Sehr geehrter Herr Westerwelle!

Ich möchte gerne wissen, welche Pläne die neue Bundesregierung in Sachen Conterganopfer hat. Im Herbst hat sich in Italien, Österreich und Großbritannien einiges getan, sodass die deutsche Conterganrente bald sehr deutlich hinter der anderer Länder hinterher hinken wird. Von Deutschland aus werden außerdem Opfer in Österreich, Frankreich und der Schweiz entschädigt. Es ist also auch ein europäisches Problem.

In Großbritannien deutet sich sogar eine Entschuldigung der Regierung bei den Betroffenen an. Diese Tatsache hat mich persönlich besonders berührt. Ich habe in den letzten zwei Jahren einige Wohnungen von Betroffenen gesehen. Keine davon entspricht den Bedürfnissen der Bewohner. Einer Mutter zweier Kinder hat man unlängst eine gebrauchte Spezialtoilette nach einjährigem Kampf mit Behörden installiert. Sie funktioniert aber nicht. Wir müssen endlose Kämpfe mit Behörden ausfechten, und bekommen meist doch nur Allmosen.

Ich habe unlängst einen Job nicht bekommen, weil sich die Kollegen geschämt haben, dass ich mit meinen kurzen Armen dieselbe Leistung erbringe, wie sie selbst. Und das, obwohl ich doch ziemlich eingeschränkt bin und niemals 8 Stunden täglich arbeiten könnte. Ich denke aber auch an die vielen Eltern, Geschwister und Freunde, die unter den Bemerkungen ihrer Mitmenschen leiden mussten, die sich Sorgen machten und machen - wegen uns, weil es uns schlecht geht.

Die Conterganopfer in Deutschland fühlen sich noch immer wie die ungeliebten Stiefkinder der Geschichte der Bundesrepublik. Deswegen hat mich die Achtung, die man den Betroffenen in Großbritannien entgegenbringen will menschlich sehr berührt. Ich finde, die Bundesrepublik sollte hier innerhalb Europas vorangehen. Die Betroffenen werden immer älter, und man muss jetzt handeln!