Frage an Hans-Christian Ströbele bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Hans-Christian Ströbele
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Helmut Ernst R. •

Frage an Hans-Christian Ströbele von Helmut Ernst R. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Ströbele,

bekanntlich hat die Zahl der Nichtwähler in den letzten Jahren deutlich zugenommen.

Wäre es nicht demokratisch konsequent, wenn dieser Personenkreis nicht im Bundestag vertreten ist? Dies könnte dadurch erreicht werden, dass die personelle Soll-Stärke des Bundestages bei einer Wahlbeteiligung von 100 % erreicht wird; liegt sie darunter, wird die Anzahl der Abgeordnetenmandate anteilig gekürzt.

Diese Kürzung hätte bei den Listenmandaten zu erfolgen. Fällt die Wahlbeteiligung unter 50 %, müsste dieses System modifiziert werden.

Für eine gelegentliche Antwort wäre ich Ihnen sehr verbunden und verbleibe

mit freundlichen Grüßen
gez. H.E. Rinker

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Rinken.

Ihren Vorschlag halte ich nicht für die richtige Reaktion auf die Abnahme der Wahlbeteiligung in Deutschland.

Die Wahlbteiligung bei Bundestagswahlen ist in Deutschland verglichen mit vielen anderen Ländern hoch. Sie geht bei diesen Wahlen auch nicht dramatisch zurück.

Wenn die Anzahl der Abgeordnetenmandate, die mit der Zweitstimme über die Landeslisten der Parteien gewählt werden, gekürzt würden, käme unser Wahlsystem völlig durcheinander. Denn die Größe der Fraktionen bestimt sich allein nach der Anzahl der Zweitstimmen, die für eine Partei bundesweit abgegeben werden. Wenn aber zu den 300 direkt mit der Erststimme gewählten Abgeordneten etwa nach der gegenwärtigen Wahlbeteiligung nur 140 Abgeordnete über die Zweitstimme in den Bundestag kommen, wäre die Balance weitgehend aufgehoben. Bei weiter fallender Wahlbeteiligung könnte es dazu kommen, daß 300 direkt gewählten Abgeordneten nur 20 oder 50 über die Landesliste gewählten gegenübersitzen. Es könnte passieren, daß von einer Partei 200 direkt gewählte Abgeordnete im Parlament die große Mehrheit stellen, aber von 50 über die Landesliste gewählten Abgordneten andere Parteien mit 26 die Mehrheit haben. Sie müßten dann über viele Ausgleichsmandate zur Mehrheit der Gesamtzahl der Abgeordneten kommen, sonst hätte die Partei mit der großen Mehrheit der direkt gewählten die Mehrheit im Parlament aber nicht die mit der Mehrheit der Zweitstimmen.
Außerdem wäre die Legetimierung der Abgeordneten durch die Wähler ungleich, da mit den Zweitstimmen viel weniger gewählt werden als mit der selben Zahl von Erststimmen der Wählerinnen und Wählern.

Mit freundlichem Gruß
Ströbele