Frage an Gerrit Richter bezüglich Umwelt

Gerrit Richter
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Frage von Steffen K. •

Frage an Gerrit Richter von Steffen K. bezüglich Umwelt

Sehr geehrter Herr Richter,

Im Schornsteinfegerhandwerk stehen weitreichende Reformen bevor. Meine Frage an Sie; sind Sie für oder gegen die Schornsteinfegerbereichzuordnungen (Monopole) ? Wie stehen sie zu den regelmäßigen und neutralen Überwachungen von Feuerstätten im häuslichen Bereich, vor dem Hintergrund das Sicherheit oftmals keinen Wettbewerb duldet.

Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Kircher,

die Wirtschaftsministerkonferenz hat die Bundesregierung am 2. Juni 2004 gebeten auf der Grundlage der im Bericht von Baden-Württemberg vom 26.4.2004 dargelegten Modelle einen geeigneten Vorschlag für die zukünftige Gestaltung des Schornsteinfegerwesens zu machen.

Die Bundesregierung hat ihrer Prüfung den am 12. Mai 2004 gefassten Kabinettbeschluss zur Liberalisierung des Schornsteinfegerrechts und die Rechtsprechung des EuGH zugrunde gelegt. Ein wesentlicher Punkt hierbei ist die Vereinbarkeit mit EU-Recht im Hinblick auf das von der Kommission eingeleitete Vertragsverletzungsverfahren, weil nach Auffassung der Bundesregierung nur im Rahmen dieser Vorgaben Gestaltungsspielraum besteht.

Im Rahmen ihrer Beschlüsse „Bürokratieabbau und Deregulierung“ vom 12. Mai 2004 hat die Regierung unter anderem beschlossen, das Schornsteinfegermonopol zu überprüfen. Folgende Zielsetzungen sollen bei der Umsetzung berücksichtigt werden:
- Hoher Standard von Feuersicherheit und Umweltschutz in Anpassung an den Stand der Technik.
- EU-Vereinbarkeit/ Vertragsverletzungsverfahren.
- Geringe finanzielle und sonstige Belastungen der Hauseigentümer.
- Geringe Bürokratie für die Behörden.
- Möglichst geringe Belastung für den Staat (z. B. hinsichtlich der Altersversorgung).
- Vermeidung von Doppelarbeiten bei der Emissionsmessung.
- Prüfung der Öffnung von Schornsteinfegerarbeiten für andere Handwerke und neuer Tätigkeitsfelder für Schornsteinfeger.
- Angemessene Übergangslösungen, um Perspektiven für das Schornsteinfegerhandwerk zu erhalten.

Die EU-Kommission macht geltend, dass das derzeit in Deutschland für die Schornsteinfegertätigkeit geltende Recht nicht mit den Bestimmungen des EG-Vertrages, insbesondere nicht mit der Niederlassungs- und der Dienstleistungsfreiheit, vereinbar sei.
Sie beanstandet:
- Die Beschränkung des Zugangs zum Schornsteinfegerberuf und dessen Ausübung auf nur einen Bezirksschornsteinfegermeister (im Folgenden mit BSM bezeichnet) pro Bezirk.
- Das Verbot einer Tätigkeit des BSM außerhalb seines Kehrbezirks.
- Das Erfordernis der Eintragung in eine „Bewerberliste“ für jeden Bewerber für eine BSM-Stelle sowie einer mindestens zweijährigen praktischen Tätigkeit im Betrieb eines BSM im betreffenden Bundesland innerhalb der letzten drei Jahre vor der Bestellung.

- Die Pflicht zum Nachweis der gesundheitlichen Eignung zur Ausübung der Tätigkeit.
- Die Pflicht, den Wohnsitz im Kehrbezirk oder in dessen Nahbereich zu nehmen.
- Die Herausnahme des Schornsteinfegerhandwerks aus dem Geltungsbereich der EU/EWR-Handwerk-Verordnung. Dies stehe nicht in Einklang mit der Richtlinie 1999/42/EG über ein Verfahren zur Anerkennung der Befähigungsnachweise für die unter die Liberalisierungs- und Übergangsrichtlinien fallenden Berufstätigkeiten in Ergänzung der allgemeinen Regelung zur Anerkennung der Befähigungsnachweise.

Gemäß den Artikeln 45 und 55 EGV finden die Niederlassungs- und die Dienstleistungsfreiheit keine Anwendung auf Tätigkeiten, die in einem Mitgliedstaat dauernd oder zeitweise mit der Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden sind.

