Frage an Hans-Christian Ströbele bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Hans-Christian Ströbele
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Stefan M. •

Frage an Hans-Christian Ströbele von Stefan M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Herr Ströbele,

bezugnehmend auf die Fragen von Hr. K. vom 01.03.2010 und Ihre Antwort vom 08.03.2010 möchte ich Sie mit einigen Statistiken bekanntmachen, welche Sie offensichtlich nicht kennen. Sie schrieben am 08.03.2010 folgende "grüne Pauschalantwort":
"Allerdings sind [...] das größte Problem, die besonders brutalen Angriffe vor allem von Rechtsradikalen deutscher Staatsangehörige auf Linke, Schwule, Fremde oder Migranten."

Statistisch gesehen haben Sie mit dieser Aussage leider die Unwahrheit gesagt. Ich zitiere den Verfassungsschutzbericht von 2008 (http://www.verfassungsschutz.de):

- Gewalttaten von rechts: 1042
- Gewalttaten von links: 701
(deutschlandweit)

Ich zitiere weiter die polizeiliche Kriminalstatistik von Berlin 2009 (http://www.berlin.de):

- Ausländeranteil 13,7% (Migranten nicht eingerechnet!)
- Ausländeranteil an Tatverdächtigen 30,1% (ebenfalls ohne Migr.)
(Es sind bereits Straftaten gegen das Aufenthalts-, das Asylverfahrens- und das Freizügigkeitsgesetz/EU herausgerechnet, da diese bekanntlich nur von Ausländern begangen werden können!)

In absoluten Zahlen, um es besser mit dem Bericht des VS vergleichen zu können, liest sich das auszugshaft so:
- Totschlag - 66 ausländische Tatverdächtige (53,2%)
- illegaler Handel mit Heroin - ausl. TV 297 (74,3%)
- usw.

D.h., dass allein in Berlin 66 ausländische Mitbürger des Totschlags verdächtigt wurden, während es deutschlandweit 2008 nicht einen "rechten" oder "linken" Totschlag gab! Wie passt das zusammen mit Ihrem sogenannten "größten Problem"?

Herr Ströbele, wie positionieren Sie sich zu diesen eindeutigen Statistiken? Ignorieren/tolerieren Sie weiterhin jegliche nicht-rechte Gewalt oder wird die GRÜNE endlich eine Partei, die ein Bürger der Mitte wählen kann?

Ich denke es wird Zeit, dass sich Politiker von jeglicher Gewalt und Kriminalität distanzieren und nicht nur heuchlerisch bestimmte Feindbilder hochhalten. Es sollte Lichterketten für jedes Gewaltopfer geben!

In diesem Sinne,
S.M.

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Müller.

Ihre Auffassung, daß ich in der Antwort vom 8.3. 2010 die "Unwahrheit gesagt" haben soll, ist nicht zutreffend.
Das stimmt weder "statistisch" noch sonst wie.
In der Antwort ging es nicht um Gefahren und Gewalttaten allgemein in Berlin, sondern um solche in dem bestimmten Stadtteil, für den ich zuständig bin. Auf diesen bezog sich die Frage, auf die ich geantwortet habe und in der Antwort wird auch ausdrücklich auf den Kiez hingewiesen, das ist in Berlin eine umgangssprachliche Bezeichnung für Stadtteil, in dem das Hauptproblem die zunehmende rechte Gewalt ist.
Meine Antwort kann also durch welche Statistik für Berlin auch immer, gar nicht widerlegt werden.
Und in dem Kiez ist nun mal das größte Problem mit Gewaltanwendung, daß es immer wieder zu Überfällen und zu zum Teil sehr brutalen Gewalttaten von Rechtsradikalen gekommen ist. Deshalb haben auch mehrere Demonstrationen stattgefunden, auf denen zahlreiche Bewohner gegen diese Gewalttaten protestiert haben.
Eine ähnliche Zunahme oder Masse von Gewalttaten, die durch Migranten begangen worden sind, hat es im Kiez nicht gegeben.

Nicht zutreffend ist auch Ihre Behauptung, daß ich jegliche nicht-rechte Gewalt ignoriert oder toleriert haben soll. Solche Äußerungen von mir gibt es nicht. Belege dafür haben Sie auch nicht benannt.
Auch in der Antwort betone ich, daß es Probleme gibt und zuweilen verbale und körperliche Angriffe.
Im übrigen ergibt sich selbst aus der von Ihnen herangezogenen Statistik, daß Gewalttaten in Berlin ganz überwiegend solche von rechts sind, nämlich 1042 allein im Jahr 2008.

Die vollständige Antwort vom 8.3. 2010 füge ich nochmals an:
"Nachdem ich bei der Bundestagswahl gerade erst mit noch größerer Mehrheit direkt in den Bundestag gewählt wurde, habe ich nicht die Absicht, "der Politik den Rücken zu kehren". Ich entnehme dem Wahlergebnis, daß die Mehrheit der Bevölkerung in dem Stadtteil, für den ich "zuständig" bin, nicht Ihrer Meinung ist, daß meine Äußerungen den Eindruck erwecken, daß ich mir der dortigen Realität nicht bewußt bin und die derzeitige Situation falsch einschätze. Ich habe mich übrigens nie so geäußert, daß man meinen könnte, daß Deutschland für Einheimische und Migranten "ein Paradies" ist. Ich habe vielmehr stets auf die Probleme hingewiesen, die es nach wie vor gibt. Dazu gehört auch, daß es zuweilen zu verbalen und körperlichen Angriffen im Kiez kommt. Allerdings sind nicht Angriffe von Migranten auf "einheimische Deutsche" das größte Problem, sondern z. B. die besonders brutalen Angriffe vor allem von Rechtsradikalen deutscher Staatsangehörige auf Linke, Schwule, Fremde oder Migranten."

Mit freundlichem Gruß
Ströbele