Frage an Gerhard Schick bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Gerhard Schick
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage an Gerhard Schick von Thorsten K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Dr. Schick,

Sie nennen die Einrichtung von Umweltzonen ein "wirksames Instrument" zur Reduzierung von Partikelemissionen. Eine vom RP Stuttgart in Auftrag gegebene Studie zum Luftreinhalteplan Leonberg hat eine prognostizierte Reduzierung der PM10 von gerade mal 2% (!) ergeben. Hier kann man wohl kaum von einer wirksamen Massnahme sprechen; zumal die betroffenen Fahrzeuge zum grossen Teil gar nicht am Partikelaufkommen beteiligt sind.

Zum Thema Stickoxide: bei den Demonstrationen am bundesweiten Aktionstag gegen Oldtimer-Verbote am 15.4. sind tausende Oldtimer direkt an den Messstationen entlanggefahren, ohne dass diese auch nur die geringste Auffälligkeit gezeigt hätten. Weder bei PM10, noch bei NOx noch bei anderen Schadstoffen.
Offensichtlich ist es also mit der Kausalität Fahrverbote zu Luftreinheit nicht weit her.
Hier besteht seitens der Politik noch erheblicher Bedarf, sich mit den Fakten auseinanderzusetzen:
Ein Diesel moderner Bauart erzeugt Feinstaub. Ein Ottomotor - egal ob mit oder ohne Kat - nicht quantifizierbare Mengen.
Ein Diesel moderner Bauart erzeugt Stickoxide, genau wie ein Ottomotor ohne Kat.
Der CO2-Ausstoss hat überhaupt nichts mit der Schadstoffeinstufung zu tun, sondern lediglich mit dem Verbrauch.

Warum also bekommt ein moderner Golf TDI ohne Kat eine "Feinstaubplakette" und etliche Benziner keine?

Wie soll ein Oldtimerbesitzer, der in einer Umweltzone wohnt, noch aus seiner Garage fahren können?
Glauben Sie wirklich, dass ein Oldtimer durch einen Toyota Prius ersetzt werden kann?
Haben sie sich schonmal überlegt, dass die "Stinker" die hier verboten werden, nicht einfach verschwinden sondern einfach woanders weiterfahren?
Wissen Sie, wieviel Energie allein zur Herstellung eines neuen Autos notwendig ist, nur um ein noch völlig intaktes Fahrzeug zu ersetzen, dessen gesetzliches Haltbarkeitsdatum abgelaufen ist?

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Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Krah,,

zunächst einmal: Ich stehe zu der Aussage, dass Umweltzonen ein "wirksames Instrument" gegen Feinstaub sein können. In der Zeit, die zwischen Ihrer Fragestellung und meiner -- leider späten -- Antwort liegt, haben viele Städte positive Erfahrungen mit den Umweltzonen verzeichnen können, so etwa Berlin ( http://www.welt.de/welt_print/arti2260671/Umweltzone_sorgt_fuer_spuerbaren_Rueckgang_der_Abgasbelastung.html ). Auch in meinem Wahlkreis Mannheim gilt seit 1. März 2008 die Umweltzone, dafür liegen meines Wissens aber noch keine aussagekräftigen Daten vor, die eine langfristige Entwicklung signalisieren würden.

Da die Umweltzonen Teile von Aktionsplänen der Kommunen zur Reduzierung von Feinstäuben und Stickoxiden sind, werden sie nicht bundesrechtlich geregelt; auch über Ausnahmeregelungen wird vor Ort entschieden. Somit ist meine Einflussnahme in diesem Themengebiet begrenzt. Dennoch möchte ich Ihnen gerne meine Einschätzung zu Ihren Fragen mitteilen: Das Problem einer Sonderregelung für Oldtimer sehe ich darin, dass wesentlich jüngere Fahrzeuge, -- also beim Benziner Fahrzeuge ohne geregelten Kat und beim Diesel Euro 1 und schlechter --, nicht in Umweltzonen einfahren dürfen. Davon sind Dieselfahrzeuge betroffen, die teilweise nicht älter als 12 bis 15 Jahre sind. Wie will man den Besitzern und Besitzerinnen dieser Fahrzeuge erklären, dass wesentlich ältere Autos mit wesentlich schlechteren Emissionswerten in Umweltzonen fahren dürfen, während sie nicht einfahren dürfen?

Dass "Stinker" nicht nur in Innenstädten, sondern dann woanders fahren, wie Sie schreiben, ist natürlich richtig. Jedoch wurden Umweltzonen gerade zur Entlastung in besonders feinstaubbelasteten Gebieten eingeführt -- und dazu gehören eben die Innenstädte, wo zudem besonders viele betroffene Menschen leben. Die negativen Auswirkungen der Verschmutzungen dieser Fahrzeuge sind in Innenstädten also am stärksten.

Ich bin aber dafür, dass für Oldtimer-Veranstaltungen in Städten pragmatische Regelungen gefunden werden sollten, statt keinerlei Ausnahmen zuzulassen. Und wer seinen Wohnsitz und seine Garage mit einem Oldtimer in einer Umweltzone hat, für den sollten Ausnahmeregelungen gelten. Im Normalfall kann schon heute jede und jeder eine Sondergenehmigung erhalten, um zu Oldtimerveranstaltungen zu fahren, die außerhalb liegen. Ich halte dies für einen guten Kompromiss zwischen dem Umwelt- und Gesundheitsschutz auf der einen und den Freiheiten von Oldtimer-Besitzern auf der anderen Seite.

Mit freundlichen Grüßen

Gerhard Schick