Frage an Elke Ferner bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Elke Ferner
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Frage von Alfred P. •

Frage an Elke Ferner von Alfred P. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Ferner,

nach Informationen aus der Presse beabsichtigen CDU/CSU und SPD eine Änderung der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages mit dem Ziel, das Rederecht des einzelnen Abgeordneten stark einzuschränken und - sofern ich das richtig verstanden habe - von der Genehmigung der Fraktionen abhängig zu machen, um abweichende Meinungsäußerungen im Plenum zu erschweren.

Ich frage Sie daher: werden Sie diese auch von Ihrer Fraktion beabsichtigten Änderung der Geschäftsordnung zustimmen?

Sollte die beabsichtigte Änderung der Geschäftsordnung Realität werden, dann ist das ein weiterer Baustein der Parteien, das im Grundgesetz festgehaltene Recht auf Mitwirkung der Parteien an der Meinungsbildung extrem zu überdehnen und dazu zweckentfremd zu nutzen, das Parlament allein den Parteien gefügig zu machen.

Die Absicht zu einer solchen Änderung der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages dokumentiert eine Allmachtsphantasie der Parteiapparate und ihre Verachtung für eine freie Meinungsäußerung. Diese beabsichtigte Änderung ist ein weiterer Baustein hin zu einer "gelenkten Demokratie" bzw. zur „marktkonformen Demokratie“!

Daher meine zweite Frage an Sie: Werden Sie das legitime demokratische Recht des einzelnen Abgeordneten, seine Meinung frei von Genehmigungspflichten der Fraktionen im Plenum des Deutschen Bundestages äußern zu können, verteidigen und notfalls den Rechtsweg bis zum Verfassungsgericht gehen?

Es sind diese kalten Angriffe auf demokratische Rechte, die überzeugte und engagierte Demokraten dazu bringen können, diesem System das Vertrauen zu entziehen.

Demokratie ist aber zu wichtig um sie geschäftsführenden Fraktionsvorständen zu überlassen!

Mit freundlichen Grüßen
Alfred Philippi

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Philippi,

vielen Dank für Ihre Email zum oben genannten Thema die Sie über abgeordnetenwatch.de an mich gerichtet haben. Gerne möchte ich darauf antworten.

Die angedachten Änderungen der Geschäftsordnung wurden bisher nur im Geschäftsordnungsausschuss beraten. Weder das Plenum noch die Fraktion haben diese Vorschläge bisher gesehen, geschweige denn diskutiert. Reformen der Geschäftsordnung müssen natürlich ausführlich diskutiert und möglichst im Konsens mit allen Fraktionen verabschiedet werden. Beides ist nicht geschehen. Deswegen wird es auch jetzt keine Abstimmung im Bundestag darüber geben.

Die SPD wird sicherstellen, dass auch in Zukunft abweichende Meinungen im Bundestag zu Wort kommen können. Nicht weniger, sondern mehr Rechte der Parlamentarier sind vonnöten, um eine lebendige Debattenkultur im Bundestag zu befördern und parlamentarische Demokratie für die Wählerinnen und Wähler erlebbar zu machen. Wer hingegen Abgeordnetenrechte einschränkt, schürt Politikverdruss und stärkt die Kritiker, die sich im Wesentlichen auch an den formalen Abläufen des Parlamentarismus reiben.

Darüber hinaus werden wir als SPD-Fraktion das erfreuliche Interesse an einer lebendigen Demokratie nutzen, um unsere Vorschläge für eine Reform der Debatten im Bundestag erneut auf die Tagesordnung zu setzen. Wir brauchen weniger Rituale und mehr lebendige Diskussionen. Wir wollen mehr Leute für Demokratie interessieren. Das Parlament muss der zentrale sichtbare Ort der politischen Auseinandersetzung sein. Dazu gehört auch, dass die Kanzlerin endlich bereit ist, nicht nur Regierungserklärungen abzugeben, sondern in der Fragestunde des Parlamentes die Fragen der Abgeordneten direkt zu beantworten. Das ist in anderen Parlamenten üblich, wurde in Deutschland aber bisher von der Koalition blockiert. Vielleicht gelingt es jetzt, den Widerstand aus der Koalition zu überwinden. Es ist absurd, dass solche Debatten mit der Kanzlerin in inszenierten Bürgerforen stattfinden, im Bundestag aber nicht möglich sein sollen.

Einer Beschränkung des Rederechts, wie sie zur Zeit in den Medien diskutiert wird, wird die überwiegende Mehrheit der Mitglieder der SPD-Bundestagsfraktion nicht zustimmen.

Mit freundlichen Grüßen

Elke Ferner