Frage an Gesine Haerting von Stefan D. bezüglich Recht
Sehr geehrte Frau Dr. Haerting,
Sie sind Ärztin, d.h., Sie verstehen etwas von Gesundheit.
Ist Ihnen bekannt, daß während des kalten Kreiges die amerikanische Botschaft in Moskau mit Mikrowellen einer Intensität bestrahlt wurde, die dem heutigen Mobilfunk entspricht (unter den deutschen Grenzwerten), und wissen Sie, welche Folgen das für die amerikanischen Botschaftsangehörigen hatte ?
Sind Sie der Meinung, daß es dem Grundgesetz entspricht, wenn Bürger in Halle und anderswo nicht die geringste rechtliche Möglichkeit haben, ihre Zwangs-Dauer- Bestrahlung, nicht einmal die ihrer Kinder, mit Mikrowellen in der Größenordnung wie damals in Moskau zu verhindern, weil sie keine Einspruchsmöglichkeit gegen Standorte von Basisstationen haben ?
Möchten Sie diese Zwangsbestrahlung und Rechtlosigkeit der Bürger und Kommunen in Sachsen-Anhalt beseitigen ?
Was haben Sie empfunden, als die Erarbeitung einer Mobilfunkkonzeption zur Reduzierung der Mikrowellenbelastung in Halle durch Stadträte, die sich gar nicht ernsthaft mit dem Thema befasst haben, aus Parteiproporz verhindert worden ist ?
Würden Sie, wenn es Ihnen gelingt, in den Landtag zu kommen, dort Initiativen entwickeln, damit das Thema "drastische Reduzierung der EMF-Belastung durch innovative technische Konzepte" zur Gewährleistung der im Grundgesetz garantierten Rechte der Bürger auf Vorsorge und Schutz endlich diskutiert und nicht weiter tabuisiert wird ?
Möchten Sie sich für die Abschaffung der privilegierter Rechte der Mobilfunkbetreiber im Baurecht einsetzen ?
Fänden Sie die Einführung einer Steuer auf Mikrowellen- Emissionen durch Basisstationen vernünftig,
und würden Sie dann für Steuerminderung bei im Einzelfall nachweislich geringer Immissionsbelastung plädieren ?
Sollten die Einnahmen dieser Emissionssteuer (die man auch auf alle andere schädlichen Emissionen ausdehnen könnte) den Kommunen oder dem Land zugute kommen ?
Mit freundlichen Grüßen
Stefan Spaarmann
Sehr geehrter Herr Dr. Sparmann,
ich beantworte Ihre Fragen der Reihenfolge nach:
1. Das habe ich inzwischen nachgelesen.
2. Vermutlich werden die derzeit geltenden Vorschriften zur
Installation von Sendeanlagen und deren Senderstärke im Wesentlichen
eingehalten. Jedoch sind letztere Vorgaben nach der 26. BImSchV quasi
nach oben offen, obwohl Handys schon bei vielfach geringeren Werten
funktionieren und durchaus technische Möglichkeiten vorhanden sind,
Mobilfunk auch bei geringeren Strahlungswerten zu ermöglichen. Diese
nicht an wirklich vorbeugendem Gesundheitsschutz orientierten Werte
sehe ich als den eigentlichen Missstand an.
3. und 4.: Wie Sie sich sicher erinnern haben wir im Juni 2005 einen
Antrag in den Stadtrat eingebracht, der u.a. die Einrichtung eines
Rundes Tisches forderte mit dem Ziel, die unterschiedlichen
Netzkonzepte für Mobilfunksender zu koordinieren, um bei Sicherung der
Versorgung dem vorsorgenden Gesundheitsschutz für die Bürgerinnen und
Bürger möglichst weitgehend Rechnung zu tragen. Sensible Bereiche wie
Wohnungen, Kindergärten, Schulen, Altenheime und Krankenhäuser sollten
besonders berücksichtigt werden. Bei Bedarf sollte externer Sachverstand
hinzugezogen werden und außerdem ein zuständiger Ansprechpartner für den
Bereich Mobilfunk in der Verwaltung benannt werden.
Auf der Grundlage der Ergebnisse dieses Runden Tisches sollten
Verwaltung und Mobilfunkbetreiber ein konkretes Standortkonzept für
Mobilfunkanlagen im Stadtgebiet erarbeiten. Als Eckpunkte des Konzeptes
sollten gelten:
Minimierung der Immissionen in schutzbedürftigen Bereichen durch
geeignete Standortwahl,
Kooperation der Netzbetreiber bei der Standortwahl,
Planung möglichst kleinteiliger Netze in bewohnten Bereichen, um
unnötig hohe Strahlungswerte zu vermeiden,
Installation der Sendemasten auf möglichst hohen, freistehenden Gebäuden,
stärkere Beteiligung der Betroffenen (Kommunikation der Standorte),
Berücksichtigung von Immissionsschutzgesichtspunkten bei der Auswahl
der Antennentechnik,
Berücksichtigung der Gesamtimmissionen,
Sicherung der Versorgung, d.h. Telefonieren in überirdischen Bereichen
ohne wesentliche Qualitätseinbußen; nicht zur Versorgungssicherung
gehört das mobile Telefonieren in unterirdischen Bereichen.
Mit diesem Antrag wollten wir überhaupt erst einmal anfangen die
Verwaltung und unsere Mitstadträte für das Thema zu sensibilisieren. Es
ging nicht um die Verhinderung von Mobilfunk, sondern um die Ausnutzung
der schon jetzt vorhandenen, wenn auch eingeschränkten, Möglichkeiten
eines vorbeugenden Gesundheitsschutzes. Es war dann schon erschreckend
zu sehen, wie die Diskussion im Ausschuss abgewürgt wurde und der Antrag
sowohl im Ausschuss als auch im Stadtrat abgelehnt wurde, im Übrigen
meines Wissens auch von den Stadträten die heute für GUT kandidieren und
denen Sie viel Anerkennung zollen.
5.-8.: Wir werden am Thema bleiben, in gewohnter Grüner Hartnäckigkeit,
wenngleich einiges von dem, was Sie in Ihren Fragen vorschlagen, nicht
auf Landes- sondern auf Bundesebene überlegt und bearbeitet werden
müsste. Für Hinweise, kritisches Hinterfragen und Zuarbeit sind wir wie
immer offen.
In diesem Sinne grüßt freundlich
Gesine Haerting