Frage an Halina Wawzyniak bezüglich Soziale Sicherung

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Halina Wawzyniak
DIE LINKE
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Frage von Detlef Z. •

Frage an Halina Wawzyniak von Detlef Z. bezüglich Soziale Sicherung

Trotz ausführlicher Darlegung der Problematik kritischer Punkte wie die Verfassungsmäßigkeit der Sanktionen, die Dauer der Sanktionen und die Obdachlosmachung von Hartz IV Sanktionierten im Rahmen meiner Petition, die dem Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages vorgelegt wurde, befürworten CDU, SPD und FDP weiterhin das Sanktionierung von Hartz IV-Beziehern. Es bestehe angeblich kein Handlungsbedarf.

Anträge der Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen, die Petition der Bundesregierung zur Berücksichtigung beziehungsweise Erwägung zu überweisen und den Fraktionen des Bundestages zur Kenntnis zu übergeben, wurden mehrheitlich abgelehnt. Eine Änderung der Praxis wird auch nicht bei einer Schwarz-Roten Koalition zu erwarten sein, da sich die SPD in deutlicher Mehrheit für das Sanktionssystem ausspricht.

Meine Frage: Wie stehen Sie als Bundestagsabgeordnete persönlich zu diesem Thema?

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Zöllner,
ich danke Ihnen für Ihre Frage zum Thema „Sanktionen gegen Menschen, die von Hartz IV leben“, die ich Ihnen gern beantworte.
Auch wenn es schon oft von mir gesagt und geschrieben wurde, sei eingangs noch einmal betont, dass ich dafür bin und kämpfe, dass sämtliche Sanktionen, die gegen Hartz-IV-Beziehende verhängt werden, abgeschafft werden müssen. DIE LINKE steht dafür, Hartz-IV komplett abzuschaffen, eine Beendigung der demütigenden Sanktionen ist in unseren Augen also nur ein erster Schritt, aber dringend geboten.
Wenn Jobcenter ihren "Kundinnen" und "Kunden" – eine hohnsprechende Bezeichnung, als gingen die Menschen ins Jobcenter einkaufen oder könnten aus verschiedenen Dienstleistungen auswählen - die ohnehin schon zu niedrige Grundsicherung kürzen, so ist das aus meiner Sicht verfassungswidrig. All die Sanktionen sind einzig und allein dazu da, Menschen, die in einer Notsituation sind, noch mehr zu Drangsalieren.
Im April 2013 hat meine Fraktion in einem Antrag gefordert, die Sanktionen gegen ALG-II-Beziehende auszusetzen – als ein erster Schritt zur Überwindung von Hartz-IV. Die Regierungsfraktionen befürworten Sanktionen mit der Begründung, dass Solidarität immer auf Gegenseitigkeit beruhe. Dieser Satz stimmt. Wenn ich aber einer großen Gruppe von Menschen die Solidarität der Gesellschaft verweigere, sie statt dessen durch Sanktionen diskriminiere, dann sind diejenigen, die das beschlossen haben und umsetzen die ersten, die Solidarität verweigern.
Die SPD hält an ihrem Prinzip des "Forderns und Förderns" fest und verweist, wie CDU und FDP darauf, dass die Sanktionen nur einen Bruchteil der Leistungsbeziehenden treffen. Im Jahr 2012 seien das 3,4 Prozent – "Unwillige" und "Verweigerer" gewesen. Warum eine Ausgrenzung und Diskriminierung weniger schlimm sein soll, wenn sie „nur wenige“ betrifft, ist mir nicht klar. Es zeigt aber, dass gegenüber einer Gruppe von Menschen, wenn sie schwach ist und keine ausreichend starke Lobby hat, die Hemmschwellen sinken, wenn es darum geht, dieser Gruppe die Solidarität zu verweigern.
Langzeitarbeitslosigkeit hat sich in den vergangenen Jahren verfestigt. Lag die durchschnittliche Verweildauer in der alten Arbeitslosenhilfe 2004 noch bei 48 Wochen, stieg sie in den folgenden zehn Jahren auf 130 Wochen. Gerade Schwarz-Gelb hat in den letzten vier Jahren zahlreiche Hilfen für die berufliche Wiedereingliederung von Langzeitarbeitslosen gestrichen und damit Armut und Perspektivlosigkeit verstetigt.
Hartz IV ist und bleibt ein Desaster. Das System setzt auf Strafen und Überwachung, Aushebelung rechtsstaatlicher Prinzipien, auf Angst und Verzweiflung.
Deshalb bin ich, wie meine Fraktion und meine Partei, für eine sanktionsfreie Mindestsicherung. Das heißt im ersten Schritt, Abschaffung aller Sanktionen und Erhöhung des Regelsatzes auf 500 Euro.
Im zweiten Schritt gehört Hartz-IV abgeschafft.