Der EuGH hat in den bisher bekannt gewordenen Fällen nicht zugunsten von Mitgliedstaaten entschieden, die sich auf die Ausübung öffentlicher Gewalt berufen haben. Zweifelsfrei ist eine Ausübung öffentlicher Gewalt bei den Aufgaben von Militär, Polizei und Justiz gegeben.

Als Ausnahmevorschriften sind die Artikel 45 und 55 EGV eng auszulegen. Nach der Rechtsprechung des EuGH setzt Artikel 45 eine „unmittelbare und spezifische Teilnahme an der Ausübung öffentlicher Gewalt“ voraus (EuGH Urteil v. 13.7.1993, Rs. C-42/92, Thijssen, Slg. 1993, I-4047 Rn. 8; Urteil vom 21.6.1974, Rs. 2/74, Reyners, Slg. 1974, 631, Rn. 42/43). Der EuGH stellt dabei darauf ab, ob die Person, die die Tätigkeit ausübt, zum Erlass von abschließenden Entscheidungen befugt ist oder ob sie lediglich eine helfende und vorbereitende Rolle gegenüber derjenigen Person hat, welche die abschließende Entscheidung trifft (EuGH Rs. C-42/92, Thijssen, aaO.). Ein bloßer Beitrag zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit stellt keine Ausübung öffentlicher Gewalt dar (Rechtssachen C-114/97 vom 29.10.1998 Kommission/ Spanien und C-355/98 vom 9. März 2000 Kommission/ Belgien). Auch schlicht hoheitliches Handeln unterliegt nicht Art. 45 EGV (Nachweise bei Streinz, EUV/EGV, Art. 45, Rn. 5). Die Ausübung öffentlicher Gewalt im Sinne vom Art. 45 EGV liegt daher nicht schon dann vor, wenn öffentliche Aufgaben wahrgenommen werden.

In der „Mitteilung der Kommission zu Auslegungsfragen im Bereich Konzessionen im Gemeinschaftsrecht“ (ABl. 2000/C 121/02; Anlage 4, s. Seite 8) ist festgestellt, dass Tätigkeiten, die aufgrund einer Verpflichtung oder einer gesetzlich festgelegten Ausschließlichkeit verrichtet oder von nationalen Stellen als öffentlicher Dienst bezeichnet werden, nicht automatisch der Ausnahmeregelung des Art. 45 EGV unterliegen. Es sei zwar richtig, dass jede Tätigkeit, die der Staat überträgt, grundsätzlich auch gemeinnützig ist; dies bedeute jedoch nicht, dass diese Tätigkeit notwendigerweise zur Ausübung der öffentlichen Gewalt gehört. Die Anwendbarkeit des Art. 45 sei nach der Rechtsprechung des EuGH z. B. aufgrund folgender Feststellungen ausgeschlossen:
-Die öffentliche Gewalt behält die Kontrolle über die übertragenen Tätigkeiten und verfügt über die geeigneten Mittel zur Sicherung der von ihr zu wahrenden Interessen.
-Die übertragenen Tätigkeiten sind technischer Natur und haben daher nichts mit der Ausübung öffentlicher Gewalt zu tun.

Wenn, bei Trennbarkeit einzelner Tätigkeiten, möglicherweise einzelne Tätigkeiten des Schornsteinfegers als unmittelbare und spezifische Teilnahme an der Ausübung öffentlicher Gewalt gewertet werden können, erfasst diese Bewertung nicht gleichzeitig das übrige Berufsbild. Eine Ausnahme von den Grundfreiheiten gilt nur für die betreffende Tätigkeit. Voraussetzung ist zudem, dass diese Tätigkeit regelmäßig ausgeübt wird und nicht nur einen geringen Teil des Berufsbilds ausmacht (vgl. EuGH, Urteil vom 30. September 2003, Rs. C-405/01, „Spanische Kapitäne“, Rn. 44 und 50).

2. Artikel 86 Abs. 2 EGV
Auch aus Artikel 86 Abs. 2 EGV lässt sich keine Ausnahme für die Anwendung der Grundfreiheiten auf die Schornsteinfegerarbeiten herleiten. Nach dieser Vorschrift gelten für Unternehmen, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse betraut sind, die Vorschriften des EGV, soweit die Anwendung dieser Vorschriften nicht die Erfüllung der den betreffenden Unternehmen übertragenen besonderen Aufgabe rechtlich oder tatsächlich verhindert.

Es ist bereits fraglich, ob Schornsteinfeger „Unternehmen“ sind, die „mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse betraut sind“. Jedenfalls verhindert die Anwendung der Dienstleistungs- bzw. der Niederlassungsfreiheit weder rechtlich noch tatsächlich die Erfüllung der den Schornsteinfegern übertragenen Aufgaben.

