Frage an Hans-Christian Ströbele bezüglich Recht

Portrait von Hans-Christian Ströbele
Hans-Christian Ströbele
Bündnis 90/Die Grünen
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Hans-Christian Ströbele zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Johannes K. •

Frage an Hans-Christian Ströbele von Johannes K. bezüglich Recht

Hallo Herr Ströbele,

Beim G8-Gipfel wurde die A19, welche sich auf Bundesgebiet befindet, durch Bundeswehr-Fahrzeuge und Soldaten der Bundeswehr mit Infrarotkameras überwacht, wie unter anderem durch folgendes Video gut dokumentiert.

http://www.g8-tv.org/index.php?play_id=172

Meine Frage: Ist ein solcher Einsatz durch Art. 35, Abs. 1 GG gedeckt, gibt es eine andere Rechtsgrundlage, auf der Soldaten im Inneren eingesetzt wurden, oder handelt es sich hier um einen Verstoß der Bundesregierung gegen die Verfassung?

Vielen Dank für Ihre Antwort,
Johannes Kulick

Portrait von Hans-Christian Ströbele
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Kulick.

Etwas verspätet beantworte ich Ihre Frage.

Wie Sie sicher inzwischen erfahren haben, versuche ich mit meinen Mitarbeitern die Vorfälle rund um den G-8-Gipfel in Heiligendamm aufzuklären. Dies gilt insbesondere für den Einsatz der Bundeswehr und hier den der neun Panzerspähwagen.

Ich sammele dazu Zeugenaussagen und Fotoaufnahmen. Von mir und anderen Bundestagsabgeordneten wurden dazu parlamentarische Anfragen im Parlament an die Bundesregierung gestellt.

Die Bundesregierung bezieht sich zur Rechtfertigung des Einsatzes der Panzerspähwagen auf Artikel 35 Absatz 1 der Grundgesetzes, der die allgemeine Amtshilfe regelt. Die Bundesregierung schreibt in einer Antwort selbst, daß nach dieser Vorschrift "nur technisch-logistische Hilfeleistungen unterhalb der Schwelle zu einem Einsatz im Sinne des Art. 87 a Absatz 2 GG" in Betracht kommen. Diese Schwelle ist auch nach Darstellung der Bundesregierung überschritten, wenn die Streitkräfe hoheitliche Aufgaben unter Inanspruchnahme von Zwangs- und Eingriffsbefugnissen wahrnehmen und damit ein Eingriff in Grundrechte verbunden ist.

Dies war in den Tagen vom 2 bis 8. Juni 2007 gegeben. Deshalb halte ich den Einsatz der Panzerspähwagen genauso wie die Anflüge der Tornado-Kampfflugzeuge auf die Camps Reddelich und Wichmannsdorf für verfassungswidrig.

Hinzu kommt, daß mir Zeugenaussagen vorliegen, wonach die Panzerspähfahrzeuge auch mit Eloka-Geräten zur Aufkärung von Mobilfunkverkehr ausgestattet gewesen sein sollen. Diese Frage gehe ich in einer neuen Anfrage an die Bundesregierung nach.

Die grüne Bundestagsfraktion läßt derzeit durch ein Gutachten klären, ob die Möglichkeit einer Organklage gegen den Bundeswehreinsatz beim Bundesverfassungsgericht besteht. Aus formellen Gründen soll dies fraglich sein.

Mit freundlichem Gruß
Ströbele