/02/03/das-ziel-ist-den-mensch-als-individuum-zu-bewerten-nicht-als-mann-oder-frau/
(5) http://www.haufe.de/personal/newsDetails?newsID=1320680355.03&topic=Arbeitsrecht&topicView=Arbeitsrecht

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Göbel,

vielen Dank für Ihre Anfrage.

Der federführenden Rechtsausschuss hat die Anträge der Fraktionen der SPD und von Bündnis 90/Die Grünen mit der schwarz-gelben Mehrheit zur Ablehnung empfohlen. Die im Rechtsausschuss am 11. Mai 2011 vorgeladenen Sachverständigen haben sich mit eindeutiger Mehrheit jedoch für die Einführung einer gesetzlichen Frauenquote für Aufsichtsräte ausgesprochen. Dies ist mit Sicherheit darauf zurück zu führen, dass es in dieser Frage keine einheitliche Linie in der schwarz-gelben Koalition gibt. Bei der späteren Abstimmung im Bundestag haben sich aus den Reihen der CDU/CSU und der FDP Abgeordnete enthalten und NICHT mit "Ablehnung" gestimmt. Das zeigt, dass auch innerhalb der Regierungsfraktion die Frage nach der Einführung einer gesetzlichen und verpflichtenden Frauenquote höchst umstritten ist. Letztendlich handelt es sich bei der Entscheidung des Rechtsausschusses um eine politische und nicht um eine Entscheidung aus rechtlichen Gründen.

Ich bin zwar keine Juristin, aber ein Gesetz zur paritätischen Besetzung von Aufsichtsräten, das den betroffenen Unternehmen eine feste gesetzliche Quotierung vorgibt, verstösst m.E. nicht gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz. Viel eher verstößt die jetzige Praxis nicht nur gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz sondern auch gegen Art 3 GG. Eine paritätische Besetzung von Aufsichtsräten würde lediglich die bestehende Benachteiligung und damit die Bevorzugung von Männern beseitigen, nicht aber Männer benachteiligen.

Äußerst unwahrscheinlich ist, dass ein Gesetz zur paritätischen Besetzung von Aufsichtsräten gegen europäisches Recht verstoßen könnte. Festzuhalten ist zunächst, dass die EU selbst einer der stärksten Motoren ist, der die Gleichstellung von Frauen und Männern vorantreibt. Sollte sich in den Mitgliedsstaaten die Situation nicht ändern, plant die Europäische Kommission selbst eine Richtlinie für gesetzlich festgelegte und verpflichtende Quoten in den Mitgliedsstaaten auf den Weg zu bringen. Bei entsprechender Ausgestaltung eines solchen Gesetzes ist auch nicht davon auszugehen, dass der Europäische Gerichtshof gegen ein solches Gesetz entscheiden würde. Die Richter und Richterinnen des EuGH berufen sich in ihren Urteilen immer wieder auf die EU-Gleichstellungsrichtlinie von 2004, die unter anderem konkrete gesetzliche Gleichstellungsmaßnahmen fordert.

Klar ist, dass die Zeit der freiwilligen Selbstverpflichtungen vorbei ist, denn diese haben nichts gebracht. Der Anteil der Frauen in deutschen Aufsichtsräten stagniert seit mehreren Jahrzehnten im unteren einstelligen Bereich. Das ist diskriminierend und ungerecht und dagegen muss etwas getan werden.

Mit freundlichen Grüßen

Ihre

Elke Ferner