Frage an Gudrun Kopp bezüglich Finanzen

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Gudrun Kopp
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Frage von Manfred W. •

Frage an Gudrun Kopp von Manfred W. bezüglich Finanzen

Sehr geehrte Frau Kopp,

ich mache mir große Sorgen um Deutschlands Zukunft.
Wir sind mitten im Wandel von der Leistungsgesellschaft zur Anspruchsgesellschaft.
Nicht das Erwirtschaften, sondern das Verteilen sind die heutigen Schwerpunkte. Aber Verteilen setzt Erwirtschaften voraus. Im Bundestag sitzen zu 2/3 Beamte, die das Erwirtschaften nicht gelernt haben. Wirtschaftsleute wie Merz, Koch und Köhler standen alleine da und gaben auf.

In meinem 7-jährigen Scheidungskrieg über 14 Prozesse habe ich gelernt, daß Meineid und Betrug nicht mehr verfolgt werden. Richter und Anwälte leben von Strafttaten und mehren sie. Hier habe ich gelernt, wie Recht der Dalei-Lama mit der Äußerung "es ist kein Wirtschaftsproblem, sondern ein Moral-Problem bei jedem Einzelnen" hat. Staaten mit lauter Egoisten werden zusammen brechen: Wir stehen, wie die gesamte EU, kurz davor .

Wie können Sie Lösungen finden und durchsetzen?

Welche Lösungen haben Sie, um die Tüchtigen vor folgendem Hintergrund im Lande zu halten?
In 2007 betrugen die Renten in Westdeutschland bei Neurentnern Männer = 800 €, Frauen = 400 € im Schnitt. In 20 Jahren haben sich die Renten nach heutigen Gesetzen durch die Inflation halbiert. Wer heute 40 Jahre alt ist, hat keine Chanche, mit der Rente auch nur Annähernd die HarzIV-Grenze zu erreichen und kann eigentlich nur auswandern oder Beamter werden (da ist der Schnitt ja bei 2.720 €). Dann ist Deutschland kaputt. Als 1950 geborener Lemgoer werde ich mit 65 voraussichtlich nach 48 Berufsjahren und privater Vorsorge mein Auskommen haben, aber wäre ich 30, würde ich auswandern, da ich leistungsorientiert lebe.

Welche Lösungen haben Sie gerade für Jüngere?

Mit freundlichen Grüßen

Manfred Weking

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Weking,

ich teile Ihre Einschätzung, dass vor dem Verteilen das Erwirtschaften stehen muss, sonst gerät jedes Sozialsystem aus den Fugen. Deutschlands größte Herausforderung ist die demografische Entwicklung, wenn immer mehr Menschen glücklicherweise immer älter und damit längere Zeit Renten beanspruchen können - aber immer weniger junge Leute diese erwirtschaften.

Die sinkende Geburtenrate hat zur Folge, dass im Jahr 2030 die Zahl der Erwerbstätigen sich um 4,7 Millionen vermindern wird (Prognos-Studie "Deutschland - Report 2030"). Immer weniger Beitragszahler stehen also für immer mehr Rentner ein. Der Rentenversicherungsbeitrag stiege ohne Reformen auf mindestens 24% - eine Belastung, die in Kombination mit zu erwartenden Beitragssatzsteigerungen bei Gesundheit und Pflege untragbar wäre.
Schon jetzt ist der größte Ausgabenposten im Bundeshaushalt 2010 die Leistungen des Bundes an die gesetzliche Rentenversicherung, die von rd. 80,7 Mrd. € bis auf rd. 82,5 Mrd. € am Ende des Finanzplanzeitraums anwachsen. Bei den Arbeitsmarktausgaben (rd. 69,0 Mrd. € im Haushaltsentwurf 2010) stellen die Leistungen für die Grundsicherung für erwerbsfähige Arbeitslose mit rd. 41,1 Mrd. € den größten Posten dar. Die Sozialausgaben insgesamt machen mittlerweile mehr als die Hälfte des gesamten Bundesetats aus. 1980 betrug der Anteil der Sozialausgaben am Gesamthaushalt rund 16 Prozent. 1990 waren es schon 30, heute sind es 55 Prozent. Wir gefährden den Sozialstaat nicht durch moderate Einsparungen, sondern durch sein Ausufern.
Wir sind weltweit das Land mit den höchsten Sozialausgaben - gemessen am Gesamthaushalt. Betrachten wir die globalisierte Welt und sehen, welche Potentiale in anderen Ländern bestehen oder aber wachsen, wird klar, dass die Schwellenländer, wie China, Indien und Brasilien in Kürze diejenigen sein werden, die am meisten und vielleicht auch schnellsten wirtschaftliche Entwicklung, Innovationen und Bildung zusammenführen werden. Dagegen werden die reichen Industrieländer an Innovationskraft und Flexibilität verlieren - wenn sie sich nicht besser und engagierter den Herausforderungen stellen. Was geschehen muss - bezogen auf deutsche Bundespolitik:

- Werte, Moral vorleben - positive Beispiele geben
- Haushaltskonsolidierung betreiben, intelligent sparen
- Engagement belohnen - sowohl ideell als auch finanziell (Steuervereinfachung, Steuer- Erleichterungen für kleine / mittelgroße Einkommen)
- Fokus auf Bildung und Innovationen setzen
- nicht Dauer-Arbeitslosigkeit verwalten, sondern Anreize schaffen für die Aufnahme von Arbeit

