Frage an Gunnar Thöle bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie

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Gunnar Thöle
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Frage von Anton von L. •

Frage an Gunnar Thöle von Anton von L. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie

Hallo Herr Thöle,

Ich möchte Sie insgesamt zu drei Themen befragen: Bildung, Kultur und Umwelt.

Wie stehen Sie, und auch die Piratenpartei, zum Thema Bildung?

Sind Sie für Noten in den Grundschulklassen?
Sind Sie perspektivisch für eine einheitliche Schule, auf der man alle Abschlüsse machen kann und zu der jeder Mensch, egal welcher Herkunft (oder soziales Umfeld) Zugang hat?
Wie stehen Sie zu der Verkürzung des Abiturs auf 12 Jahre?
Was sagen Sie zu Ganztagsschulen?

Zweites wichtiges Thema: wie stehen Sie, und auch die Piratenpartei, zum Thema Kultur?
Halten Sie die von der CDU und GAL beschlossenen Kürzungen im Kulturbereich für sinnvoll?

Und drittens würde ich gerne ein Statement von Ihnen zur Umweltpolitik der Piraten haben.

Ich stelle Ihnen diese Fragen, weil ich grundsätzlich den Eindruck habe, dass die Piraten sich sehr stark auf Ihre liberalen Themen, wie freies Internet, keine Zensur etc. konzentrieren und man so schnell den Eindruck bekommen kann, dass die Piraten doch nur eine kleine Sparte abdecken und nicht wirklich eine grundsätzliche Idee von einer Gesellschaft im Allgemeinen verfolgen. Die Themen Bildung, Kultur und Umwelt sind meiner Meinung nach aber Kernthemen, zu denen jede Partei eine klare und ausdifferenzierte Vorstellung haben sollte.

Mit freundlichen Grüßen,
Anton von Lucke

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Antwort von
PIRATEN

Sehr geehrter Herr von Lucke, Hallo Anton,

Vielen Dank für das Interesse an der Piratenpartei.

Wie Sie richtig erkannt haben hat die Piratenpartei noch nicht zu allen Themen eine ausführliche Aussage getroffen. Das liegt an unserem Alter - es gibt uns seit 2008 in Hamburg - und dem basisdemokratischen Anspruch der Piraten, der Entscheidungs- und Konsensfindungsprozesse lange dauern läßt. Davon wollen wir aber nicht abweichen, das ist gut so.

Sie haben viele Fragen gestellt, daher eine lange Antwort.

Eine Aussage speziell zu Noten in den Grundschulklassen haben wir nicht, ich fühle mich dazu auch nicht kompetent - ich kann mich gern für Sie bei unserer Schulexpertin Anne Alter erkundigen (bzw. tun Sie das gern selbst auf Abgeordnetenwatch).

Perspektivisch unterstützt die Piratenpartei längeres gemeinsames Lernen, ganz besonders über soziale, kulturelle und finanzielle Grenzen hinweg. Wir haben uns zum Volksentscheid zur Hamburger Schulreform entsprechend positioniert.
Gleichzeitig nehmen wir aber das ablehnende Votum der Hamburger Bürger an, obwohl es unseren Forderungen widerspricht, daher finden Sie in unserem Wahlprogramm keine Aussage dazu.

Die Verkürzung des Abiturs am Gymnasium (aber nicht an der Stadtteilschule) ist aus unserer Sicht nicht vernünftig umgesetzt. Die gleiche Menge Stoff in kürzerer Zeit lernen ist kein vernünftiger Weg zu Bildung - speziell weil Bildung nicht nur Vorbereitung auf das Wirtschaftsleben sein sollte, sondern durchaus auch ein Grundwert für sich ist. Die Piratenpartei fordert daher nun, wo wir ein 12-jähriges Abitur haben, eine sinnvolle Anpassung der Lehrinhalte an die kürzere Schulzeit, um die Belastung der Schüler im Rahmen zu halten.

Ganztagesschulen sind kein Teil des Wahlprogramms. Ich persönlich halte
in der heutigen Arbeitswelt, geprägt von Teilzeit, unklaren Arbeitsverhältnissen und Anforderungen an Mobilität und Flexibilität, Ganztagsschulen für sinnvoll und wichtig. Auch Familien, in denen beide Elternteile arbeiten müssen und kein Geld für individuelle Kinderbetreuung zur Verfügung steht, sollen Kinder großziehen können ohne Angst vor Jobverlust und damit Armut zu haben.

Zum Thema Kultur:
Die momentan beschlossenen Kürzungen halte ich nicht für geeignet. Die Schließung des Altonaer Museums lehnt die Piratenpartei ab. Kultur ist für alle da - das sollte zumindest so sein. Aus meiner Sicht bedeutet das:
* Förderung von kulturellen Einrichtungen vor Ort in den Stadtteilen - viele kleine Maßnahmen, niedrigschwellige Angebote
* Keine "Leuchttürme"
Trotz zahlreicher Versprechen von günstigen Tickets auch in der Elbphilharmonie ist dies nicht mein Begriff von Kulturförderung. Waren Sie schonmal in der Oper? Das geht schon für 9 €. Am Preis liegt es sicherlich nicht, aber mit vernünftig ausgestatteten Stadtteilzentren und Bücherhallen erreicht man sicherlich mehr.

Zur Umweltpolitik hat die Piratenpartei Hamburg ein verhältnismäßig ausführliches Programm ausgearbeitet, daran bin ich nicht ganz unschuldig, schauen Sie auf die hier verlinkte Seite im Piratenwiki. Fragen Sie mich also speziell dazu gern detaillierter.

Wir streben einen Umbau zur kohlenstofffreien Lebensweise an - weg von fossilen Energieträgern. Dieses Ziel soll aus unserer Sicht auch durch möglichst gute Vernetzung der regenerativen Energieträger untereinander erreicht werden. Dies gilt insbesondere für den Wärmebereich.

Ein weiterer Teil unseres Umweltprogramms ist: Strom und Heizkosten sparen ist ja auch finanziell sinnvoll. Wir wollen die energetische Modernisierung städtischer Immobilien fördern, um mit dem dann gesparten Geld andere Vorhaben finanzieren zu können.

Stichwort Moorburg: Aus unserer Sicht ist der Bau des Kraftwerks Moorburg abzulehnen. Gleichzeitig sind wir aber realistisch und sehen, dass das Kraftwerk fast fertiggestellt ist und ein Betrieb praktisch nicht mehr verhinderbar ist. Wir wollen daher die Betriebsdauer von vornherein beschränken und größtmöglichen Nutzen aus dem Kraftwerk ziehen durch:
* Abschöpfung großer Teile des Betriebsgewinns, und mit dem Geld
* starker Ausbau des Fernwärmenetzes, so dass die Wärme des Kraftwerksbetriebs möglichst vollständig genutzt wird.
Das Ziel ist, wenn schon fossile Energie genutzt wird, wenigstens so viel Nutzen wie möglich daraus zu ziehen, und eine regenerative Lebensweise herbeizuführen.
Nach Ablauf der Betriebsdauer 2050 steht Hamburg dann mit einem großen Fernwärmenetz bestens gerüstet für die regenerative Wärmeerzeugung da.

Umweltschutz durch Mitleid ("Eisbär auf schmelzender Eisscholle") halten wir für nicht zielführend. Umweltschutz muss nicht mit einem Verzicht an Lebensqualität einhergehen. Die der Gesellschaft bevorstehenden Änderungen, auch am Lebensstil, können auch Spaß machen und zu einem glücklicheren Leben führen.

Mit freundlichen Grüßen,
Gunnar Thöle