Frage an Fritz Schmalzbauer von Michael M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Schmalzbauer,
Leo Trotzki hatte das Konzept einer tatsächlich freien, demokratischen und sozialistischen Gesellschaft.
(Dafür wurde er bekanntlich von Stalins Agenten verfolgt und ermordet.)
Welche Bedeutung hat der Trotzkismus innerhalb der Partei „Die Linke“?
Mit freundlichen Grüßen,
Michael Mayer
Sehr geehrter Herr Mayer,
ich muss gestehen, mich mit Trotzki nicht profund auseinander gesetzt zu haben. Mir ist es wichtig, sozialökonomische Zusammenhänge aus den Analysen von Marx und Keynes, soziologische Grundlagen von Max Weber, freiheitliche linke Positionen aus Rosa Luxemburg und Kurt Eisner entwickeln zu können. Außerdem sind langjährige Gewerkschafter ihrer Natur nach Pragmatiker. Deren Themen sind die Nächstliegenden: Sozialstaat, Arbeitszeit, Löhne... Zum "Trotzkismus": Es gibt bei uns, wie auch bei der SPD und den Grünen, keine Gesinnungsprüfung. Daher werden "trotzkistische" Positionen - und solche, die sich dafür halten - an aktuellen politischen Fragen sichtbar (Geschichte der DDR, UdSSR, der Israel-Palästina-Konflikt, internationale Beziehungen zu Regimes unterschiedlichen Charakters, die Einschätzung der USA, Bewegungen in Lateinamerika...). Nun muss nicht jeder selbst ernannte Trotzkist besonders überzeugter Demokrat und Fan von Bürgerbeteiligung sein, nur weil sich er oder seine Gruppierung auf Leo Trotzki beziehen. Natürlich gibt es in der Partei Menschen, die Trotzki für sich reklamieren. Andere sind aus Gründen des sozialen Protestes, wieder andere aus christlicher Überzeugung im Widerspruch zur herrschenden Politik zu uns gestoßen. Es kommt aber darauf an, dass jede/r sich klar machen muss, dass wir alle zwar gerne dazu lernen, jedoch oft die Zeit zu grundsätzlichen Diskussionen fehlt oder nicht wahrgenommen wird. DIE LINKE ist kein monolithischer Block, es gibt in ihr "Strömungen" und im Übrigen abgestimmte Programmpunkte. Umso bedauerlicher ist es, wenn Gruppierungen, die in die Partei hineinwirken, ihr eigenes Süppchen kochen wollen.
Mit freundlichen Grüßen
Fritz Schmalzbauer