Frage an Hans-Christian Ströbele bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Hans-Christian Ströbele
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Frage von Cornelius H. •

Frage an Hans-Christian Ströbele von Cornelius H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Ströbele,

ich habe lange Zeit über die von den damals Verantwortlichen vorgetragenen Begründungen nachgedacht, warum nicht alles Menschenmögliche getan wurde, Murat Kurnaz aus US-amerikanischer Internierung zu befreien. Hauptargument ist wohl: Er stellte nach damaliger Aktenlage womöglich ein vages Sicherheitsrisiko für die deutsche Bevölkerung dar. In der Folge dieses Arguments dreht sich die Diskussion der Causa heute hauptsächlich um die Frage, ob diese Einschätzung damals korrekt war, und wer sie überhaupt vornahm.

Meiner Meinung nach lenkt diese Debatte allerdings von der Kernfrage ab. Diese müsste lauten: Wer entschied, dass die im Raume stehenden Vorwürfe, ob wahr oder nicht, hinreichten, einen Menschen, ob deutsch oder nicht, in der "Hölle von Guantanamo" (Neskovic) schmoren zu lassen? Hätte es nicht ausgereicht, ihn nach Deutschland zu holen und hier zu beobachten oder meinetwegen ohne Folter einzubuchten? Wer entschied: Für die Menschenrechte von so einem setzen wir uns höchstens mit angezogener Handbremse ein? Und überhaupt: Ist der deutsche Staat nicht generell geneigt, Feinde und Freunde aus menschenrechtswidrigen Umständen zu befreien? Sonst könnte man konsequenterweise alle verdächtigen Gestalten von anderen festhalten und ausquetschen lassen.

Doch ich schweife ab. Frage: Ist dieser Aspekt bei den internen Besprechungen des Untersuchungsausschusspersonals überhaupt noch ein Thema? Oder haben es die Befragten geschickt verstanden, die Diskussion auf die Frage zu verlagern, ob Kurnaz zwielichtig sei und wer dies wann behauptet habe? Ich denke nicht, dass ich der Einzige bin, den das interessiert.

Mit freundlichen Grüßen,

Cornelius Heyer, München

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Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Heyer.

Die von Ihnen gestellten Fragen beschäftigen auch uns nicht nur im Untersuchungsausschuß. Der deutsche Staat ist wohl nicht geneigt, alle Freunde und Feinde aus Guantanamo zu befreien. Die Aufnahme von sog. Gefährdern also solcher Personen, die nach Auffassung deutscher Sicherheitsbehörden ein Sicherheitsrisiko bilden, in Deutschland ist nicht vorgesehen. Ganz im Gegenteil wurden die rechtlichen Möglichkeiten erweitert, diesen die Einreise zu verweigern oder solche sogar auszuweisen auch in Länder, in denen sie verfolgt werden. Deshalb ist es schon von Bedeutung zu klären, ob von Herrn Kurnaz ein Sicherheitsrisiko ausging.
Ich gebe Ihnen insoweit recht, als daß alles hätte getan werden müssen, um Herrn Kurnaz, der in Deutschland zu Hause ist und hier seine Heimat hat, aus Guatanamo frei zu bekommen, auch durch die Bereitschaft, ihn in Deutschland aufzunehmen. Dies auch dann, wenn ein Sicherheitsrisiko angenommen wurde.

Mit freundlichem Gruß
Ströbele