Frage an Hans-Christian Ströbele bezüglich Arbeit und Beschäftigung

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Hans-Christian Ströbele
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Michael K. •

Frage an Hans-Christian Ströbele von Michael K. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrter Herr Ströbele,
meine Frage betrifft Ihr Verhältnis zur Piratenpartei bzw. zu einigen dort vertretenen Programmpunkten:
Stimmen Sie bzw. Ihre Partei DIE GRÜNEN mit der Forderung überein, das Urheberrecht so weit einzuschränken, dass kreative Ergebnisse von Künstlern (z.B. Geschichten von Autoren) kostenlos im Internet heruntergeladen werden können? Wie würden Sie sich in diesem Falle die Bezahlung von Autoren vorstellen, die ja letztendlich arbeiten, um ihren Lebensunterhalt bestreiten zu können. Kulturgüter sollten zwar allen Menschen zu Gute kommen, aber wir leben nun einmal nicht im Sozialismus und der Autor kann doch schließlich nicht von der Luft und Liebe leben, während seine "Produkte" kostenlos zur Verfügung stehen.

Ich möchte mit meiner Frage abklären, ob Sie bzw. Ihre Partei diese Argumente und Thematik in Ihrem Wahlprogramm haben und wie Sie mit dieser Thematik umgehen.

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geenhrter Herr Kuss-Setz.

Es gibt einen Gegensatz der legitimen Interessen der User, die sich aus dem Internet frei und ohne Bezahlung alles, was ihnen gefällt herunterlden wollen, und den Herstellern von Werken der Kunst, Wissenschaft und Literatur, die vom Schaffen ihrer Werke leben können wollen. Im Urheberrecht muß für einen vernünftigen Ausgleich dieser anscheinend unvereinbarer Interessen eine Regelung geschaffen werden. Eine einfache Patentlösung dafür haben wir auch noch nicht, aber wir arbeiten dran.

Aber die Grünen wollen eine Regelung, die in erster Linie allen Bürgerninnen und Bürgern, also den Internetusern, aber auch den Künstlern, Forschern, Schulen und Universitäten nützt, nicht der Medien- und Geräteindustrie oder Verlagsgiganten. Die Notwendigkeit einer Vergütung für die Schaffung geistiger Werke erkennen wir grundsätzlich an. Pauschale Vergütungsmodelle könnten für einen fairen Interessenausgleich im digitalen Raum sorgen. Kernstück sind dabei die freie digitale Privatkopie und eine faire Lösung beim Urheberrecht im Internet. Duch diese Lösung sollen Künstlerinnen und Künstler angemessen vergütet und Nutzerinnen und Nutzer nicht pauschal kriminalisiert werden, wenn sie Angebote downloaden.
Die Einführung einer Kulturflatrate, die die nicht-kommerzielle Nutzung von digitalen Kulturgütern ermöglicht, könnte ein richtiger Weg dahin sein. Wir haben im März dieses Jahres ein vom Institut für Europäisches Medienrecht (EMR) in Zusammenarbeit mit der Projektgruppe verfassungsverträgliche Technikgestaltung (provet) an der Universität Kassel erarbeitetes Gutachten zur Frage der rechtlichen Machbarkeit einer Kulturflatrate vorgestellt. Das Gutachten macht deutlich: Eine Kulturflatrate und damit eine mögliche Option für eine Pauschalvergütung für das Internet ist nach nationalem und europäischem Recht machbar. Dieses Ergebnis zeigt zunächst, dass es Möglichkeiten gibt, die Gräben zu verlassen, aus denen heraus in den letzten Jahren vonseiten der Musikindustrie, der Verwerter, der UserInnen, der Anwaltschaften und Verfolgungsbehörden gekämpft wurde. Aus grüner Sicht ist es dringend an der Zeit, gemeinsam nach konstruktiven Lösungen zu suchen. Wir wollen die Ergebnisse unseres Gutachtens als Grundlage und Aufforderung verstanden wissen, die Möglichkeiten, einen fairen Ausgleich zwischen NutzerInneninteressen und den Rechten der UrheberInnen kreativer Werke im Netz auszuloten und mit allen Beteiligten zu diskutieren. Derzeit befassen wir uns mit den diffizilen Fragen der konkreten Ausgestaltungsmöglichkeiten.
Auch hier gibt es noch viel zu tun. Alle sind eingeladen mitzudiskutieren - auch die Piraten.

Mit freundlichem Gruß

Ströbele