3. Sofern keine Ausübung öffentlicher Gewalt vorliegt, ist der Mitgliedsstaat berechtigt, die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit einzuschränken, wenn dies in nicht diskriminierender Weise geschieht, zwingenden Gründen des Allgemeininteresses dient und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht (Rechtssache Gebhard C-55/94).

Ob diese Voraussetzungen vorliegen, muss für jede einzelne der derzeitigen Schornsteinfegeraufgaben geprüft und beantwortet werden.

Administrative Erwägungen können eine Abweichung von den Vorschriften des Vertrags nicht rechtfertigen.

Unter Beachtung dieser Vorgaben und der von ihr beschlossenen Zielsetzungen hat die Bundesregierung die im Bericht von Baden-Württemberg und auf Fachebene diskutierten Varianten geprüft, mit dem Ergebnis, dass das Schornsteinfegerrecht wettbewerbsorientiert ausgestaltet werden sollte.

Die Eckpunkte der Schornsteinfegerrechtsreform werden derzeit zwischen den Bundesressorts abgestimmt. Anschließend sollen die betroffenen Verbände und Kreise hierzu angehört werden.

Zu den diskutierten unterschiedlichen Modellen möchte ich Ihnen aufzeigen, was aus Sicht der Bundesregierung Folgendes anzumerken ist:

1. Modifiziertes Kehrbezirkssystem
Das modifizierte Kehrbezirkssystem wird nach derzeitigem Diskussionsstand vom Schornsteinfegerhandwerk befürwortet.

Das Modell wird wie folgt beschrieben:
- Der Kehrbezirk und die Beschränkung auf einen BSM pro Bezirk bleiben bestehen.
- Das Verbot der Tätigkeit außerhalb des Kehrbezirks bleibt aufrecht erhalten.
- Die Bewerberliste entfällt. Stattdessen werden die Kehrbezirke ausgeschrieben. Es kann sich jeder bewerben, der die Voraussetzungen erfüllt, auch Staatsangehörige anderer EU-Staaten. Voraussetzung ist die Meisterprüfung im Schornsteinfegerhandwerk oder ein gleichwertiger Abschluss. Bei gleicher Eignung und Befähigung wird der bisherige Kehrbezirksinhaber dem Neubewerber, ansonsten der ältere Bewerber dem jüngeren Bewerber vorgezogen.
- Die gesundheitliche Eignung wird nur überprüft, wenn Zweifel bestehen, dass der BSM die übertragenen Aufgaben erfüllen kann.
- Es erfolgt eine hoheitliche Bestellung des BSM‘s, beschränkt auf fünf Jahre. Bis zur Altergrenze von 65 Jahren sind Wiederbestellungen möglich.
- Die staatliche Gebührenordnung bleibt bestehen.
- Die Residenzpflicht im Kehrbezirk oder in dessen Nahbereich entfällt.
- Die zuständige Verwaltungsbehörde kann im Einzelfall bei gleicher Qualifikation auch einen Bürger eines anderen EU-Staates bzw. einen BSM eines anderen Bezirks mit der Durchführung von Schornsteinfegerarbeiten beauftragen, allerdings beschränkt auf die Schornsteinfegertätigkeiten nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 10 SchfG. Der Dienstleistungserbringer ist in diesem Fall verpflichtet, dem Kehrbezirksinhaber die ordnungsgemäße Arbeitsdurchführung zu bestätigen und die nach § 19 SchfG aufzuzeichnenden Daten zu übermitteln.

Das modifizierte Kehrbezirkssystem trägt den unter Ziffer II dargestellten Anforderungen des Europarechts nur zum geringen Teil Rechnung:
- Die grundsätzliche Beschränkung der selbständigen Ausübung des Schornsteinfegerhandwerks auf einen BSM pro Kehrbezirk bleibt bestehen. Dies beeinträchtigt die Niederlassungs- und die Dienstleistungsfreiheit von Angehörigen anderer Mitgliedstaaten mit gleicher Qualifikation.
- Das Verbot der Tätigkeit außerhalb des Kehrbezirks bleibt ebenfalls erhalten. Dies stellt eine doppelte Einschränkung dar. Zum einen werden die in Deutschland ansässigen BSM daran gehindert, ihre Dienste in anderen Mitgliedstaaten anzubieten. Zum anderen wären die Möglichkeiten für Interessierte anderer Mitgliedstaaten, die ihre Dienste in ganz Deutschland anbieten wollen, sich niederzulassen, eingeschränkt, weil diese auf einen Kehrbezirk beschränkt wären.
- Die vorgesehene Auswahl der Bewerber für einen Kehrbezirk stellt eine versteckte Diskriminierung von Angehörigen anderer Mitgliedstaaten dar, wenn bei gleicher Eignung und Befähigung der bisherige Kehrbezirksinhaber dem Neubewerber vorgezogen wird.

