Frage an Gerhard Schick bezüglich Finanzen

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Gerhard Schick
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Erich H. •

Frage an Gerhard Schick von Erich H. bezüglich Finanzen

Werter Herr Schick,

gestern forderten Sie in einer Zeitung, die Steuern zu erhöhen. Die extrem hohe Verschuldung der Bundesrepublik Deutschland haben allein die Abgeordneten des Bundestages zu verantworten.
Warum fordern Sie nicht, dass die Ursache der hohen Verschuldung endlich beseitigt wird. Zum Beispiel die Verkleinerung des Bundestages auf 299 Abgeordnete und die Entlassung von mindestens 1 Million Beamten?
Die Zeit bietet sich gerade dazu an, denn die Wirtschaft sucht dringend Arbeitskräfte.

Im Gesamthaushalt ( 4.1 lfd. Nr. 2) der Bundesrepublik von 2010 ist die unvorstellbare Summe von 281 171 Milliarden für die Anschaffung von Dienstwagen angegeben. Hier etwas sparsamer mit dem Geld umgehen und Stuttgart könnte zu S21 noch eine dreispurige Autobahn unter der Erde bauen.
Weshalb setzen Sie sich nicht für solche Vorschläge ein?
Warum werden in Ihrer Partei die finanzpolitischen Sprecher nach parteipolitischer Farbenlehre ausgesucht und nicht nach einem finanzwirtschaftlichem Studium?

Mit freundlichen Grüßen

E. Humplik

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Humplik,

haben Sie vielen Dank für Ihre Frage.

Zunächst möchte ich festhalten, dass meine Äußerung bezüglich der Notwendigkeit von Steuererhöhungen in vielen Medien verzerrt wiedergegeben wurde. Konkret habe ich mich im Original-Interview mit dem MDR auf die Situation in den USA bezogen. Vor dem Hintergrund des dortigen Schuldenberges bei gleichzeitig einer der niedrigsten Steuerquoten der OECD halte ich die Blockadepolitik der sogenannten Tea Party-Bewegung gegen jegliche Art von Steuererhöhung tatsächlich für einen großen Fehler. Darauf bezog sich der Kern meiner Aussage.

Nichtsdestotrotz befürworte ich grundsätzlich auch die Erhöhung bestimmter Steuern in Deutschland zum Zweck der Haushaltskonsolidierung. Insbesondere fallen für mich darunter die vermögensbezogenen Steuern sowie die Besteuerung von Kapitalerträgen. Angesichts der auch in Deutschland immensen Schulden- und damit auch Zinsbelastung brauchen wir Lösungen zum Abbau dieser Last, was nicht zuletzt durch die Schuldenbremse vorgegeben wird. Dabei mag es im Haushalt durchaus Einsparpotential geben, wie Sie zu Recht erwähnen.

Ich bin aber überzeugt davon, dass Einsparungen allein nicht ausreichen werden, um langfristig zum Schuldenabbau überzugehen, ohne dass die Infrastruktur in Deutschland noch maroder wird und die soziale Schieflage noch größer. Deshalb setze ich mich beispielsweise für eine einmalige Vermögensabgabe für alle Menschen mit einem privaten Netto-Vermögen von über 1 Mio. Euro ein. Damit könnten wir innerhalb von 10 Jahren rund 100 Milliarden Euro Mehreinnahmen erzeugen, die direkt dem Schuldenabbau zugutekommen. Wir wollen so verhindern, dass diejenigen erneut zur Kasse gebeten, die schon durch Arbeitslosigkeit, Kurzarbeit oder sinkende Einkommen in den letzten Jahren ihren Teil der Lasten getragen haben. Es spricht auch ein weiteres Argument für die Vermögensabgabe: Immer mehr setzt sich in der Wissenschaft die Erkenntnis durch, dass eine große Polarisierung der Einkommen zum Ausbruch von Finanzkrisen beiträgt, da Inhaber großer Vermögen immer riskantere Anlagestrategien verfolgen, um ihr Vermögen zu mehren. Eine Vermögensabgabe ist somit auch ein Beitrag zu stabileren Finanzmärkten.

Ich möchte kurz auf Ihre zwei spezifischen Einsparvorschlage eingehen: Ich finde, das deutsche Doppelsystem der Direkt- und Listenmandate hat sich bewährt. Eine Verringerung der Zahl der Abgeordneten würde zwangsläufig eine Vergrößerung der Wahlkreise zur Folge haben - dies aber halte ich im Sinne der Bürgernähe nicht für sinnvoll. Ohnehin sind die Ausgaben im Bundeshaushalt für das Parlament vergleichsweise gering: In diesem Jahr sind für den Bundestag € 680 Mio. eingeplant - dies sind weniger als 0,25% des Gesamthaushalts in Höhe von € 306 Mrd. Ihre Zahl der Ausgaben für Dienstwagen kann ich leider nicht finden. Sie muss aber deutlich zu hoch sein, denn sie übertrifft das Gesamtvolumen des Bundeshaushalts um das 1000-fache. Grundsätzlich werden im Bundeshaushalt die Ausgaben für Dienstwagen auch nicht insgesamt, sondern auf die Einzelpläne verteilt aufgelistet.

Zuletzt möchte ich anmerken, dass ich promovierter Volkswirt bin und meine Dissertation im Bereich der Finanzwissenschaft verfasst habe.

Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Schick