Frage an Florian Toncar bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

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Florian Toncar
FDP
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Frage von Steffen D. •

Frage an Florian Toncar von Steffen D. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Toncar,

Sie sindMitglied im Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe, daher richte ich zwei Fragen zum FDP-Positionspapier zur Menschenrechtspolitik an Sie.

1. Das Papier geht auf das Spannungsverhältnis zwischen den wirtschaftlichen Interessen der Bundesrepublik sowie dem Menschnenrechtsschutz in vielen ökonomisch wichtigen Partnerländern ein. Wie will die FDP diesem Spannungsverhältnis begegnen? Sollte wirtschaftliche Interaktion mit Menschrechtsverletzerländern vermieden werden um die dortigen Regierungen nicht noch in ihrer Politik zu unterstützen oder die (korrupten) Machthaber zu festigen? Oder sollten vielmehr wirtschaftliche Beziehungen nicht zum Gegenstand der Menschenrechtspolitik werden, da Handel und ökonomische Kooperation in den Partnerländern zu Öffnung, Liberalisierung und Prosperität - und somit indirekt auch zum Menschrechtsschutz - beiträgt? Welchen Weg beschreitet die FDP in diesem Dilemma und warum?

2. Im Absatz zur Entwicklungshilfe lobt das Papier die auf Freihandel und Öffnung basierende Entwicklung in Asien, die äußerst erfolgreich Armut bekämpfen konnte. Es ist jedoch ein historisches Faktum, dass gerade die süd-ost-asiatischen "Tigerstasten" und Japan vor Beginn ihrs massiven Wachstums eine klar protektionistische Wirtschaftspolitik betrieben haben und sich erst dem Weltmarkt geöffnet haben, als man heimische Industrien für konkurenzfähig befunden hat. Dies wäre also ein starkes empirisches Gegenargument zum Freihandelsmantra von Weltbank und IWF im Hinblick auf die Entwicklungspolitik der ärmsten Länder. Welche Position vertritt die FDP in dieser Frage und warum?

Vielen Dank für Ihre Antwort.

Mit freundlichen Grüßen,
Steffen Dähne.

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Dähne,

vielen Dank für Ihre Email vom 22. November.
In der jetzigen, 17. Wahlperiode gehöre ich nicht mehr dem Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe an, sondern dem Haushaltsausschuss. Ihre Frage beantworte ich Ihnen natürlich trotzdem gerne.

Das politische Handeln der Bundesregierung ist immer von Interessen und Werten bestimmt. Unsere wirtschaftlichen Beziehungen müssen immer interessengeleitet und gleichzeitig auch wertegebunden sein. In Partnerschaftsabkommen und in der Entwicklungspolitik berücksichtigen wir dabei den Schutz der Menschenrechte und verfolgen ihre Umsetzung. Handel bringt autoritäre Staaten dazu, sich zu öffnen. Und mit Liberalisierungen im Handel gehen meist Modernisierungen in einer Gesellschaft einher, die kaum mehr aufzuhalten sind. Rechtsstaatlichkeit und der Schutz von Eigentum sind die grundsätzlichen Voraussetzungen für Investitionen und damit auch für wirtschaftlichen Erfolg und Unternehmertum. Durch wachsenden Wohlstand bildet sich dann regelmäßig eine gebildete Mittelschicht heraus. Diese wiederum entwickelt ein politisches Bewusstsein und fordert mit der Zeit mehr Mitspracherechte ein. Somit fördern wirtschaftliche Beziehungen normalerweise langfristig Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie. Die FDP-Bundestagsfraktion sieht in der Globalisierung deshalb eine Chance, den Menschenrechten weltweit zur Durchsetzung zu verhelfen.

Dabei kommt natürlich Unternehmen Verantwortung zu. Sie dürfen in ihrem weltweiten Engagement nicht wertfrei handeln und müssen durch die Medien und eine kritische Öffentlichkeit kontrolliert werden. Der von dem ehemaligen UN-Generalsekretär Kofi Annan ins Leben gerufene Global Compact, durch den sich global tätige Unternehmen freiwillig zu bestimmten Menschenrechtsprinzipien für ihre Aktivitäten verpflichten, ist z.B. eine Initiative, die in diese Richtung geht. Auch viele deutsche Unternehmen sind mit dabei und gehen mit gutem Beispiel voran. Wir Liberalen befürworten diese Initiativen.

Ihre Sichtweise der südostasiatischen Tigerstaaten teile ich nicht. Der Schlüssel zum Erfolg dieser Staaten liegt vor allem in massiven Investitionen in die Bildung und der Öffnung ihrer Volkswirtschaften gegenüber den internationalen Märkten. Viele Länder Lateinamerikas, die im Gegensatz zu den südostasiatischen Tigerstaaten eine protektionistische Wirtschaftspolitik verfolgt haben, stehen heute in Bezug auf ihre wirtschaftliche Entwicklung schlechter da. Die deutlichsten Negativbeispiele aber sind diktatorische, abgeschottete Staaten wie Nordkorea oder Simbabwe, die zu den größten Verlierern der Globalisierung zählen. Die Staaten, die konsequent Handelshemmnisse abgebaut, ihre Märkte geöffnet und ihre Volkswirtschaften liberalisiert haben, sind auch diejenigen, in denen der Wohlstand am schnellsten wächst. Dabei belegen zahlreiche Studien, dass viele der größten Gewinner der Globalisierung insbesondere unter den Entwicklungs- und Schwellenländern zu finden sind. Der ehemalige UN-Generalsekretär Kofi Annan sagte diesbezüglich anlässlich der UNCTAD-Konferenz in Bangkok am 12. Februar 2000: „Die Hauptverlierer in der ungleichen Welt von heute sind nicht diejenigen, die zu sehr der Globalisierung ausgesetzt sind. Es sind diejenigen, die von der Globalisierung ausgeschlossen sind“.

Mit freundlichen Grüßen

Florian Toncar

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