Das Modell verstößt gegen die durch das EU-Recht gewährleistete Dienstleistungsfreiheit:
- Dienstleister aus den Mitgliedsstaaten mit entsprechender Qualifikation dürfen nur einen geringen Teil der Leistungen des Katalogs des § 13 SchfG durchführen.
- Die Dienstleistung durch „Bezirksfremde“ soll zudem im Wege eines nicht näher bestimmten administrativen Ermessens („kann“) auf nur wenige Einzelfälle beschränkt werden.
- Die Zulassung qualifizierter und in Deutschland in Anwendung des EU-Rechts zur Ausübung des Schornsteinfegerhandwerks Berechtigter soll darüber hinaus einer „Beauftragung“ durch die Behörde bedürfen, also einer zusätzlichen Genehmigung. Dies führt bei Unternehmern, die den Nachweis der Befähigung bereits im Ursprungsstaat erbracht haben und deren Qualifikation nach EU-Recht anzuerkennen ist, zu einer unzulässigen Doppelbelastung.

Es bestehen Bedenken, ob die Einschränkungen der Grundfreiheiten durch das modifizierte Kehrbezirksmodell mit der Gewährleistung von Feuersicherheit, Immissionsschutz oder Gesundheitsschutz gerechtfertigt werden können, denn sie gehen über das Maß dessen hinaus, was zur Sicherstellung der schützenswerten Interessen notwendig wäre.

2. Versicherungsmodell
Danach hat der Hauseigentümer die Überwachung seiner Verpflichtungen nach dem Schornsteinfegergesetz von einer Versicherung vornehmen zu lassen. Schließt der Eigentümer keine adäquate Versicherung ab, muss die untere Verwaltungsbehörde die Überwachung übernehmen.

Für dieses Modell spricht die Kompatibilität mit dem EU-Recht, es sind aber folgende Nachteile zu bedenken:
- Es gewährleistet keinen hohen Standard von Feuersicherheit und Umweltschutz.
- Die finanziellen Belastungen der Hauseigentümer steigen (Versicherungsprämie zusätzlich zu Schornsteinfegergebühren).
- Zusätzlicher Bürokratieaufwand für die zuständigen Behörden.
- Es führt zur Belastung für den Staat (z.B. hinsichtlich der Altersversorgung).

3. Freies Marktmodell
Danach schließt jeder Grundstückseigentümer einen (Jahres-)Vertrag ab mit einem Schornsteinfegerbetrieb seiner Wahl über die anfallenden Schornsteinfegerarbeiten. Die Kontrolle, ob die Arbeiten durchgeführt worden sind, erfolgt durch ein zentrales Gebäuderegister, in dem die Erledigung vermerkt wird. Das Register wird bei den Innungen geführt (Alternativ: Handwerkskammern, Finanzämter).

Für dieses Modell spricht die Kompatibilität mit dem EU-Recht, es sind aber folgende Nachteile zu bedenken:
- Der Standard von Feuersicherheit und Umweltschutz ist in diesem Modell am wenigsten gewährleistet.
- Es führt zur Belastung für den Staat (z.B. hinsichtlich der Altersversorgung).
- Perspektiven für das Schornsteinfegerhandwerk sind fraglich.
- Die zentrale Frage der Registerführung ist ungeklärt.

4. Konzessionsmodell
Danach bliebe der gesamte Aufgabenbereich der Bezirksschornsteinfegermeister als Monopol bestehen und würde im Wege einer Konzession zeitlich begrenzt vergeben.

Gemäß der o. g. Mitteilung der Kommission zu Auslegungsfragen im Bereich Konzessionen im Gemeinschaftsrecht gelten die Vorschriften und Grundsätze des EG-Vertrags auch für Konzessionen. Auch bei einer Ausgestaltung des Aufgabenbereichs der BSM als Konzession sind somit die Niederlassungs- und die Dienstleistungsfreiheit zu wahren.

Gegen das Konzessionsmodell bestehen europarechtliche Bedenken, weil Anbieter (Deutsche und Angehörige anderer EU-Staaten), die keine Konzession erhalten haben, sowohl von der Niederlassung wie von der Dienstleistungserbringung ausgeschlossen sind. Diese Einschränkungen der Grundfreiheiten dürften sich durch die Sicherstellung von Feuersicherheit, Immissionsschutz oder Gesundheitsschutz nicht ausreichend rechtfertigen lassen, zumal mit dem wettbewerbsorientierten Kehrbezirkssystem (Ziffer 5) ein Modell zur Sicherstellung der schützenswerten Interessen zur Verfügung steht, das mit weniger einschneidenden Maßnahmen auskommt.

