Frage an Gabriele Katzmarek

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Gabriele Katzmarek
SPD
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Frage von Christina und Klaus L. •

Frage an Gabriele Katzmarek von Christina und Klaus L.

Sehr geehrte Frau Katzmarek,

in ihrem Wahlprogramm 2013-2017 hat die SPD auf Seite 95 erklärt: "Wir lehnen – wie 80 Prozent der deutschen Bevölkerung – den Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen ab, denn die Grüne Gentechnik darf den Menschen nicht aufgezwungen werden."

Diese Haltung enthält ein Wahl-Versprechen, das Sie unserer Meinung nach gebrochen haben, als Sie namentlich einer Enthaltung der Bundesregierung bei der anstehenden EU-Abstimmung über die Zulassung der genetisch veränderten Maissorte Genmais 1507 zugestimmt haben.

Diese Haltung der Bundesregierung wird aller Voraussicht nach (mit) dazu führen, dass es zu einem Abstimmungs-Patt im EU-Parlament kommen wird. In diesem Fall entscheidet die EU-Kommission, die den Anbau der Pflanze voraussichtlich erlauben wird.

Sie haben damit gegen den Willen von 80% der Bevölkerung (s. Zitat Wahlprogramm oben) gestimmt und aufs Schönste alle (Vor-)Urteile über die Unglaubwürdigkeit von Parteien und ihren Wahlversprechungen bestätigt und die Politikerverdrossenheit verstärkt. Herzlichen Glückwunsch!

Es würde uns interessieren, wie Sie Ihre Haltung begründen...

Christina und Klaus Lipps

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Lipps, sehr geehrter Herr Lipps,

in Ihrer Frage vom 10. Februar haben Sie Ihre Enttäuschung über die Abstimmung im Bundestag zum Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zum Ausdruck gebracht. Ich will Ihnen im Folgenden daher die Hintergründe zu der besagten Abstimmung erläutern.
Auf europäischer Ebene steht die Zulassung der Maislinie 1507 an. Das Abstimmungsverhalten Deutschlands wird im Kabinett entschieden. Die SPD-Bundestagsfraktion und der SPD-Parteitag haben die Bundesregierung ausdrücklich aufgefordert bei der Gen-Mais Entscheidung in Brüssel mit Nein zu stimmen. Innerhalb der Bundesregierung haben sich die beteiligten SPD-Ressorts (Wirtschaft, Umwelt und Justiz) und das CSU-geführte Landwirtschaftsministerium klar gegen eine Zulassung von Gen-Mais ausgesprochen. Das mitentscheidende CDU-geführte Ministerium der Gesundheit und Forschung sowie das ebenfalls CDU-geführte Bundeskanzleramt wollten jedoch die Zulassung. Nach diesem "CDU-Veto" erfolgte die allgemeine Praxis: Bei unterschiedlichen politischen Einschätzungen innerhalb der Bundesregierung und der zustimmenden Haltung des Bundeskanzleramtes ist es üblich, auf EU-Ebene mit "Enthaltung" zu stimmen. Die SPD hat bei den Koalitionsverhandlungen auf eine klare Linie im Umgang mit Grüner Gentechnik gepocht. Die Unionsfraktionen waren jedoch leider nur bereit, folgende Aussage mitzutragen: "Wir erkennen die Vorbehalte des Großteils der Bevölkerung gegenüber der grünen Gentechnik an."
Es gehört zur parlamentarischen Zusammenarbeit innerhalb einer Koalition, dass Anträge, Gesetzentwürfe sowie weitere politische Positionen gemeinsam entwickelt und nach außen vertreten werden. Es sollen also Kompromisse gefunden werden. Wo keine Kompromisse möglich sind, weil sehr gegensätzliche Positionen aufeinander treffen, müssen andere Lösung gefunden werden. Eine Möglichkeit ist dann sich einer Abstimmung zu enthalten. Ähnliches gilt auch für das Verhalten einer Regierungskoalition gegenüber Anträgen der Opposition: Eine gemeinsame Linie soll gefunden werden. Daran ist auch die SPD-Bundestagsfraktion gebunden. Um dennoch ein deutliches Zeichen zu setzen, haben 71 SPD-Bundestagsabgeordnete, darunter auch ich, eine persönliche Erklärung zur Abstimmung am vergangenen Donnerstag im Bundestag abgegeben:

