Frage an Hans-Christian Ströbele bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Hans-Christian Ströbele
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Olaf S. •

Frage an Hans-Christian Ströbele von Olaf S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Ströbele,

bezugnehmend auf die Frage von Herrn Heyer interessiert mich die juristische Sicht auf den Fall Kurnaz: auf welcher Rechtsgrundlage hätte eigentlich Kurnaz die Einreise verweigert werden sollen? Im aktuellen Aufenthaltsgesetz finde ich als möglicherweise relevanten Grund nur den Ausweisungsgrund §54 Nr. 5a. Haben die vorliegenden Informationen zur Feststellung dieses Ausweisungsgrundes ausgereicht? Hätte Kurnaz dagegen klagen können? Wenn ja, unter welchen Voraussetzungen? Konnte er das - ab einem bestimmten Zeitpunkt hatte er ja Zugang zu einem Anwalt - von Guantanamo aus tun? Oder hätte er zunächst versuchen müssen, nach Deutschland einzureisen, um dann gegen die Einreiseverweigerung zu klagen? Und warum wurde nicht §54 Nr. 5a als Begründung für den Entzug des Aufenthaltstitels genommen?

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Schlüter.

Bundesinnenministerium und Innensenat in Bremen waren sich einig, daß es einer Ausweisungsverfügung nicht bedurfte, weil das Aufenthaltsrecht des Herrn Kurnaz bereits aus formalen Gründen deshalb erloschen war, weil er sich sechs Monate lang nicht gemeldet und auch eine Verlängerung dieser Frist nicht beantragt hatte. Dieses Erlöschen sei ohne weiteres per Gesetz eingetreten, wurde argumentiert. Hiergegen hatte der Rechtsanwalt von Herrn Kurnaz Klage beim Verwaltungsgericht Bremen erhoben - mit Erfolg. Ob die Voraussetzungen für eine Ausweisung vorlagen wurde nach Aktenlage unterschiedlich beantwortet. Die Herrn in der Präsidentenrunde im Kanzleramt waren wohl der Meinung, daß die Anhaltspunkte für die Annahme eine ausreichenden Gefährdung vorlagen, die Bremer Innenverwaltung hat noch 2005 daran Zweifel zu Papier gebracht und deshalb alle möglichen Stellen aufgefordert belastendes Material zusammenzustellen.

Die Vertreter der Bundesregierung haben vor dem Ausschuß geltend gemacht, Herr Kurnaz hätte in die Türkei gebracht und von dort aus einen Antrag auf Visumserteilung und Einreise stellen können. Gegen eine Visumsverweigerung hätte er klagen können.

Dazu ist es bekanntlich nicht gekommen, weil die USA eine Entlassung in die Türkei nicht wollten und Herr Kurnaz schließlich im August 2006 dann doch nach Deutschland gebracht wurde.

Mit freundlichem Gruß
Ströbele