Wenn ermöglicht würde, dass trotz der Konzession auch jeder andere Schornsteinfeger alle Tätigkeiten ausführen darf, wäre nicht nachvollziehbar, worin der Sinn der Konzession für den Konzessionär liegen soll.

5. Wettbewerbsorientiertes Kehrbezirksmodell

Nach diesem Modell soll das bestehende Kehrbezirksystem durch ein wettbewerbsorientiertes System ersetzt werden.

Die der Beleihung eines Bezirksschornsteinfegermeisters vorbehaltenen Aufgaben werden im Umfang wesentlich reduziert. Der Beleihung vorbehalten werden -in nicht diskriminierender Weise- nur die Aufgaben, die zwingenden Gründen des Allgemeininteresses dienen, wobei der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet wird. Unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit genügt es bei einem wesentlichen Teil der derzeitigen Aufgaben, wenn die ordnungsgemäße Durchführung der dem Eigentümer/ Betreiber obliegenden Verpflichtungen durch den Beliehenen kontrolliert wird. Dabei muss auch die Kontrolle nach Art und Umfang dem Erfordernis der Verhältnismäßigkeit genügen.

Kehrbezirke werden beschränkt auf diesen Inhalt befristet für jeweils fünf Jahre ausgeschrieben und in einem transparenten Verfahren vergeben. Wiederbestellungen sind zulässig. EU-Bürger mit entsprechender Qualifikation haben die gleichen Rechte.

Für die übrigen nicht der Beleihung vorbehaltenen Tätigkeiten der Schornsteinfeger wird uneingeschränkt Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit hergestellt. Der Kehrbezirksinhaber ist in diesen Bereichen als „normaler“ Gewerbetreibender im Wettbewerb mit allen übrigen zur Ausübung des Schornsteinfegerhandwerks Berechtigten tätig.

Das derzeitige Nebentätigkeitsverbot für BSM wird weitgehend aufgehoben.

Der BSM darf als nicht beliehener Gewerbetreibender auch außerhalb seines Kehrbezirks tätig werden.

Die so genannten „Doppelmessungen“ könnten dadurch vermieden werden, dass zwischen dem Handwerk der Installateure und Heizungsbauern einerseits und den Schornsteinfegern andererseits ein fairer Wettbewerb eingeführt wird. Voraussetzung ist jeweils die entsprechende Qualifikation.

Das wettbewerbsorientierte Kehrbezirksmodell hat folgende Vorteile:
- Es bleibt ein hoher Standard an Feuersicherheit sowie Gesundheits- und Umweltschutz gewährleistet.
- Perspektiven für den Beruf des Schornsteinfegers werden gewahrt.
- Das Modell ist europarechtskonform, wenn und weil die Beleihung auf Tätigkeiten beschränkt wird, die verhältnismäßige und notwendige Maßnahmen zum Schutze überragender Gemeinwohlinteressen nämlich Brandschutz, Feuersicherheit, Umweltschutz und Schutz der öffentlichen Gesundheit darstellen.
- Die Belastungen für die Verbraucher dürften geringer sein als beim Versicherungsmodell und beim freien Marktmodell.

Ziel ist bei Umsetzung dieses Modells, die bestehende umlagefinanzierte Alterszusatzversorgung, ggf. mit Anpassungen im Einzelnen, fortzuführen. Von den als europarechtskonform in Betracht kommenden Modellen (s. oben) dürfte dies am ehesten mit dem wettbewerbsorientierten Kehrbezirksmodell möglich sein.

Zur sozialverträglichen Ausgestaltung der Reform können Übergangsregelungen geschaffen werden.

Unter Zugrundelegung der Zielsetzungen der Bundesregierung und der Vorgaben des Europarechts dürfte das so genannte „wettbewerbsorientierte Kehrbezirksmodell“ derjenige Weg sein, der am ehesten geeignet ist, für die komplexen Fragen der Schornsteinfegerreform eine sachgerechte Lösung zu finden.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen aufzeigen, dass das wettbewerbsorientierte Modell einen hohen Standard an Feuersicherheit sowie Gesundheits- und Umweltschutz gewährleistet. Bei Rückfragen und/oder Unklarheiten würde ich mich freuen, wenn Sie sich erneut an mich wenden.

Mit freundlichen Grüßen
Gerrit Richter