Frage an Fritz Schmalzbauer von Josef P. bezüglich Kultur
Sehr geehrter Herr Schmalzbauer,
vor wenigen Tagen habe ich beim BfG München folgende Meldung http://www.bfg-muenchen.de/papstbesuch-meinungsfreiheit.htm entdeckt:
Grundrechte in Bayern - Eine Polizeiaktion zum Papstbesuch
Massiver Eingriff in die Grundrechte anlässlich des Papstbesuches 2006
Finden Sie es richtig, daß die Meinungsfreiheit ausgesetzt wird, wenn der Staatschef des Vatikans (nicht Mitglied der UN) und Chef der katholischen Kirche kommt, der nach wie vor u. a. vorehelichen Geschlechtsverkehr und Verhütungsmittel verbietet, Exorzismus betreibt, seine Priester u. a. zum Verzicht auf ihr Sexualleben verpflichtet, keine Frauen ins Priesteramt läßt, weil das „Gott“ nicht vorgesehen hat, Geschiedene in neuen Beziehungen des Ehebruchs beschuldigt, noch vor ca. einem Jahr den Protestanten den Kirchenstatus abgesprochen hat und seine katholische Kirche als die einzig wahre Kirche sieht? Finden Sie es richtig, daß er vor Sex als Droge warnt, aber im zu 100% katholischen Weltbildverlag Pornovideos verkauft werden! http://www.kreuz.net/article.7247.html
Besonders bei derart eklatanten Mißständen seine Meinung frei – auch mit Transparenten und bei Gegendemonstrationen - kundtun zu dürfen, ist in einer freien Gesellschaft selbstverständlich!
Der Papst kommt angeblich 2009, unmittelbar nach Ostern, wieder nach Bayern!
Können Sie - für den Fall, daß Sie Landtagsabgeordneter werden – verbindlich versichern, daß Sie dafür eintreten, jegliche Grundrechtsverletzung zu vermeiden!
Mit freundlichen Grüßen
Josef Pfeil
Sehr geehrter Herr Pfeil,
Meinungsfreiheit und die Freiheit der öffentlichen Kundgebung (Versammlungsfreiheit) gehören zu den Grundrechten. Jede Einschränkung oder gar Demonstrationsverbote sind, wenn das Demonstrationsziel nicht seinerseits die Grundrechte verletzt (Zusammenrottungen von Neonazis) nicht hinnehmbar. Darum bekämpft DIE LINKE gemeinsam mit den Gewerkschaften und anderen demokratischen Parteien das kürzlich von der CSU durchgesetzte Ermächtigungsgesetz gegen die Versammlungsfreiheit in Bayern.
Daher finde ich es grundsätzlich falsch, die Versammlungsfreiheit einzuschränken, ob es sich nun um einen Papstbesuch oder einen anderen Anlass handelt. Ihre Frage zielt jedoch gleichzeitig auf eine Bewertung der Rolle der römisch-katholischen Kirche. Ich könnte Ihrer Kirchenkritik noch einige andere Fakten hinzufügen. Auch in Kreisen der römisch-katholischen Kirche sind viele Ihrer Kritikpunkte umstritten - wenn auch nicht im wünschenswerten Maß und meist ohne Konsequenzen. Ein wichtiger Punkt dabei ist - abgesehen von der Frage nach Glauben oder Nichtglauben - die dogmatische Ausrichtung des Vatikans. Für den Pornoskandal würde ich die Kirche nicht insgesamt verantwortlich machen.
Darum unterstütze ich Ihre Schlussfolgerung, "seine Meinung frei – auch mit Transparenten und bei Gegendemonstrationen - kundtun zu dürfen", auch wenn der Papst 2009, unmittelbar nach Ostern, wieder nach Bayern pilgern sollte.
Nicht erst im Ladtag, sondern in meiner Praxis seit meinem 14. Lebensjahr (Beginn einer Druckerlehre) trete ich für den Erhalt der Grundrechte ein und dafür, dass sie konkret gelebt werden können. Das gilt für die Menschenwürde im Betrieb und in der Gesellschaft ebenso wie für die Versammlungsfreiheit, das Streikrecht, das Recht auf freie Meinungsäußerung oder für die Sozialverpflichtung des Eigentums. So war die erste Großdemonstration, an der ich teilnahm, gegen die Notstandsgesetze gerichtet. Damals wollte die SPD mit der CDU/CSU die Meinungs- und Versammlungsfreiheit beschneiden - eine Art Kniefall der damaligen SPD vor den herrschenden Verhältnissen, um eine Machtbeteiligung zu legitimieren. Der massive Druck von Gewerkschaften und der "68ziger" Bewegung hielt diesen Versuch in Grenzen. Innerbetrieblich ist die Versammlungsfreiheit durch das Betriebsverfassungsgesetz (Betriebsversammlung) eingeführt, deren Durchführungen unter Leitung des Betriebsrates mir ein besonderes Anliegen sind. Die Geschäftsführungen versuchen sie zu beschneiden. Kurzum: Ob im Landtag oder außerhalb - die Grundrechte müssen geschützt werden.
Beste Grüße
Fritz Schmalzbauer