„Erklärung nach §31 GO BT
der Abgeordneten Gabriele Katzmarek

zum Antrag der GRÜNEN BT-Dr. 18/180 „Keine Zulassung der gentechnisch veränderten Maislinie 1507 für den Anbau in der EU“; TOP 6b am 30.01.2014

Als Sozialdemokratin lehne ich den Anbau und Einsatz von gentechnisch veränderten Pflanzen ab, da er nicht kontrollierbar ist, ein Verunreinigungsrisiko für Umwelt und gentechnikfreie Lebensmittelwirtschaft darstellt und von der Bevölkerung nicht akzeptiert wird. Viele Bürgerinnen und Bürgern sehen keinen Nutzen, aber viele Nachteile, Unsicherheiten oder gar Gefahren. Die große Mehrheit will genveränderte Pflanzen weder auf dem Acker noch im Essen.

Auch für eine Vielzahl deutscher Unternehmen in der Lebensmittelwirtschaft ist der Verzicht auf den Einsatz gentechnisch veränderter Pflanzen ein Qualitätsmerkmal und existenzieller Wettbewerbsvorteil. Der internationale Markt für gentechnikfreie Lebensmittel aus Europa, an welchem mittlerweile hunderttausende von Arbeitsplätzen hängen, wächst stetig.
Aktuell hat am 16.1.2014 auch das Europäische Parlament mit breiter Mehrheit quer durch alle Fraktionen eine Entschließung gegen grüne Gentechnik und die Zulassung des GVO-Mais 1507 verabschiedet. Die grüne Gentechnik darf den Menschen nicht aufgezwungen werden. Deshalb haben wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten uns immer wieder in Initiativen und Anträgen – z.B. auf dem Parteitag am letzten Wochenende – gegen Zulassung, Anbau und Einsatz von gentechnisch veränderten Pflanzen positioniert.
Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten lehnen auch die Zulassung des GVO-Mais 1507 ab. Wenn ich heute den Antrag der Grünen nicht unterstütze, dann tue ich dies aus Gründen der Koalitionsraison. Ich tue dies aber auch im Vertrauen darauf, dass diese Bundesregierung sich an den Koalitionsvertrag hält. Darin wurde vereinbart, die Vorbehalte der Bevölkerung gegenüber der grünen Gentechnik anzuerkennen.
Zwei aktuelle Untersuchungen aus Dezember 2013 und Januar 2014 zeigen erneut die großen Vorbehalte der Bevölkerung gegenüber der grünen Gentechnik: Laut Umfrage der Gesellschaft für Konsumforschung (im Auftrag von Greenpeace) lehnen 88 Prozent die grüne Gentechnik ab, und laut Umfrage des Meinungsforschungsinstituts EMNID (im Auftrag des Bundeslandwirtschaftsministeriums) wollen 83 Prozent keine Gentechnik in der Landwirtschaft.
Ich erwarte - und ich vertraue darauf, dass die Bundesregierung die Koalitionsvereinbarung konsequent umsetzt, die Vorbehalte der Bevölkerung anerkennt, und in Brüssel gegen die Zulassung des GVO-Mais 1507 stimmt.
Gabriele Katzmarek
Berlin, 29.01.2014“

Im Koalitionsvertrag haben sich SPD und CDU/CSU dazu verpflichtet, "die Vorbehalte der Bevölkerung gegenüber der grünen Gentechnik anzuerkennen". Und weiter: "Wir treten für eine EU-Kennzeichnungspflicht für Produkte von Tieren, die mit genveränderten Pflanzen gefüttert wurden, ein. An der Nulltoleranz gegenüber nicht zugelassenen gentechnisch veränderten Bestandteilen in Lebensmitteln halten wir fest – ebenso wie an der Saatgutreinheit." Damit werden wir für die Verbraucherinnen und Verbraucher in Punkto Gentechnik in Deutschland absolute Transparenz schaffen.
Diesem Anspruch werden wir weiter versuchen gerecht zu werden und versuchen auf die Union einzuwirken. Denn die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger in Deutschland will eindeutig keine Grüne Gentechnik - weder auf dem Acker noch auf dem Teller.

Ich hoffe ich konnte Ihnen mein Abstimmungsverhalten näherbringen.

Mit freundlichen Grüßen

Gabriele Katzmarek

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