Frage an Enno Hagenah von Patrick R. bezüglich Familie
Sehr geehrter Herr Hagenah,
ich wollte gerne von ihnen wissen, warum im Bereich Sorgerecht, Umgangsrecht, Aufenthaltsbestimmungsrecht, Unterhalt usw. kein Gesetz geschaffen wird, was wirklich Gleichberechtigt für Kind (ehelich & unehelich), Mutter, Vater ist. Es steht zwar im Grundgesetz das alle Menschen vorm Gesetz gleich sind, aber in Behörden, Gerichten usw. werden die Grundgesetze nicht beachtet. Ansonsten hätten wir ja mehr Wechselmodelle / Doppelresidenzmodelle. Ein z.b. im durchschnitt 2 wöchiges Umgangsrecht, steht ja nicht grad für Gleichberechtigung,
Es ist momentan leider so das Mütter in allen dingen wenn es um die o.g. Rechte geht, klar bevorzugt werden und Väter kämpfen müssen, bis sie Psychisch und Physisch an ihre grenzen gehen müssen um überhaupt Rechte zu bekommen die auch dem Kindeswohl entsprechen (er lebe ich grad am eigenen Leib).
Leider nicht Umsonst wird Deutschland vom EUGH so oft gerückt. Oder ist es im Sinne der Bundesrepublik Deutschland das Väter und Frauen unterschiedlich behandelt werden?
Um ein Antwort würde ich mich sehr freuen.
Mit freundlichen Grüßen
Patrick Rosenfeldt
Sehr geehrter Herr Rosenfeldt,
grundsätzlich ist es so, dass die Rechtsprechung in den letzten Jahren sich immer mehr zugunsten des gemeinsamen Sorgerechts entwickelt hat und auch die entsprechenden Gesetzesänderungen im BGB, die noch unter Zypries eingeleitet wurden, im Prinzip von einer Gleichberechtigung beider Elternteile zur Erlangung des Sorgerechts ausgehen. Wie es dann allerdings im Einzelfall geregelt wird ist zwischen beiden getrennten Elternteilen beim Jugendamt zu regeln - notfalls - in streitigen Fällen - vor Gericht. Die Gerichte sind dann gehalten, die Verhältnisse im Umgangsrecht, das grundsätzlich jedem der beiden Elternteile zusteht, aus dem Blickwinkel des Kindeswohls zu klären - im Zweifel auch mit Gutachten. Dies geschieht offensichtlich wie auch sie in ihrer Frage feststellen noch nicht ausreichend ausgewogen.
In Bezug auf die Rechte von Vätern nicht ehelicher Kinder wurde durch die Urteile des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) im Dezember 2009 und auch durch das Bundesverfassungsgericht Juli 2010 feststellt, dass das bestehende Gesetz konventionswidrig ist, bzw. gegen die deutsche Verfassung verstößt.
Für den Spätsommer 2010 hatte daher Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger einen Gesetzentwurf zum Sorgerecht nicht miteinander verheirateter Eltern angekündigt. Wir müssen feststellen, dass ein Jahr später immer noch nichts geschehen ist. Wieder einmal sorgt der Dauerstreit in der CDU/FDP-Koalition dafür, dass es nicht zu einer vernünftigen Lösung kommt. Die Union muss endlich ihre Blockadehaltung aufgeben und die Rechte der betroffenen Kinder in Gesetzesform gießen, anstatt sich auf der Übergangslösung vom Bundesverfassungsgericht auszuruhen.
Bereits im Oktober 2010 hat die Grüne Bundestagsfraktion einen Antrag in den Bundestag eingebracht. Dieser soll Vätern, die nicht mit der Mutter des gemeinsamen Kindes verheiratet sind, die Möglichkeit einräumen, durch einen einfachen Antrag beim Jugendamt zum gemeinsamen Sorgerecht zu kommen. Nur wenn es dann keine einvernehmliche Lösung gibt, sollen die Gerichte unter Berücksichtigung des Kindeswohles entscheiden. Unser Ziel ist die Gleichstellung von Mutter und Vater, wenn dies dem Kindeswohl nicht widerspricht.
Umgekehrt ist es nur gerecht, wenn auch die Mutter die Möglichkeit bekommt, beim Jugendamt zu beantragen, dass der Vater mit ihr gemeinsam die elterliche Verantwortung wahrnehmen soll. Das Verfahren soll ähnlich gestaltet sein, innerhalb einer Frist von acht Wochen muss der Vater dem Antrag der Mutter zustimmen. Erfolgt diese Zustimmung nicht, wird das gemeinsame Sorgerecht vom Jugendamt nicht erteilt.
Bei streitigen Trennungen ist die einvernehmliche Regelung naturgemäß häufig sehr schwierig. Vorgerichtlich könnten beide Elternteile eine Mediation eingehen, um das Umgangsrecht und ggf. die Frage des gemeinsamen Sorgerechts abzuklären. Dazu müssen aber beide Elternteile bereit sein. Wenn Mitwirkungsbereitschaft fehlt braucht es wiederum klare gesetzliche Rahmensetzungen (s.o.).
Mit freundlichen Grüßen,
Enno Hagenah