Die FDP steht für eine generationengerechte Rentenpolitik, die den Erfordernissen der älter werdenden Gesellschaft entspricht. Sie tritt deshalb für eine möglichst lange Teilhabe der Bürger am Erwerbsleben auf der Basis einer freien Entscheidung ein. Das Konzept eines flexiblen Übergangs vom Erwerbsleben in den Ruhestand ermöglicht es Älteren, die Arbeitszeit bei Bedarf ab dem 60. Lebensjahr zu reduzieren. Gleichzeitig erhalten sie die Möglichkeit, unbegrenzt hinzu zu verdienen. Um die Lohnnebenkosten in Grenzen zu halten, will die FDP den Beitragssatz zur gesetzlichen Rentenversicherung langfristig unter 20 Prozent halten. Die gesetzliche Rente muss außerdem stärker durch private und betriebliche Altersvorsorge ergänzt werden. Dazu muss die freiwillige Altersvorsorge umfassender und unbürokratischer als bisher gefördert werden. Auch der Schutz gegen Erwerbsminderung in der geförderten Altersvorsorge muss verbessert werden. Zugunsten einer familiengerechten Rentenpolitik müssen Eltern dabei unterstützt werden, sich eine private Altersvorsorge aufzubauen.

Es war richtig, dass die Koalitionspartner im Koalitionsvertrag vereinbart haben, die Förderung der Altersteilzeit auslaufen zu lassen. Diese hatte unbestritten die Anreize zur Frühverrentung gestärkt. Zudem hatte bereits die große Koalition beschlossen, das reguläre Renteneintrittsalter auf 67 anzuheben. Als Begründung hierfür steht die demographische Entwicklung, die zur finanziellen Stabilität der Rentenversicherung eine längere Teilhabe am Erwerbsleben erfordert. Diese Annahme teilt die FDP grundsätzlich.

Dennoch sind wir der Auffassung, dass die Heraufsetzung der starren Altersgrenze für den Renteneintritt auf 67 Jahre den Bedürfnissen vieler älterer Menschen nicht gerecht wird. Diese Kritik haben wir Liberalen bereits in der letzten Legislaturperiode geäußert und sie gilt nach wie vor. Denn nicht jeder Arbeitnehmer ist willens oder in der Lage, bis zum 67. Lebensjahr voll zu arbeiten. Andererseits gibt es den Wunsch vieler Älterer, länger beruflich aktiv zu bleiben. Deshalb wollen wir den Übergang vom Arbeitsleben in den Ruhestand flexibler gestalten. Ab dem 60. Lebensjahr soll jeder Versicherte frei wählen können, wann er seine gesetzliche Rente beziehen möchte. Gleichzeitig werden die Grenzen für Zuverdienst neben dem Rentenbezug aufgehoben. Die Versicherten entscheiden selbst, ob und in welchem Umfang sie neben einem Rentenbezug noch erwerbstätig sein wollen. Dadurch wird es möglich, den Lebensstandard auch bei einem vorzeitigen Rentenbezug zu halten und trotzdem dem Arbeitsmarkt in vollem Umfang zur Verfügung stehen. Somit profitieren auch Gesellschaft und Unternehmen stärker vom Know-how älterer Mitarbeiter.

Zugleich brauchen wir mehr Flexibilität und nicht mehr Regulierung, damit Arbeitsplätze geschaffen und erhalten werden können. Deshalb fordern wir Liberalen eine durchgreifende Steuerreform mit einer deutlichen Senkung der Steuertarife, eine grundlegende Reform der Arbeitsverwaltung, eine Stärkung des Versicherungsprinzips der Arbeitslosenversicherung, eine Reform des Tarifvertragsrechts zur Sicherung betrieblicher Bündnisse für Arbeit sowie ein zeitgemäßes Kündigungsschutzrecht, das nicht nur dem Schutz der Beschäftigten dient, sondern auch Arbeitslosen die Chance auf einen Wiedereinstieg in Beschäftigung einräumt. Gerade im Interesse mittelständischer Betriebe sind ein flexibilisiertes und entbürokratisiertes Betriebsverfassungsgesetz und Lockerungen im Teilzeit- und Befristungsgesetz notwendig, um zeitnah auf sich verändernde Auftragslagen reagieren zu können.

Deutschland ist seit 2008 von den heftigen Auswirkungen einer weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise betroffen. Dank der erfolgreichen Arbeitsmarktpolitik der Bundesregierung fällt die Zahl der Arbeitslosen mit aktuell 3,2 Millionen erheblich geringer aus als noch im wirtschaftlich starken Jahr 2006 mit über 5 Millionen Arbeitslosen. Damit ist Deutschland das einzige Land in der Europäischen Union, in dem es trotz Krise zu einem Abbau der Arbeitslosigkeit gekommen ist. Erfreulich ist darüber hinaus, dass die Wirtschaft derzeit wieder an Fahrt gewinnt. Wirtschaftliche Stabilität ist die beste Voraussetzung für Beschäftigung, steigende Gehälter und damit positive Rentenanpassungen. Seien Sie gewiss, dass die FDP-Bundestagsfraktion an ihrem Kurs für Wachstum festhält. Wachstum ist die unabdingbare Grundlage für ein faires Sozialsystem.

Freundliche Grüße

Gudrun Kopp