Frage an Hans-Christian Ströbele bezüglich Recht

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Hans-Christian Ströbele
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Frage von Maria G. •

Frage an Hans-Christian Ströbele von Maria G. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Stroebele,

Am Samstag wollte die Bürgerbewegung "Pro Köln" unter Anderem vor der Moschee in Köln Ehrenfeld gegen die Islamisierung der Stadt demonstrieren. Die Polizei und das Verwaltungsgericht haben diese Demonstration jedoch verboten.

Begründungdes Gerichts:

Auf Grund erwarteter "Gegenakltionen" habe man erhebliche Sicherheitsbedenken. Die Sicherheit der Demonstraten und unbeteiligter Bürger könne nicht gewährleistet werden. Deshalb müsse die Demonstration verboten bleiben.

http://www.ksta.de/html/artikel/1241185288275.shtml

Dazu habe ich zwei Fragen an Sie:

1. Wie kann es sein, daß eine kleine Demonstration verboten werden muß, weil der Staat unfähig oder unwillig ist, die Sicherheit der Demonstranten gegenüber militanten, gewaltbereiten "Gegendemonstraten" zu gewährleisten?

2. Ist die Wahrnehmung des Demonstrationsrechtes in Köln künftig davon abhängig, ob linksextremistische Schlägertruppen Gegenaktionen ankündigen oder nicht?

Mit freundlichen Grüßen

Maria Geisner

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau Geisner.

Die von Ihnen angesprochenen Entscheidungen der Polizei und des Verwaltungsgerichts in Köln kenne ich in den Einzelheiten nicht. Deshalb kann ich sie abschließend nicht beurteilen.

Eine Einschränkung des Versammlungs- und Demonstrationsrechts ist immer problematisch. Damit sind stets die wichtigen Grundrechte der Versammlungs- und Meinungskundgabefreiheit betroffen.
Sie sind deshalb nur und nur insoweit zulässig, wenn und wie die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit dies zwingend erfordern. Die Polizei ist verpflichtet, in erster Linie Gefahren für die öffentliche Sicherheit mit ihren Mitteln zu begegnen und nicht mit Einschränkungen der Demonstrationsfreiheit. Allerdings ist die Pflicht begrenzt auf das zumutbare Maß. Wenn der Aufwand der Polizei unzumutbar hoch sein müßte, darf sie Gefahren auch mit Auflagen und Einschränkungen der geplanten Demonstration entgegenwirken, im äußersten Fall auch mal mit einem Verbot.

Welche konkrete Gefahrenprognose die Polizei gestellt hatte, weiß ich nicht, und ob diese ausreichend begründet war, auch nicht. Ob die Gefahr mit der erwarteten Zahl von Gegendemonstranten, ob mit der Erwartung von Auschreitungen aus den Reihen der Demonstration oder der Gegendemonstrationen oder auch sonstigen Umständen abgeleitet, ist mir nicht bekannt. Darauf kommt es aber nicht an. Grundsätzlich auch nicht darauf, ob die Gefahr direkt von der angemeldeten Demonstration ausgeht. Entscheidend ist, ob objektiv eine konkret belegte Gefahrensituation bestand. Ich habe lediglich der Presse entnommen, daß die Kölner Polizei enorm verstärkt wurde mit Einheiten aus dem ganzen Bundesgebiet und ca. 5 000 Polizisten im Einsatz waren. Damit war das polizeiliche Engagement der Kölner Polizei wohl schon an der Grenze des Zumutbaren.
Die öffentliche Versammlung wurde nach meiner Kenntnis auch nicht verboten, sondern fand ja statt und zwar in Köln mit Auflagen und Einschränkungen hinsichtlich des Ortes und konkreten Verlaufs.
Danach scheinen mir die von Ihnen kritisierten Entscheidungen vertretbar zu sein, ohne daß ich dabei die mir nicht bekannten Einzelheiten berücksichtigen kann.

Zu dieser Auffassung komme ich unabhängig davon, daß ich kein Hehl darauf mache, daß ich in diesem konkreten Fall die Demonstrationen gegen öffentliche Veranstaltung von "Pro Köln" für richtig und notwendig angesehen habe. Wenn ich die Zeit gehabt hätte, wäre ich nach Köln gefahren und hätte daran teilgenommen.

Mit freundlichem Gruß
Ströbele